Mitterlehner droht SPÖ mit Ende der Koalition

Porträt eines Mannes mit grauem Haar und Anzug.
Der Vizekanzler will auf Dauer nicht "weiterwurschteln", wie er zu den OÖN sagt.

Seit der Oberösterreich-Wahl am Sonntag ist die Not bei der Regierungsparteien besonders groß. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner kündigte als Reaktion bereits eine Verschärfung der Asylpolitik an. Jetzt droht der ÖVP-Chef der SPÖ ganz offen mit dem Ende der Koalition.

"In den nächsten Monaten", so Mitterlehner in den Oberösterreichischen Nachrichten müsse es ein Regierungsprogramm zur Profilschärfung geben, das vom Bürokratieabbau bis zur Asylgesetzgebung reichen soll. "Wenn wir nicht in nächster Zeit deutlich beweisen, dass wir regieren wollen und können, dann macht es keinen Sinn auf Dauer weiterzuwurschteln. Dafür stehe ich nicht zur Verfügung."

"Weniger Staat"

Konkret nennt Mitterlehner gegenüber den OÖN drei Dinge, die er umsetzen will: "Erstens: In Österreich muss vor dem Verteilen wieder die Leistung kommen. Wer etwas kann, dem soll auch etwas davon bleiben." Zweitens sei "weniger Staat" in allen Lebensbereichen "ein Auftrag". Drittens geht es um die Flüchtlinge: Hier solle "der Schutz bekommen, der ihn braucht. Aber die Souveränität des Staates, zu entscheiden, wer zuwandert, muss bleiben." Auch wenn Mitterlehner eingesteht, dass er Kanzler Werner Faymann die Rute ins Fenster stellt ("Ja, auch wenn mir dir Rute als Begriff nicht gefällt") rechnet er nicht mit einem tatsächlichen Ende der Koalition – sondern damit, "dass auch der Koalitionspartner zu diesem Schluss kommt".

Dieser reagiert, indem er Mitterlehner an anstehende Vorhaben erinnert. "Vizekanzler Mitterlehner ist zuzustimmen, dass die Bundesregierung in nächster Zeit eine Reihe von Maßnahmen umzusetzen hat", so Regierungskoordinator Josef Ostermayer in einer Aussendung. "Beschäftigungsprogramm, Wohnbauoffensive, Bildungsreform und Budget sind nur eine Reihe von Maßnahmen, die wir gemeinsam umzusetzen haben. Dazu muss die Bundesregierung inhaltlich gemeinsam vorgehen, um diese Aufgaben im vereinbarten Zeitplan gemeinsam zu verwirklichen", so der Kulturminister.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere hat am Mittwoch seine Pläne für ein Asylverfahren direkt an den Landesgrenzen angekündigt. Sein Ministerium bereite ein Gesetz für diese Verfahren vor, wie sie schon an den Flughäfen umgesetzt würden, sagte der Christdemokrat am Mittwoch dem Sender RBB-Inforadio. Mit dem Verfahren in sogenannten "Transitzonen" soll die Zahl der Ankommenden verringert werden, indem Asylsuchende ohne Aussicht auf einen Verbleib bereits dort abgewiesen werden. Österreichs Vizekanzler Reinhold Mitterlehner will ein ähnliches Verfahren einführen, wenn Deutschland diesen Schritt setze, sagte er in der ORF-Sendung Report. De Maiziere betonte, ein solches Verfahren sei durch EU-Recht gedeckt.

Scharfe Kritik

Die mitregierende SPD sieht deutlichen Klärungsbedarf. Es gebe verschiedene Fragen, die noch geklärt werden müssten, sagte Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht am Mittwoch in Berlin. Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte die Pläne von De Maiziere. "Damit soll kurzer Prozess an den Landesgrenzen mit den Flüchtlingen gemacht werden", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. "Das läuft auf menschenrechtsfreie Zonen an den Landesgrenzen hinaus."

110-jähriger Flüchtling

Der neue Leiter des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, beklagt eine unübersichtliche Flüchtlingssituation in Deutschland. Bislang gebe es keinen guten Überblick, wie viele Menschen ins Land kämen, wo sie sich aufhielten, wie sie verteilt und ihre Anliegen bearbeitet würden, sagte Weise am Mittwoch in Nürnberg. Hier müsse mehr Transparenz her. Auch Rückstände müssten dringend aufgearbeitet werden. Schätzungen nach seien 290 000 Flüchtlinge in Deutschland noch nicht registriert. Das Bundesamt ist mit der wachsenden Zahl von Asylbewerbern in Deutschland seit langem überfordert. Dort haben sich inzwischen mehr als 275 000 unerledigte Asylanträge angestaut.

Und der Strom reißt nicht ab - am Mittwoch kam sogar ein 110-jähriger Flüchtling aus Afghanistan mit seiner Familie in Passau an. Die deutsche Bundespolizei bestätigte einen entsprechenden Bericht des BR. Demnach war der Hochbetagte mit acht Angehörigen einen Monat lang auf der Flucht. Seine 60-jährige Tochter gab der Polizei gegenüber an, die männlichen Familienmitglieder hätten den blinden und tauben Greis auf zahlreichen Fußmärschen bis nach Deutschland getragen.

Mehr Geld

Und Deutschland stockt seine internationalen Hilfen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise nochmals auf. Außenminister Frank-Walter Steinmeier kündigte am Rande der UN-Vollversammlung in New York zusätzliche Hilfen von 100 Millionen Euro an. Das Geld soll dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und anderen UN-Organisationen zur Verfügung gestellt werden, die sich um Flüchtlinge kümmern.

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