Hypo: "Kriminalfall" und "Geschichtsfälschung"

Vizekanzler Michael Spindelegger, FPÖ-Parteichef Heinz Christian Strache und Bundeskanzler Werner Faymann
Kanzler und Vizekanzler haben zur Hypo-Abwicklung Stellung bezogen. Hier die Nachlese.

Die Abwicklung der Hypo wurde am Dienstag im Nationalrat teils heftig diskutiert: SPÖ-Kanzler Werner Faymann und ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger machten in einer selbst anberaumten Sondersitzung mit Erklärungen für das Vorgehen bei der Abwicklung der Problembank den Anfang.

Die Regierung hat sich dafür entschieden, die Hypo Alpe Adria über eine privatwirtschaftlich geführte Abbaugesellschaft abzuwickeln. Für die Regierung hätte eine Insolvenz unabschätzbare Negativfolgen, die Opposition sieht jetzt dagegen den Steuerzahler als großen Verlierer. Vor der Sondersitzung gab es noch im Ministerrat grünes Licht für die Umsetzung des Abbaumodells. Im Anschluss an die Erklärungen folgte eine teils heftige Debatte.

Abstimmung über U-Ausschuss

Mit der Hypo hat der Parlamentstag am Dienstag begonnen, mit der Hypo wurde er auch beendet. Die Oppositionsparteien hatten noch einen gemeinsamen Antrag auf Einsetzung eines Hypo-Untersuchungsausschusses eingebracht. Der Antrag wurde abgelehnt.

Hier eine Nachlese der vormittäglichen Debatte

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Hypo: "Kriminalfall" und "Geschichtsfälschung"

Es folgen mehrere Abstimmungen: Der Entschließungsantrag von SPÖ-Klubchef Andreas Schieder und ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka in dem ein umfangreiches Gesetzespaket plus Bankeninsolvenzrecht, vergleichbare Transparenz der öffentlichen Haushalte und ein einheitliches Spekulationsverbot gefordert wird, wird angenommen.

Alle weiteren Entschließungsanträge von Matthias Strolz/Neos und auch Kathrin Nachbaur/Team Stronach werden abgelehnt.

Damit beenden wir den Live-Blog. Auf Wiedersehen.

Neos-Frontmann Matthias Strolz hat das ultimative Schlusswort bei dieser Debatte. Strolz wiederholt seine Entschließungsanträge und Forderungen samt Staatsreform. Die Debatte ist damit beendet.

Nach dem letzten FPÖ-Redner Gernot Darmann macht Kai Jan Krainer dir Schlussrunde für die SPÖ. Er startet mit einer Auflistung der fehlerhaften Ausführungen seiner FPÖ-Vorredner. Die FPÖ sei schuld an dem Finanz-Debakel und schreiend: „Das ist die Wahrheit.“ Darmann könne Demokratie nicht einmal buchstabieren. Auch den Grünen wirft Krainer zum Schluss Populismus vor.

Es folgt Jakob Auer als letzter Redner der ÖVP.

Zu Wort gemeldet haben sich weiters Christoph Hagen (Team Stronach) und Angelika Mlinar. Mlinar (NEOS) bringt einen Entschließungsantrag ein. „Wir brauchen ein adäquates Insolvenzrecht“ Wir könnten mit dieser Entscheidung auf die EU warten, wir könnte aber auch einen für andere Länder wegweisenden Schritt machen. Im Herbst komme ein Banken-Stresstest. Darauf sollten wir vorbereitet sein.

ÖVP-Politikerin Gabriele Tamandl teilt aus: Sie hätte gerne, dass Moser die schwarze Politik lobt. Zu Strache, der nicht mehr präsent ist: Die FPÖ hätte verantwortungslos gehandelt. Und die jetzige Lösung sei die beste Lösung für die Steuerzahler.

Die Grüne Gabi Moser hat sich mit einer Redezeit von drei Minuten zu Wort gemeldet. Zentraler Punkt sei: „Wo bleibt die Kontrolle, wo bleibt die Aufarbeitung?“ Verantwortung und Verantwortungskultur, sei gefordert. Und auch sie empfiehlt dafür einen U-Ausschuss.

Maximilian Unterrainer (SPÖ) beklagt, dass Heinz-Christian Strache nicht mehr anwesend ist. Wir müssten sparen, auch für unsere Kinder. Doch wo geht das Geld hin? „Zur Hypo.. DANKE FPÖ“, wirft der Abgeordnete ins Plenum. Doch es kommt nichts zurück, wohl auch weil Strache nicht mehr am Platz ist.

