Nach Brexit & Trump: Das Steuerdumping geht wieder los

Steuerwettbewerb zwischen EU-Staaten geht wieder los. Protest geht weiter.
Konzerne profitieren, EU ist hilflos. Auch Finanztransaktionssteuer vor endgültigem Aus.

Die Finanzkrise brachte eine kurze Pause im selbst-schädigenden Wettbewerb der Staaten um niedrigere Unternehmenssteuern. Die Staatskassen waren leer, Steuerdumping auf Kosten der Gemeinschaft war verpönt – erst recht waren das die Sonderdeals von US-Konzernen in Irland oder Luxemburg. Welche Lehre wurde daraus gezogen? Mehr oder weniger keine. 2017 geht es mit dem Steuerdumping wieder los.

Im Gefolge des Brexit-Referendums hat die britische Regierungschefin Theresa May angekündigt, die negativen ökonomischen Effekte eines Austritts aus der EU abfedern zu wollen. Folglich soll der Körperschaftssteuersatz (KöSt) von derzeit 20 Prozent kräftig sinken, um Investoren anzulocken.

Ähnliches hört man vom frisch gewählten US-Präsidenten Donald Trump, aber auch in der EU. So hat Luxemburg bereits beschlossen, die KöSt heuer von 29 auf 19 Prozent zu senken. Ungarn, das schon längst auf 19 Prozent gesenkt hat, will bald nur noch neun Prozent verlangen.

Nach Brexit & Trump: Das Steuerdumping geht wieder los

Psychologisch besser?

Auch in Österreich soll die Körperschaftssteuer von derzeit 25 Prozent in Richtung 20 Prozent sinken. Als im Dezember diesbezügliche Überlegungen aus dem Finanzministerium bekannt wurden, hat das Finanzminister Hans Jörg Schelling noch dementiert. Mittlerweile denkt auch ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner laut über eine KöSt-Senkung nach. Und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl meint sogar, auf 19 Prozent solle die KöSt sinken, das sei "psychologisch besser" als 20 Prozent.

Das Problem dabei: Je mehr die Besteuerung für Konzerne sinkt, desto schwerer wird à la longue die Steuerlast auf Arbeit und Konsum, was Wirtschaftswachstum und Beschäftigung hemmt.

WIFO-Expertin Margit Schratzenstaller verfolgt die Entwicklung im Detail und kennt die bis dato hilflosen Versuche, die Unternehmensbesteuerung in der EU zu harmonisieren, um Steuerdumping zu vermeiden.

Zwei Ansätze gibt es: Die Bemessungsgrundlage in Europa zu vereinheitlichen und/oder zumindest einen Mindeststeuersatz einzuführen. "Das eine geht aber ohne das andere nicht", sagt Schratzenstaller. Doch keines von beidem ist aufgrund unterschiedlichster Interessenlagen umzusetzen.

So stößt man etwa beim Thema "Mindeststeuersatz" schnell an die Diskussionsgrenze. Schelling berichtete nach der jüngsten Sitzung der EU-Finanzminister, dass sein Vorstoß für einen Köst-Mindeststeuersatz von keinem einzigen anderen EU-Land mitgetragen wurde.

Wie hoch soll der KöSt-Mindestsatz auch sein? 15 Prozent? Dann würde Irland mit seinen 12,5 Prozent darunter liegen. 20 Prozent? Dann müssten auch etliche osteuropäische Länder ihre Steuersätze anheben; was dort strikt abgelehnt wird.

In der Sackgasse

Nicht weniger verfahren ist die Situation bei der seit Jahren verhandelten Finanztransaktionssteuer. Um der totgesagten Steuer auf den Handel mit Aktien u. ä. doch noch Leben einzuhauchen und sie 2018 wenigstens als Pilotprojekt zu starten, hat sich eine Gruppe von elf willigen Euro-Staaten gefunden. In ihr wird seit geraumer Zeit über die Steuereinführung debattiert. So lange schon, dass Estland wieder abgesprungen ist – und nur noch zehn Länder (inklusive Österreich) diese "vertiefte Zusammenarbeit" wollen.

Nach EU-Recht sind dafür mindestens neun Staaten nötig. Noch im Jänner ist die nächste Sitzung, und Belgien, Slowenien und die Slowakei gelten als Wackelkandidaten. Nur noch ein Land darf also abspringen, sonst ist die Finanztransaktionssteuer, für die sich Österreich sehr stark gemacht hat, endgültig passé.

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