"Aufregungskultur": Kurz verteidigt Ablehnung von Migrationspakt

Die Neos wollten vom Kanzler Antworten zum Rückzieher. Nach Israel und Polen lehnt auch Australien den Pakt ab.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat im Parlament zum Migrationspakt Stellung genommen. Die Neos hatten das verlangt. Kurz und sein Koalitionspartner FPÖ sind aus mehreren Gründen gegen den UNO-Migrationspakt und haben das schon vor Wochen klar gemacht.

Die UNO sieht das freilich anders. Der Migrationspakt ist nach Ansicht der UNO ein Baustein zur Lösung des Megathemas Migration. Das rechtlich nicht bindende Dokument soll helfen, Flucht und Migration besser zu organisieren.

"Aufregungskultur": Kurz verteidigt Ablehnung von Migrationspakt

Im Gleichtakt: Strache und Kurz.

Kurz gegen Selbstverpflichtung

Am Mittwoch beklagte Kurz in seiner Rede zunächst die politische und mediale Aufregung in Österreich. Er sprach von einer " Aufregungskultur". Die Welt würde weder durch eine Enthaltung, eine Ablehnung noch eine Zustimmung untergehen, sagte der Kanzler sinngemäß. Kurz betonte dabei immer wieder, dass Österreich sich enthalte, also auch nicht dezidiert gegen das UNO-Dokument stimme.

Er räumte ein, dass der Pakt nicht rechtlich bindend sei, meinte aber, dass der Migrationspakt sehr wohl eine Selbstverpflichtung darstelle. Es würden Länder nun zustimmen, die viele Punkte in den nächsten Jahren ignorieren werden, wettete Kurz. 

Am meisten stört Kurz, wie er sagt, die "Vermischung von Schutz (durch Asyl, Anm.) und Arbeitsmigration". Andere Länder, etwa in Deutschland die CDU, interpretieren die Bedeutung des UNO-Papiers anders. Kurz beteuerte jedenfalls, Österreichs Nein sei sicher keine Abkehr vom Multilateralismus, also der Kooperation mit verschiedenen Staaten.

Beate Meinl-Reisinger (NEOS-Vorsitzende)

Neos: Populismus

Vizekanzler Heinz-Christian Strache, dessen FPÖ den Ausstieg Österreichs forciert hatte, danke Kurz einmal mehr. Man vertrete so die "Souveränitätsrechte der österreichischen Bevölkerung". Abermals sprach Strache von einem "Menschenrecht" auf Migration, das man ablehne, obwohl von einem solchen nirgends im Pakt die Rede ist.

An die Spitze der Kritk standen am Mittwoch die Neos, die den Pakt zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht hatten und Kurz vorwarfen, Österreichs Ruf am diplomatischen Parkett zu ruinieren. Er tue dies "in einer Weise, die meiner Meinung nach dem Populismus und dem Haschen nach Applaus am Stammtisch Vorschub leistet in unseren Land", sagte Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. Die Begründung sei abenteuerlich und abstrus, sie mache die Lügen rechter Medien salonfähig.

Auch bei SPÖ und der Liste "Jetzt" (vormals Liste Pilz) zeigte man sich von Kurz' und Straches Erklärungen unbeeindruckt. SPÖ-Vizeklubchef Andreas Schieder kritisierte die totale Abkehr von der Vermittlerrolle des Landes. Kurz habe sich den Wünschen der FPÖ gebeugt. "Jetzt"-Klubchef Bruno Rossmann kritisierte, dass Österreich sich hier in einem Boot mit "illustren Figuren" wie US-Präsident Donald Trump und Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban befinde. "Sie betreiben mit Ihrer Angst- und Panikmache eine Politik der Spaltung", warf er der Regierung vor.

Australien folgt Israel und Polen

Die Liste der Länder, die den umstrittenen UNO-Migrationspakt ablehnen, wird unterdessen immer länger. Australiens konservative Regierung erklärte am Mittwoch, der Pakt könnte zur "illegalen" Einwanderung in das Land ermutigen. Dies bedrohe hart erkämpfte Erfolge im Kampf gegen den Menschenschmuggel.

Der Migrationspakt sei nicht im Interesse Australiens und stehe im Widerspruch zur Politik seiner Regierung, erklärte Premierminister Scott Morrison. Morrison ist einer der Architekten der harten Einwanderungs- und Asylpolitik Australiens. Die Regierung fängt Flüchtlinge, die Australien auf Booten erreichen wollen, ab und hält sie in Lagern auf Pazifikinseln fest.

Der UNO-Migrationspakt soll bei einer Konferenz am 10. und 11. Dezember in Marokko angenommen werden. Im Juli hatten sich die Vereinten Nationen nach 18 Monaten auf die Endfassung des Dokuments geeinigt, mit dessen Hilfe illegale Einwanderung verhindert und legale Einwanderung besser gesteuert werden soll.

Inzwischen hat sich aber eine Reihe von Ländern gegen den Migrationspakt gestellt, darunter die USA, Österreich, Polen und Ungarn. Erst am Dienstag haben Israel und Polen ihre Absage kundgetan.

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