Ministerrat mit neuem Vizekanzler beginnt mit veritablem Streit

Kanzler Kern und Übergangs-Vize Brandstetter
SPÖ ziert sich, für ÖVP-Sicherheitspaket grünes Licht zu geben. Eigenes Ziel ist der Beschäftigungsbonus.

28 Punkte beinhaltet die Tagesordnung des heutigen Ministerrats. Erwähnenswert scheint nicht ein einziger davon zu sein, denn Themen wie die Bestellung des Bundeskartellanwalts klingen nicht nach Beschlüssen, die man zelebrieren kann. Die Regierung sitzt nach der Absage in der vergangenen Woche heute wieder gemeinsam an einem Tisch – und beide Parteien werden Druck machen.

Die ÖVP drängt etwa beim Fremdenrechts- und beim Sicherheitspaket auf Beschlüsse. Das Fremdenrechtspaket liegt längst dem Parlament vor, das Sicherheitspolizeigesetz, das den Behörden deutlich mehr Möglichkeiten zur Überwachung geben soll, hängt noch in der Koordinierung der Regierung und der Parlamentsklubs.

Seitens der SPÖ will man die Chancen auf Umsetzung noch nicht bewerten, stattdessen besteht man auf die Umsetzung eines anderen Projekts – den Beschäftigungsbonus. Da hatte es zuletzt Dissens gegeben.

SPÖ-Kanzler Christian Kern richtet ÖVP-Chef Sebastian Kurz deshalb in Bezug auf die geplante Arbeitsmarktoffensive aus: „Ich gehe davon aus, dass die Hürden im Ministerrat beseitigt werden.“ Nachsatz bzw. Seitenhieb: „Ich lehne es ab, dass mit den Arbeitsplätzen unserer Menschen gespielt wird. Wahlkampf darf keine Ausrede sein. Die Menschen müssen sich auf Regierungsbeschlüsse verlassen können.“

Der von Kurz eingesetzte parteilose Vizekanzler Wolfgang Brandstetter versuchte am Abend gleich wieder zu deeskalieren: „Wir stehen zum Beschäftigungsbonus, das war nie in Zweifel.“

Der Bonus werde schon am 22. Juni im Wirtschaftsausschuss des Parlaments behandelt und danach im Plenum beschlossen. Für Brandstetter ist es der erste Ministerrat als Vizekanzler. Und er beginnt gleich wieder mit einem Streit.

Forschungsmilliarde

Dafür soll die Forschungsmilliarde“ trotz Neuwahlen jetzt noch beschlossen werden. SPÖ-Infrastrukturminister Jörg Leichtfried und ÖVP-Wissenschaftsminister Harald Mahrer wollen das umsetzen.

Dass bei den Verhandlungen zur Schulreform mit den Grünen keine der Parteien – SPÖ-Bildungsministerin Hammerschmid und Kabinettsmitarbeiter von ÖVP-Minister Mahrer – vom Verhandlungstisch aufgestanden ist, muss als kleiner Erfolg für die Grünen bewertet werden. Die Nerven rund um den Verhandlungspoker zur Schulautonomie liegen einigermaßen blank, denn es bleibe n nur mehr sieben Tage, dann muss das Paket fertig verschnürt dem Parlament vorliegen.
Die Ausgangslage für die verbleibende Woche ist klar: Die Regierung braucht eine der großen Oppositionsparteien – also FPÖ oder Grüne – um die Schulreform mit Zweidrittelmehrheit im Parlament verabschieden zu können. Die Forderungen der Opposition liegen am Tisch: Jene der Grünen sagen eher der SPÖ zu, jene der FPÖ finden eher Gefallen bei der Volkspartei.

Am Montag war eine Abordnung der Grünen rund um Bildungssprecher Harald Walser im Bildungsministerium – zu „finalen Verhandlungen“, wie es von Regierungsseite zuvor hieß. Das Ministerium will die Reform nun endlich abschließen.
„Ich bin jetzt etwas optimistischer als vorher“, resümiert Walser nach dem Treffen im KURIER-Gespräch. „Es hat Bewegung gegeben, ich sehe ein bisschen Licht am Ende des Tunnels.“

Walser will bessere Konditionen für die Brennpunktschulen erreichen, indem der geplante Chancenindex dauerhaft jenen Schulstandorten mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, in der besonders viele Kinder aus bildungsfernen Haushalten sind. Entgegenkommen habe es auch beim Thema „gemischte Cluster“ gegeben, berichtet der Grüne. In diesen sollen – unter dem Dach eines Clusterleiters – künftig Bundes- und Pflichtschulen gemeinsam kooperieren können, also etwa eine Volksschule, eine NMS und ein Unterstufengymnasium.

Grüne für Gesamtschule

Knackpunkt bleibt aber die Forderung der Grünen nach einem Start der Gemeinsamen Schule der 6- bis 14-Jährigen, wenigstens in ganz Vorarlberg. Die Grünen beharren nach wie vor auf dieser Forderung, doch die ÖVP hat längst klargemacht, dass das nicht erfüllt werden könne.

Aber immerhin, ist aus Verhandlerkreisen zu hören, sei es eben ein Erfolg gewesen, dass die ÖVP-Vertreter die Verhandlungen mit den Grünen nicht abgebrochen haben.

FPÖ bleibt im Spiel

Heute, Dienstag, kommt eine Abordnung der Bildungsexperten der FPÖ ins Ministerium, um über die blauen Forderungen zu verhandeln. Darunter, was die ÖVP begrüßt, auch die Forderung, keinesfalls Zugeständnisse in Richtung Gemeinsamer Schule zu machen. ÖVP-Minister Mahrer hatte im Montag-KURIER erklärt, dass er die blauen Ideen für konstruktiver erachte, als jene der Grünen.

Für Hammerschmid und Mahrer bleibt die Woche aber dicht gedrängt: Am Donnerstag soll noch einmal mit den Grünen verhandelt werden, am Freitag erneut mit der FPÖ. Spätestens am Mittwoch kommender Woche, dem 7. Juni , muss ein Endergebnis vorliegen, damit das Parlament noch rechtzeitig grünes Licht geben kann.

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