Als Reaktion auf die vielen kritischen Äußerungen gegen die Freiheitlichen in dieser Sitzung stellt der blaue Politiker Elmar Podgorschek klar: „Ich bin nie im blauen Porsche von Jörg Haider gesessen.“

Die Ereignisse der letzten Tage seien ein Kniefall vor den Spekulanten. Die Regierungspartei verhindere einen U-Ausschuss. Es gibt ein kurzes Intermezzo mit Ex-Finanzministerin Maria Fekter, die sich angegriffen fühlt und „Altlasten von 12 Milliarden!“ Richtung Rednerpult schreit.

Rainer Hable von den Neos ist dran – weniger charismatisch wie Parteichef Strolz. Wobei es bei seiner Betonung frappante Ähnlichkeiten mit Strolz gibt. Er zählt die Fehler der Vergangenheit auf. Die Bad Bank hätte man vor Jahren machen müssen – jetzt sei eine Bad Bank nicht mehr möglich.

Faymann hat inzwischen wieder Platz genommen – ist ja noch ein langer Tag.

Georg Vetter vom Team Stronach stellt fest, dass die Hypo-Lösung nichts mit Privatwirtschaft zu tun habe. Einige Abgeordnete sind scheinbar schon essen gegangen. Die Regierungsmitglieder seien die Totengräber der Marktwirtschaft.

Andreas Zakostelsky von der ÖVP steht am Rednerpult und hält ein Referat über das Bankenwesen. Er kündigt an – gemeinsam mit SPÖ-Mann Krainer - demnächst die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge erklären zu wollen. „Sich informieren anstatt zu polemisieren.“ Auch Zakostelsky bedankt sich bei Finanzminister Spindelegger, aber auch bei der Taskforce. Kanzler Faymann sitzt nicht mehr auf der Regierungsbank.

Werner Kogler beginnt seine Wortmeldung: „Zunächst sollen wir das Motto nicht vergessen: Retten, was es zu retten gibt“. Aber wesentlich sei auch: „Aufklären, was es zum Aufklären gibt“. Gleich mal fordert auch er einen U-Ausschuss. Sie haben sich ihre Mehrheit hier im Haus erschlichen. Sie haben heute keinen Auftrag mehr, wenn sie 2013/14 die Karten auf den Tisch gelegt hätten. „Geben Sie den Weg frei für die Untersuchungen“. Wie war die Situation damals? Das Wyman-Protokoll wurde nicht herzeigt. Aber wenigstens habe sich die Informationspolitik des Finanzministers bis heute etwas gebessert. Deutlicher Schlusssatz: „Um einen U-Ausschuss kommen Sie nicht herum, das können Sie sich in die Haare schmieren“.

Kurzer Einschub zur Tagesordnung: Nach der Dringlichen Anfrage an Ministerin Heinisch-Hosek (frühestens ab 13 Uhr) folgt eine kurze Debatte „über die Beantwortung 359/AB der Anfrage 374/J“. Die Anfrage der Neos zum Thema "Hypo Group Alpe-Adria (HGAA) und das Projekt Galileo" ist an Spindelegger gerichtet.

Ganz am Schluss ist noch der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Hypo Group Alpe-Adria dran, eingebracht von den vier Oppositionsparteien. Abstimmung gibt es dann auch noch.

Philip Kucher von der SPÖ ist an der Reihe. Kritik an der Regierungsentscheidung ist wohl nicht zu erwarten. Die Ränge der Abgeordneten sind bereits merklich lichter. Es wird gelesen, es wird geschrieben, einige FPÖ-Abgeordnete versuchen Zwischenrufe. Kucher dreht sich um und dankt Faymann und Spindelegger „als Kärntner“ für ihre Arbeit.

Hubert Fuchs von den Freiheitlichen hat sich zu Wort gemeldet. Die Investoren freuen sich, dass ihre Anleihen gestiegen sind. „Danke an die SPÖ“, ätzt Fuchs. Ein Skandal sei auch, wie die Hypo die Republik verschaukelt hat. Wieder und wieder wurde Kapitalbedarf angemeldet. Dass die Beteiligten einen U-Ausschuss verhindern, zeugt von einem schlechten Gewissen.

