Nach Kritik an Reform: Unterhaltsgarantie und Korrektur bei Obsorge-Regeln

Nach Kritik an Reform: Unterhaltsgarantie und Korrektur bei Obsorge-Regeln
Justizministerin Zadić lud deutschsprachige Kollegen zum Austausch ein, ein Thema war dabei die Reform des Kindschaftsrechts.

Einmal im Jahr treffen sich die Justizminister der vorwiegend deutschsprachigen Länder zum Austausch über aktuelle Herausforderungen. Diesmal war Österreichs Ministerin Alma Zadić die Gastgeberin. Bei dem Treffen in Langenlois, Niederösterreich, wurden eine gemeinsame Erklärung zur Verstärkung des gemeinsamen Kampfes gegen Cybercrime unterzeichnet und Themen wie der Ukraine-Krieg und das Familien- und Kindschaftsrecht besprochen.

Zu Letzterem steht in Österreich gerade eine Reform an, für die Zadić im Vorjahr viel Kritik einstecken musste. Kritik, die offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen ist, wie der KURIER erfuhr: Das Konzept der gemeinsamen Obsorge wurde deutlich abgeändert.

Lebensgemeinschaft

Vorgesehen war ursprünglich, dass auch unverheiratete Mütter und Väter automatisch ab Geburt die gemeinsame Obsorge für das Kind haben. Frauenschutzorganisationen bezeichneten das als „enormen Einschnitt“: Müttern würde ihre Selbstbestimmung genommen. Das Gesetz sei auf ein traditionelles Familienbild abgestellt und vergesse dabei, dass eine nicht unbeträchtliche Zahl an Kindern aus One-Night-Stands oder Kurzzeit-Beziehungen stammt – und die Väter kaum oder gar keinen Bezug zum Kind haben, lautete die Kritik, als Ende 2021 erste Details zur Reform publik wurden.

Dem Vernehmen nach knüpft die neue Version der Obsorge-Regelung an der „Lebensgemeinschaft“ an: Der Vater soll dann automatisch dieselben Rechte wie die Mutter haben, wenn sie in einem gemeinsamen Haushalt leben. Damit sollen Eltern erfasst werden, die eine Beziehung haben, ohne verheiratet zu sein, und das „Gspusi“ eben nicht. In Deutschland denkt man über eine ähnliche Regelung nach.

50.000 Alleinerziehende

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihren Amtskollegen aus Deutschland, Luxemburg, Liechtenstein und der Schweiz ließ Justizministerin Zadić am Montag mit einem anderen Aspekt ihres Reformpakets aufhorchen: Die Unterhaltsgarantie wurde noch hineingepackt. Auch diese hatten Frauenrechtlerinnen im ursprünglichen Entwurf vermisst.

Zadić: „Gerade jetzt, wegen der anhaltenden Teuerung, halte ich es für dringend an der Zeit, dass wir endlich die Unterhaltsgarantie umsetzen.“ Laut etwas älteren Erhebungen gibt es in Österreich 50.000 Alleinerziehende, die vom Kindsvater keinen oder zu wenig Unterhalt bekommen, weil dieser entweder nicht auffindbar oder nicht zahlungsfähig ist. Mit der Unterhaltsgarantie würde der Staat für diese Fälle aufkommen. Pro Jahr würde das rund 120 Millionen Euro ausmachen.

Im Regierungsprogramm ist die Unterhaltsgarantie nicht enthalten, darin ist nur von einer „Schließung der Lücken“ im Familienrecht die Rede. Es habe aber schon Gespräche mit dem Koalitionspartner gegeben, das Gesamtpaket zum Kindschaftsrecht sei jetzt auch in politischer Abstimmung, sagt Zadić.

Wie zuversichtlich sie ist, dass die ÖVP bei ihrem Vorstoß mitgeht? Die grüne Ministerin erinnert an den Wahlkampf 2017, als sich die Spitzenkandidaten aller Parteien in einer TV-Diskussionsrunde für die Unterhaltsgarantie ausgesprochen haben.

Das nächste Justizminister-Treffen wird 2024 in Luxemburg stattfinden.

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