Bundespolitik: Kein Platz für Weihnachtswünsche

Bundespolitik: Kein Platz für Weihnachtswünsche
Die Parteien wissen, dass das Image der Politik im Keller ist. Gegen diese Entwicklung wird kaum etwas unternommen. Der große Profiteur ist Herbert Kickl.

Es ist parlamentarische Tradition, dass die letzte Sitzung des Jahres immer mit Weihnachts- und Neujahrswünschen des Nationalratspräsidenten endet. Meist war bisher damit ein Appell an alle Parteien verbunden, die politische Diskussion, den Umgang miteinander doch zu versachlichen.

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Diesmal ergriff Wolfgang Sobotka (ÖVP) zwar auch das Wort, hielt sich aber vollkommen zurück. Er verwies darauf, dass er „keine Wünsche mit irgendwelchen moralischen Ansprüchen“ sagen werde. Es hätte auch nicht wirklich gepasst, denn wenige Minuten davor war einstimmig beschlossen worden, dass dem Antrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA stattgegeben und der Nationalratspräsident „ausgeliefert“ wird. Was er sich selbst auch gewünscht hatte, um die Vorwürfe, er habe bezüglich einer Steuerfrage im Zusammenhang mit der Erwin-Pröll-Stiftung bei Ex-Generalsekretär Thomas Schmid interveniert, aufzuklären.

Bundespolitik: Kein Platz für Weihnachtswünsche

Vizekanzler Werner Kogler, Kanzler Karl Nehammer 

Streitpunkt U-Ausschuss

Die Art und Weise, wie das Parlament diesmal in die Weihnachtsferien gegangen ist, lässt darauf schließen, wie das Wahljahr 2024 ablaufen wird. Ab sofort ist Intensivwahlkampf, auch wenn der Urnengang erst im September stattfinden wird. Und der wird zur Schlammschlacht werden, auch wenn dieser Tage von allen Seiten beteuert worden ist, dass man dieser Art der Konfrontationen vermeiden will. Den Beweis dafür hat bisher aber noch keine der Parteien geliefert.

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Das zeigt sich an den beiden Untersuchungsausschüssen, die diese Woche vom Parlament beschlossen worden sind. Nimmt man die Reden dazu her, dann klang angesichts der Erfahrung aus den bisherigen U-Ausschüssen die Angst um die Reputation der Politik durch. Vor allem die Grünen und die Neos, die keinen der beiden U-Ausschüsse direkt unterstützt hatten, äußerten diese Besorgnis.

Bundespolitik: Kein Platz für Weihnachtswünsche

Signa-Chef René Benko

Tatsächlich rechnen politische Beobachter sehr wohl damit, dass die Befragungen zu einem Vorwahlkampf ausarten werden, wobei die Wahl der Mittel sicher nicht die feinste sein wird. Das ist schon in den Zielsetzungen verankert. FPÖ und SPÖ wollen sich ansehen, ob es bei der Auszahlung von Corona-Hilfen (Stichwort Cofag) nicht eine „Zweiklassenverwaltung“ in Richtung ÖVP-naher Milliardäre gegeben hat. Die Signa-Pleite gleich miteingeschlossen. Das hilft natürlich bei der Erzählung, die Türkisen wären in der Republik nur für die Reichen da.

Auf der anderen Seite will die ÖVP die Ausgaben der ehemaligen roten und blauen Ministerien durchleuchten. Da ist auf beiden Seiten sehr viel Raum für Schmutzwäsche.

Bundespolitik: Kein Platz für Weihnachtswünsche

FPÖ-Chef Herbert Kickl, Nationalratspräsident Sobotka 

Wäre es den Strategen in den Parteien mit dem Wunsch nach einer sachlicheren Politik ernst gewesen, dann dürfte es in einem Wahljahr gar keine U-Ausschüsse geben. Und es gab auch – bis auf die FPÖ – in allen Parteien warnende Stimmen, die ihre Fraktionen im Parlament ersucht haben sollen, im kommenden Jahr auf dieses Instrument der politischen Untersuchung zu verzichten. Sie konnten sich allerdings nicht durchsetzen.

Unterm Strich wird sich in der Bevölkerung das Bild verfestigen, dass die Politik im Bund ohnehin nur von Streit und Zank bestimmt wird. Gegen diese Stimmungslage kommt auch die türkis-grüne Regierung nicht an, obwohl derzeit sehr viel beschlossen und umgesetzt wird.

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Das haben auch die vergangenen drei Parlamentstage gezeigt. Da wurde die Strompreisbremse verlängert, das Erneuerbare-Wärme-Gesetz für das Ende von Gasheizungen in Neubauten erhielt eine Zwei-Drittel-Mehrheit, das Verbotsgesetz wurde reformiert, die Spendenabsetzbarkeit bei der Unterstützung von Vereinen etc. ausgeweitet oder ein neuer Mietpreisdeckel eingeführt. Um einige der Beschlüsse aufzuzählen.

An den schlechten Werten beim Vertrauensindex wird das nichts ändern.

Nur Kickl profitiert

Das schlechte Bild, das die Politik derzeit vermittelt, kennt nur einen Profiteur: Herbert Kickl und seine FPÖ. Seit Monaten liegen die Blauen in den Umfragen klar an erster Stelle. Bei manchen Auswertungen hat Kickl sogar Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und SPÖ-Chef Andreas Babler abgehängt. Und es gibt keinerlei Anzeichen, dass sich das bis zur Wahl Ende September ändern könnte.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat deswegen in den vergangenen Tagen in mehreren Interviews die „konstruktiven Kräfte“ dazu aufgerufen, eine Art Allianz gegen Herbert Kickl zu bilden. Nimmt man die abgelaufene Parlamentswoche oder auch die Diskussionen in den verschiedenen sozialen Netzwerken her, dann scheint er mit diesem Wunsch ziemlich allein dazustehen.

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