Migration: Nehammer kritisiert erneut EU-Kommission

Migration: Nehammer kritisiert erneut EU-Kommission
Weißrussland steht im Verdacht, illegale Migration in die EU zu fördern. Österreich unterstützt Außengrenzschutz in Litauen.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat Mitglieder der Spezialeinheit Cobra an die EU-Außengrenze nach Litauen verabschiedet. Und bei dieser Gelegenheit hat der Minister scharfe Kritik an der EU-Kommission geäußert - es war nicht das erste Mal. 

Die Kommission, so Nehammer, spreche derzeit lieber über das Trennende, nämlich das Thema der Verteilung von Flüchtlingen auf dem Kontinent, das die Mehrheit der Staaten ablehne. Stattdessen solle die Kommission über die Gemeinsamkeiten sprechen, nämlich die Frage der Außengrenzsicherung, von schnellen Rückführungen und schnellen Asylverfahren. "Da zögert die Kommission", ärgert sich Nehammer.

 In Litauen, wo Österreich Cobra-Beamte entsendet, spitzt sich die Migrationslage gerade zu. Das Regime von Machthaber Alexander Lukaschenko im benachbarten Belarus (Weißrussland) steht im Verdacht, das Einschleusen von illegalen Migranten in die EU zu fördern, um Druck auszuüben.

Die EU dürfe sich nicht erpressen lassen, betont Nehammer - und kritisiert gleichzeitig die EU-Kommission: Diese lasse Litauen beim Grenzschutz, etwa beim Bau eines Grenzzauns, im Stich. "Die Außengrenze muss auch in Litauen geschlossen werden. Es darf keine Lücken geben, das System kann so nicht funktionieren", sagt Nehammer, der "alles tun" will, um illegale Migration zu stoppen.

Österreich stehe Litauen solidarisch zur Seite, "genauso wie wir Griechenland im Frühjahr 2020 während der Provokationen aus der Türkei unterstützt haben", betont der Innenminister.

Einsatz ab 1. August

Konkret werden 13 Cobra-Spezialeinsatzkräfte mit einem gepanzerten Fahrzeug (Typ Survivor) und zwei Drohnen entsendet. Der Einsatz beginnt am 1. August, die Dauer ist offen - je nach Lage, jedenfalls aber mehrere Wochen.

Zum Hintergrund wird im Innenministerium erklärt: 2021 wurden bisher bereits mehr als 2.700 Migranten aufgegriffen, die illegal über Belarus eingereist seien. Die Tendenz sei "stark steigend". Zu Jahresbeginn waren es rund 70 pro Monat, im Juni bereits 500 und im Juli 1.000.

Derzeit gebe es ca. 100 Aufgriffe pro Tag. Das sei das 22-fache des Vorjahreswerts.

Die Migranten kämen hauptsächlich aus dem Irak, aber auch aus dem Kongo, aus Kamerun, Guinea, Afghanistan, Syrien und Russland.

Wie die Schlepperei abläuft

Zur Vorgehensweise ist derzeit folgendes bekannt:

Laut dem litauischen Innenministerium werden wöchentlich mehrere Flüge aus Istanbul und Bagdad nach Minsk, der Hauptstadt von Weißrussland organisiert. Die staatliche Fluggesellschaft des Irak soll gerade entschieden haben, die Zahl der Flüge von Bagdad nach Minsk ab August zu verdoppeln - Grund sei die hohe Nachfrage.

Gleichzeitig, so heißt es, seien die Preise für Schlepper günstiger: Früher seien bis zu 15.000 Euro bezahlt worden, derzeit seien es nur noch 1.200 Euro.

Tourismusbüros und Fluglinien sollen an der Organisation beteiligt sein. Migranten sollen berichtet haben, dass sie in Drei-Stern-Hotels in Minsk untergebracht und dann mit Taxis ins Grenzgebiet gefahren worden seien, wo sie weitere Anweisungen erhalten hätten.

Angeblich, so wird kolportiert, werden die Migranten von lokalen Behörden geführt - genauer gesagt von Uniformierten ohne Dienstgrade oder Namensschild.

Bevor die Migranten die Grenze überqueren, müssen sie Berichten zufolge ihre Mobiltelefone und Dokumente zurücklassen - das erschwert die Zurückschiebung nach Weißrussland.

Schlepperwege über die grüne Grenze würden u. a. mit Taxidiensten organisiert, zudem gebe es Schlepper aus Deutschland, die Personen von Litauen oder Polen mit dem Auto nach Deutschland bringen sollen. Laut Befragungen sollen Deutschland und Österreich die Zielländer sein.

Dieses Einschleusen von Migranten von Weißrussland in die EU soll eine Racheaktion von Machthaber Lukaschenko wegen der EU-Sanktionen gegen sein Land sein. Er werde niemanden mehr aufhalten, der in das gemütliche Europa wolle, sagt der 66-Jährige Anfang Juli bei einer Regierungssitzung in Minsk.

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