Frauenquote: Sprung in der gläsernen Decke

Sabine Oberhauser
Frauenministerin Oberhauser will auch höheren Frauenanteil in der Politik. FPÖ lehnt Quotenregelung ab, Industrie für späteres Inkraftreten.

Frauenministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) will den Schwung nutzen: Nach der geplanten Frauenquote für die Privatwirtschaft soll auch in der Politik über Maßnahmen für einen höheren Frauenanteil gesprochen werden. Die gläserne Decke hat aus ihrer Sicht jedenfalls einen Sprung bekommen, zeigt sie sich über die jüngsten Pläne der Bundesregierung erfreut.

Mit der Einigung der Koalition, eine verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten festzusetzen, sei es gelungen, eine wichtige Maßnahme für die Frauen festzulegen, so Oberhauser in einem Statement gegenüber der APA. Vorbild sei dabei das deutsche Modell, das eine 30-prozentige Geschlechterquote für Großunternehmen vorsieht. Es gibt dabei keine Ausnahmen, denn bei Nichterfüllung der Quote bleibt der Posten im Aufsichtsrat unbesetzt. In Österreich soll diese Regelung für alle börsenotierten Unternehmen sowie Betriebe mit mehr als 1.000 Mitarbeitern gelten, erklärte die Ressortchefin.

"Es gibt eine gläserne Decke, die Frauen davon abhält, Führungspositionen zu bekommen"

"Es gibt eine gläserne Decke, die Frauen davon abhält, Führungspositionen zu bekommen. Diese Decke bekommt mit der verpflichtenden Quote nun auch in der Privatwirtschaft einen weiteren Sprung", so Oberhauser. Sei verwies auf den staatsnahen Bereich, wo der vom Bund verantwortete Frauenanteil in Aufsichtsräten zuletzt bei durchschnittlich 38 Prozent lag. Der nächste Fortschrittsbericht dazu wird dem Ministerrat Anfang März vorgelegt.

"Wir sehen: Die Quote wirkt. Und wo Frauen sind, kommen auch Frauen hin. Davon profitieren nicht nur die Frauen, sondern auch die Wirtschaft insgesamt", zeigte sich Oberhauser erfreut. Laut Angaben ihres Ressorts gibt es in Österreich mehr als 200 Betriebe mit über 1.000 Mitarbeitern. Die verpflichtende Quote berührt jedenfalls mehrere Gesetzesmaterien, die genaue Ausgestaltung ist derzeit aber noch offen.

Ein nächster notwendiger Schritt wäre nun, den Frauenanteil in der Politik zu stärken. Hier gebe es verschiedene Modelle wie etwa die Klubförderung an den Frauenanteil zu knüpfen oder Listen mit zu wenig Frauen gar nicht erst zuzulassen. Es gab dazu bereits einige Gespräche auf parlamentarischer Ebene, allerdings ohne Einigung, bedauerte Oberhauser. "Auch im Rahmen der anstehenden Wahlrechtsreform sollte das wieder Thema sein", forderte sie.

Unterstützung für die Frauenquote in Aufsichtsräten kommt von den ÖVP-Frauen. Deren Chefin Dorothea Schittenhelm sieht in dem Plan einen "ersten Schritt in die richtige Richtung und als Vorbild, diese Quote auch auf die Vorstandsetagen auszuweiten". Was eine Quote für die Politik betrifft, verwies sie auf das Reißverschlusssystem der ÖVP bei der Listenerstellung. Beschlossen wurde 2015 von der Partei allerdings auch ein Vorzugsstimmensystem, das die abwechselnde Listenreihung unterlaufen kann.

FPÖ lehnt Quoten ab

Die Quote stößt nicht überall auf Zustimmung. Zwar sei es im Sinne der FPÖ, mehr Frauen zu fördern und Führungspositionen einzunehmen, Quoten seien allerdings der falsche Weg, erklärte Frauensprecherin Carmen Schimanek gegenüber der APA: "Unsinnige Frauenquoten diskriminieren mehr als sie helfen." Es könne auch nicht sein, dass der Staat privaten Firmen über Änderungen im Aktiengesetz vorschreibt, wie sie ihre Positionen zu besetzen haben. Sollte die verpflichtende Quote das frauenpolitische Kernstück des rot-schwarzen Arbeitsprogrammes sein, sei dies ein "Offenbarungseid" des frauenpolitischen Versagens, kritisierte Schimanek.