Neos-Chef Matthias Strolz spricht gewohnt motiviert und mit leidenschaftlichen Betonung: „Ich glaube an ihren guten Willen, Herr Bundeskanzler.“ Aber: „Gut gewollt, aber nicht gut gemacht. Ich glaube, sie haben falsch entschieden.“ Von den ÖVP-Rängen kommt die freche Frage: „Glauben?“

„Falsch, zu spät, zu teuer.“

Kärnten solle man nicht fallen gelassen, aber man müsse Verantwortung übernehmen, wenn man „Mist“ baue. Er spricht von den Vorschlägen der verschiedenen Gutachter jenseits der Taskforce. Die Regierung hätte nur auf die Taskforce gehört, „alternativlos“. Die Taskforce sei aber „befangen und mutlos“ gewesen. Strolz spricht außerdem von fehlender Wirtschaftskompetenz im Ministerium und von verbreiteten Unwahrheiten durch die Regierung.

Trotz leidenschaftlicher Performance verliert er die Aufmerksamkeit der Abgeordneten: „Wo samma do?“ Es wird wieder ruhiger. „Wir brauchen natürlich einen Untersuchungsausschuss.“

Kathrin Nachbaur vom TS ist nun am Wort: Banken seien reguliert und werden beaufsichtigt. Es gäbe kein strengeres Geschäft als Banken – besonders in Österreich. Umgekehrt gebe es kaum ein Land, in dem mehr Staatsgeld in die Banken geflossen ist, als bei uns. „Es darf keine systemrelevanten Banken mehr geben“, fordert Nachbaur. Der Bund hätte verbergen müssen, dass das Land Kärnten Haftungen übernommen hat.

Die Bank hätte an den besten privaten Bieter verkauft werden sollen. So blieb nur mehr die Wahl zwischen Pest und Cholera. Nachbaur ist aber erfreut, dass Faymann und Spindelegger endlich mit Bayern und Kärnten reden wollen.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka beginnt mit einer Lobeshymne auf Finanzminister und Parteichef Spindelegger: „Nicht einmal 100 Tage im Amt hat er entschieden – nicht hastig aber wohlüberlegt.“ Dann startet er einen Rundumschlag gegen Spindeleggers Kritiker am Rednerpult. Er zitiert den Bericht von Glawischnigs Kärntner Parteikollegen Rolf Holub – „Sein Bericht ist hochinteressant – eine drohende Insolvenz Kärntens ist damit (Anmerkung: derzeit geplante Hypo-Abwicklung) abgewendet.“ Glawischnig sage das Gegenteil. „Aber die Widersprüchlichkeit finde man auch in der FPÖ.“ Auch Lopatka geht damit auf die früheren Kärntner Landesregierungen ein.

„Die Verantwortung liegt in Kärnten. Ein Kärntner Kriminalfall.“

Die Ursache der Probleme waren die Landeshaftungen, so Lopatka.

Auch Glawischnig wird gleich mal historisch: „Die Hypo-Entscheidung war eine dramatische historische Fehlentscheidung“. Ein U-Ausschuss wäre die einzige Möglichkeit, reinen Tisch zu machen – keine Taskforce. Die Anleihen, Geisterjachten, die „Investitionen“ im Osten: "Mit dem Geld was da reingesteckt wird, könnten sie bis ins Jahr 2400 in Kärnten Wohnbauhilfe zahlen".

Von SCHLUSSSTRICH könne keine Rede sein. Es sei polemisch, es nicht versucht zu haben, von den Gläubigern und Großinvestoren noch ein paar Milliarden herausgeholt zu haben - und sich da als Retter darzustellen.

Andreas Schieder (SPÖ) ist am Wort, es wird laut im Saal, Prammer ermahnt die Abgeordneten der FPÖ zur Ruhe. "Warum ist das die beste Lösung? Eine kontrollierte Pleite gibt es ja nicht, wie sie sich das vorstellen". Da käme alles ins Rutschen. Ziel sei es, alle Möglichkeiten auszuschöpfen und zusätzlich über die anderen Gläubiger Geld hereinzubekommen., so Schieder. Manche Parteien stellen sich heraus und sagen „alle anderen sind schuld und wir haben die Lösung“. Schieder hält das für nicht fair. In Richtung FPÖ: "Kommen Sie noch mal heraus und entschuldigen sich für das, was sie verursacht haben"

Heinz-Christian Strache beginnt seine Rede historisch. Eine „Lehrstunde für Geschichtsfälschung“ seien die Ausführungen seiner Vorgänger Faymann und Spindelegger gewesen. "Es gab ja eine Mehrheit in Kärnten gegen Ausfallshaftungen. Sie haben mitgestimmt. Jetzt stellen sie sich dahin und sagen, der Haider wärs gewesen".

