Nationalrat: Debatte um Arbeitsmarkt und BVT
Der Nationalrat bringt heute den Gemeinden ein weiteres Coronavirus-Hilfspaket mit einem Gesamtumfang von 1,5 Milliarden Euro. Allerdings ist ein großer Teil davon später zurückzubezahlen, weshalb SPÖ und FPÖ zuletzt eine Ablehnung signalisierten. Ebenfalls in der Sitzung beschlossen wird das Bundesministeriengesetz, über das die Familien- und Jugendagenden aus dem Arbeitsressort ins Bundeskanzleramt wandern, wo sie von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) betreut werden.
Gestartet wurde die Sitzung mit einer "Aktuellen Stunde", für die von der ÖVP die Situation auf dem Arbeitsmarkt als Thema gewählt wurde. In der "Aktuellen Europastunde" stand die Stellung des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) innerhalb der europäischen Nachrichtendienste im Mittelpunkt. Für den Nachmittag ist ein "Dringlicher Antrag" von Neos für eine Verlängerung der Steuerstundungen avisiert.
Aktuelle Stunden zum Jobmarkt und der BVT-Reform
In der Debatte zum Arbeitsmarkt kam scharfe Kritik von FPÖ und Neos an den Maßnahmen der Regierung. "Geben Sie den Menschen ihr Leben zurück", rief der freiheitliche Mandatar Axel Kassegger entsprechend der Linie seiner Partei, wonach der gegenwärtige Lockdown überflüssig sei. Auch Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker rieb sich am verordneten "Dauer-Lockdown". Er nahm auch die gestrige Aussage des neuen Arbeitsministers Martin Kocher aufs Korn, der den deutschen Wirtschaftsforscher Clemens Fuest zitiert hatte, wonach ein Lockdown eine "Investition in die Zukunft" sei. Das könne nur für kurzfristiges Zusperren mit entsprechenden Perspektiven gelten.
"Wie geht es Ihnen in Ihrer neuen Verantwortung?" - mit dieser Frage wandte sich SP-Abgeordneter Josef Muchitsch an Arbeitsminister Kocher. Ihm, Muchitsch, gehe es nicht so gut. In Deutschland sei die Arbeitslosigkeit halb so hoch, in Slowenien die Impfrate doppelt so hoch. Er wünsche sich faire Zusammenarbeit mit Kocher. Zum Homeoffice gebe es etwa ein fertiges Papier der Sozialpartner, welches die Regierung nur noch "durchwinken" müsse.
"Ihren Ankündigungen glaube ich kein Wort mehr", schleuderte FP-Mandatarin Dagmar Belakowitsch Kocher entgegen. Eindringlich warnte sie vor einem "Wirtschaftsdesaster, eine Gesellschaftskrise, aus der es dann kein Entkommen mehr gibt".
BVT "rasch reformieren"
Für ein gesamtstaatliches Terror-Abwehrzentrum sprach sich Reinhold Einwallner (SPÖ) zum Auftakt der "Aktuellen Europastunde" aus. Er monierte, dass Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) zwar von einer Reform des BVT spreche, aber nichts geschehe. Die ÖVP stelle seit 20 Jahren den Innenminister und sei daher für die einschlägigen Versäumnisse im Bereich der inneren Sicherheit hauptverantwortlich.
In seiner Replik bekräftigte Nehammer den Reformbedarf beim BVT. Es habe tatsächlich einen schweren Vertrauensverlust gegeben - aber mittlerweile sei das Vertrauen wieder deutlich gewachsen. Als Zeugen dafür nannte er den deutschen Innenminister Horst Seehofer oder den israelischen und US-amerikanischen Geheimdienst.
Man sei in der entscheidenden Phase der Neuaufstellung - gemeinsam mit dem Koalitionspartner. Der Verfassungsschutz dürfe kein "Spielball parteipolitischer Taktik" sein, warb Nehammer um Zustimmung der Oppositionsparteien zur BVT-Reform. Die Bedrohungen durch den "dschihadistischen Terrorismus" und den Rechtsextremismus seien evident.
Mehrere VP-Mandatare benannten Ex-Innenminister Herbert Kickl als Verantwortlichen für die Reputationskrise, in der sich das BVT befinde - während Oppositionsabgeordnete mehrfach auf die - nur durch Kickl unterbrochene - zwei Jahrzehnte VP-Dominanz im Innenministerium verwiesen.
Islamisten vs. Corona-Leugner
Zur Illustration der Bedrohungslage in Österreich verwies der grüne Abgeordnete Georg Bürstmayr auf die Demonstration der Corona-Leugner von vergangenem Samstag. Er warnte davor, die dahinter stehenden Bewegungen nicht ernst zu nehmen. Wohin das führen könne, habe man am 6. Jänner beim Sturm auf das US-Kapitol gesehen. Während man bei Islamisten oft frage, wo diese ihr "eines Gewehr" her hätten, gebe es bei Rechtsextremen Waffenarsenale, "mit denen man kleine Armeen ausrüsten könne", so Bürstmayr.
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