Maurer: "ÖVP hat gestörtes Verhältnis zur unabhängigen Justiz"

Die Grünen stimmen dem Misstrauensantrag nicht zu. Doch Klubchefin Maurer übt harte Kritik an ÖVP.

Grüner Angriff, aber kein Misstrauen

Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sind heute Thema im Parlament. Brisant: Die FPÖ wird am Nachmittag einen Misstrauensantrag einbringen. Rote und pinke Stimmen sind ihr sicher, doch offen war noch bis Dienstagvormittag, wie sich der Koalitionspartner, die Grünen, verhalten.

Dann gab Klubchefin Sigrid Maurer eine Pressekonferenz. Sie stellte fest: "Wir Grüne werden Gernot Blümel heute nicht das Misstrauen aussprechen." Das sei aber nicht in Stein gemeißelt: "Sollte Anklage erhoben werden, muss er sofort gehen." Es gebe bei der Abstimmung "keinen Klubzwang", sagte Maurer.

Dass die Grünen Blümel einstimmig die Stange halten, das ist offen. "Ich tu mir heute echt schwer, gegen das Misstrauensvotum von Gernot Blümel zu stimmen. Ich bin im Untersuchungsausschuss - ich kenn die Akten - ich bin mir sicher dass die ÖVP tiefer drinnen steckt, als noch viele glauben zu wissen", twitterte der Abgeordnete David Stögmüller.

"Diese Attacken sind absolut durchsichtig"

"In den letzten Tagen mussten wir leider den Eindruck gewinnen, dass die ÖVP ein gestörtes Verhältnis zur unabhängigen Justiz hat", sagte Maurer. Die "nervösen Attacken" der ÖVP auf die WKStA würden zeigen, dass die ÖVP ein sehr "selektives Verständnis" von juristischer Arbeit habe.

Die Hausdurchsuchung bei Blümel sei "absolut gerechtfertigt und notwendig" gewesen, sagte Maurer. Es gehe nicht nur um einen "Kalendereintrag", wie es die ÖVP darstelle. Das sei eine "Nebelgranate": "Diese Attacken sind absolut durchsichtig." Es gehe Kanzler Sebastian Kurz und Klubchef August Wöginger nur darum, die Arbeit der WKStA zu diskreditieren. Maurer: "Als wir in diese Regierung eingetreten sind, haben wir sehr bewusst das Justizressort übernommen."

ÖVP reagiert gelassen

Seit über 20 Jahren wollten die Grünen einen Bundesstaatsanwalt als höchste unabhängige Weisungsspitze. Nun möchte das auch die ÖVP. "Die ÖVP bildet sich ein, so eine oberste Staatsanwaltschaft sei dafür da, die ÖVP zu schützen. Das ist falsch." Sie sei dafür da, die unabhängige Justiz zu schützen. Die oberste Staatsanwaltschaft gehöre "absolut entpolitisiert" eingerichtet. Das sei der wichtigste Punkt, so Maurer. 

Die ÖVP regiere schon sehr lange in Österreich und habe offenbar das Gefühl, dass "die Institutionen zu ihren Diensten sind", meinte Maurer.

Die ÖVP reagierte gelassen auf Maurers Rundumschlag. Klubchef August Wöginger meinte in einer schriftlichen Stellungnahme: "Wir bekämpfen gerade gemeinsam eine Pandemie und arbeiten parallel das gemeinsame Regierungsprogramm Schritt für Schritt ab." Neben guten Krisenmaßnahmen wie den Wirtschaftshilfen oder der Verlängerung der Kurzarbeit arbeite man auch an anderen Projekten, wie zum Beispiel am Transparenz- und Informationsfreiheitspaket. Darüber hinaus sei nun eine schnelle Reform der Justiz mit der Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts an der Spitze notwendig.

Grüne fordern Gegenleistung

Hätten die Grünen dem Misstrauensantrag zugestimmt, hätte das wohl das Aus der Koalition bedeutet. Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler ließ Montagabend überraschend verlautbaren, dass er nicht wisse, wie sein Klub heute stimmen werde. Als Interims-Justizminister sei er in der Blümel-Causa befangen.

Grüne Stimmen für Blümel wird es nicht ohne türkise Gegenleistung geben. Konkret fordert der kleine Koalitionspartner die rasche Umsetzung eines Transparenzpakets - inklusive Informationsfreiheitsgesetz oder dem Parteienfinanzierungsgesetz (die Grünen wollen die Wahlkampfkostengrenze senken und mehr Kontrollrechte für den Rechnungshof). 

Die erst 2019 eingeführte Berichtspflicht der WKStA an die Oberstaatsanwaltschaft soll eingedampft werden, um die Möglichkeit politischer Einflussnahme zu reduzieren.

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