Straches Stimme überschlägt sich. Die Menschen hätten ein Gespür dafür, dass da was nicht stimmt. Was ist der Deal mit den Bayern? "Was für einen Teufel hat die Regierung geritten, dass sie die Bayern LB 2009 zurückkaufen?" Strache zu Spindeleggers "Schlussstrich": "War das für ihn ein persönlicher Schlussstrich?". Jedenfalls für den Steuerzahler sei das längst kein Schlussstrich. "Sie verhindern jeden U-Ausschuss, weil sie Angst haben, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Eine feige Lösung, es war aber auch keine andere Lösung zu erwarten von ihnen".

Spindelegger startet pointiert: „Der Schlussstrich ist gezogen.“

Der Finanzminister referiert mit monotoner Stimme über die aufreibende Arbeit der vergangenen 12 Wochen. Auch er habe eine Insolvenz in Erwägung gezogen. Er war gegen jedes „Tabu.“ „Aber das Risiko war zu groß.“ Spindelegger zählt mehrere blumige Vergleiche: „Eine Operation am offenen Herzen – ohne die notwendigen Instrumente.“ Deshalb wäre es nicht verantwortbar gewesen. Applaus von den schwarzen Rängen.

Bad Bank in Form einer Kapitalgesellschaft sei die beste Lösung. Der Steuerzahler sei nicht alleine beim Zahlen. „Es gibt keinen Blankoscheck für die Organe der Bank.“

Auch Bayern würde mitzahlen – „bei aller Sympathie für unsere Nachbarn“. Und auch Kärnten würden mitzahlen müssen – mit einer Zielgröße von 500 Millionen Euro. „Abputzen geht nicht“ heißt es in Richtung der blauen Ränge.

Spindelegger spricht von „Horrorzahlen“, die in den vergangenen Wochen gesprochen wurde. „Von 19 Milliarden sind wir – Gott sei Dank - weit entfernt.“ Die Taskforce gehe von vier Milliarden aus, aber die genaue Zahl könne erst später eruiert werden.

Er endet mit einer Wiederholung zur Hypo-Abwicklung: "Das ist die bestmögliche Lösung für Österreich."

Faymann beginnt mit der obligatorischen Schuldigen-Suche in der Vergangenheit: Die Haftung von damals 20 Milliarden Euro in Kärnt en ist der Grund für die Probleme. Erboste Zwischenrufe von FPÖ-Abgeordneten Kickl. „Eine Insolvenz Kärntens wäre nicht verantwortbar.“ Applaus von den SPÖ-Rängen. Eine Insolvenz hätte laut Faymann direkte Auswirkungen auf das Budget. Sozialleistungen, Gesundheitsvorsorge, Investitionen würden in Frage gestellt.

„Es haben nicht die Kärntner verursacht, sondern die FPÖ.“ Applaus, diesmal nicht nur von der SPÖ, FPÖ hält sich naturgemäß zurück. In der zweiten Republik sei noch nie ein Bundesland in die Insolvenz geschickt worden und das solle so bleiben, sagt Faymann.

Faymann geht auf die verschiedenen Gutachten ein und auf die Arbeit der Taskforce. Auf den FPÖ-Rängen rumort es, Schilder werden in die Höhe gehalten. Faymann weist erneut auf die Schuld der FPÖ an dem Finanzdebakel hin. Erneut erboste Rufe von den blauen Sitzreihen.

Wie kann es anders sein – die Vorzüge der Bankenabgabe sind auch Inhalt von Faymanns Erklärung. Faymann bittet um konstruktive Zusammenarbeit, bedankt sich für die Vorschläge der vergangenen Wochen. Aber die Lösung liegt nun am Tisch, sagt Faymann. Man dürfe in Österreich „kein Bundesland im Stich lassen.“ Applaus von der SPÖ. Jetzt ist Spindelegger dran.

Jeder hat 15 Minuten. Bundeskanzler Faymann startet mit seiner Erklärung zur Hypo-Abwicklung.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eröffnet die 16. Sitzung. Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger haben auf der Regierungsbank Platz genommen.

Prammer liest eine Dringliche Anfrage der Grünen an Ministerin Heinisch-Hosek zur Schulpolitik vor. Laut Prammer ist spätestens um 13 Uhr dafür Zeit.

Das Programm von Bundeskanzler Faymann zwischen Ministerrat und Sondersitzung...

Guten Morgen aus dem Nationalrat! Die Sondersitzung zur Hypo-Abwicklung startet in wenigen Minuten, was nicht heißt, dass schon viele Abgeordnete eingetroffen sind - es sind gezählte zwei. Der Ansturm wird sicher noch folgen.

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