Die NEOS sind ebenfalls gegen eine gesetzliche Verpflichtung. Gleiche Teilhabe am Arbeitsmarkt werde nicht durch "brachiale staatliche Interventionen" erreicht, sondern durch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen, erklärte Claudia Gamon. Die pinke Fraktion trete daher für Frauenförderung auf allen Ebenen ein, auch müsse der Staat den qualitativen und quantitativen Ausbau der Kinderbetreuungsplätze vorantreiben. Gamon forderte weiters, dass der Staatsdienst bei flexiblen Arbeitszeiten vorangeht: "All das gilt natürlich auch für die Politik."

Strikt gegen eine Quote spricht sich auch das Team Stronach aus, solle die Postenbesetzung doch auf Basis der Qualifikation und nicht einer Regelung erfolgen. Einen höheren Chefinnenanteil könne es nur geben, wenn die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit passen, hieß es.

"Voll und ganz" hingegen befürworten die Grünen die Frauenquote für Aufsichtsräte in der Privatwirtschaft. Viele europäische Länder haben diese Maßnahme bereits vor Jahren erfolgreich eingeführt, meinte die Abgeordnete Berivan Aslan. "Für das weitaus größere Problem der gläsernen Decke in den Vorstands- und Führungsebenen der großen Unternehmen gibt es aber weiterhin keine Lösungen." Insgesamt vermisst auch sie im neuen Regierungsübereinkommen weitere frauenpolitische Ziele.

Die Industriellenvereinigung hat mit der geplanten Frauenquote für die Privatwirtschaft keine Freude. Das Problem - zu wenige weibliche Führungskräfte - sei zwar sehr wohl bekannt, die Lösung per Quote aber werde abgelehnt, erklärte Christian Friesl, Bereichsleiter Gesellschaftspolitik der IV, im Gespräch mit der APA. Das geplante Inkrafttreten der Verpflichtung ist der IV ebenfalls etwas zu früh.

"Wir freuen uns nicht darüber, weil es nicht das richtige Mittel ist, um das Problem zu lösen aus unserer Sicht", erklärte Friesl. Viel eher versuche man mit Netzwerken, Schwerpunktthemen oder Ausbildungsprogrammen, Frauen auf Führungspositionen vorzubereiten. Das Problem sei bekannt, treffe es doch auch die Industriebetriebe, denn in der Branche seien anders als etwa im Bankwesen zu wenige Frauen tätig.

"2018 ist etwas früh aus unserer Sicht", stellte er weiters fest. Vorstellbar wäre etwa, dass das Inkrafttreten für manche Wirtschaftssektoren zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, sei doch auch der Frauenanteil mitunter gering. "Das Problem ist uns vollkommen klar. Die Lösung Quote gefällt uns aber nicht", so Friesl. Unternehmen würden sich nicht über Vorschriften von außen freuen, sondern ihre Ziele selbst setzen.

Friesl ortet grundsätzlich strukturelle Probleme und fordert neue Rollenbilder - hier müsste bereits in den Kindergärten angesetzt werden. So soll etwa das Interesse an MINT-Fächern geweckt und die Technikaffinität gefördert werden. Die Berufswahl sei noch immer stereotyp, die Hälfte der weiblichen Lehrlinge entscheide sich für die Berufe Friseurin, Einzelhandels- oder Bürokauffrau, gab der Bereichsleiter zu bedenken.

Auch die Wirtschaftskammer glaubt nicht, dass es die Festschreibung einer Frauenquote für Aufsichtsräte braucht. Gegenüber der APA verwies man hingegen auf das Führungskräfteprogramm "Zukunft.Frauen", aus dem mittlerweile eine Datenbank mit 450 potenziellen Aufsichtsrätinnen hervorging.

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