Mensdorff-Pouilly wird angeklagt +++ 275.000 Euro für Grippemasken
Der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly, Ehemann der ehemaligen ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat, wird von der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts auf Geldwäsche, falscher Beweisaussage in zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und der Vorlage eines angeblich verfälschten Beweismittels angeklagt. Der Strafrahmen für Geldwäsche beträgt nach Angaben der Staatsanwaltschaft fünf Jahre Gefängnis.
Dem Strafantrag zufolge soll Mensdorff-Pouilly in den Jahren 2000 bis 2008 insgesamt rund 12,6 Millionen Euro erhalten haben, die zuvor unter Verwendung von Scheinverträgen aus dem Vermögen der "BAE Systems plc", einem britischen multinationalen Rüstungs-, Informationssicherheits- und Luftfahrtkonzern, abgezogen wurden.
"Mit dem Geld sollten vermutlich in Zentral- und Osteuropa Entscheidungsträger bestochen werden, um Waffengeschäfte für das Unternehmen zu erlangen", so die Staatsanwaltschaft in ihrer Pressemitteilung am Freitag.
Ein Mitarbeiter Mensdorffs, Kurt Dalmata, der diesem bei den Geldtransfers behilflich gewesen sein soll, wurde mitangeklagt. Die tatsächliche Verwendung des Geldes konnte laut Staatsanwaltschaft nicht aufgeklärt werden.
Gegenüber dem KURIER erklärte der Sprecher der Wiener Staatsanwaltschaft, Thomas Vecsey, dass dem Strafantrag ein monatelanges Tauziehen mit den britischen Justizbehörden vorausgegangen ist. Mensdorff wurde 2010 in Großbritannien von den Behörden kurzzeitig festgenommen, und nach einer außergerichtlichen Diversion in Höhe von 321 Millionen Euro, die von BAE Systems gezahlt wurde, wieder freigelassen.
Vecsey erklärt, dass sowohl die britischen Behörden als auch die Rechtsvertreter von Mensdorff eine Strafverfolgung in Österreich ausschlossen, da der Fall in Großbritannien beendet worden ist und es keine "Doppelstrafverfolgung" geben könne.
Die Wiener Staatsanwaltschaft sah das anders – und setzte sich letztlich durch.
275.000 Euro für Grippemasken-Deal
Unabhängig davon werden mehrere Ermittlungen gegen den Waffenlobbyisten wegen weiterer möglicher Schmiergeldzahlungen fortgesetzt, Mensdorff muss zudem auch im aktuellen Korruptions-Untersuchungsausschuss aussagen. Für Mensdorff-Pouilly und Dalmata gilt die Unschuldsvermutung.
Über weiteres Geschäft des Grafen berichtet das Nachrichtenmagazin profil in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe. Demnach hat Mensdorff-Pouilly mit der Vogelgrippe gut verdient. Im Herbst 2005 gelangte die Vogelgrippe von Zentralasien in Richtung EU. Im Gesundheitsministerium - dieses wurde zu dieser Zeit von Grafen-Gattin Maria Rauch-Kallat geführt - war man längst für alle Eventualitäten gerüstet. Bereits im März 2005 wurde ein Pandemieplan erarbeitet. Dieser sah die Einlagerung von Grippemedikamenten und Impfstoffen vor; weiters galt es die Republik mit Pandemie-Schutzmasken zu versorgen. Und dabei trat der Lobbyist auf den Plan: Laut profil stand Mensdorff-Pouilly im Jahr 2006 im Sold des deutschen Medizintechnik-Konzerns Dräger. Dräger zahlte zwischen März und Dezember insgesamt 275.591 Euro an Mensdorffs Wiener MPA Handelsgesellschaft, angeblich für "Marktstudien". Zeitgleich bekam Dräger vom Gesundheitsministerium den Auftrag zur Lieferung von Millionen von Pandemie-Schutzmasken. Pikant: Dräger war zuvor in einer öffentlichen Ausschreibung der Bundesbeschaffungsagentur wegen überhöhter Preise durchgefallen.
Maria Rauch-Kallat hat gegenüber profil jeglichen Konnex energisch in Abrede gestellt: "Es gibt hier mit Sicherheit keinen Zusammenhang. Ich habe mich in diese Auftragsvergabe nicht eingemischt. Mein Mann und ich haben Privates und Berufliches immer streng getrennt."
Mensdorffs Anwalt Harald Schuster wollte den Sachverhalt nicht kommentieren. Dräger-Sprecherin Melanie Kamann hält in einer Stellungnahme fest: "Die MPA Handelsgesellschaft hat Dräger Austria bei der Erschließung des südosteuropäischen Markts unterstützt (beispielsweise mit Marktstudien) und erhielt vertraglich geregelte, aufwandsabhängige Zahlungen.
Der passionierte Jäger wird zum Gejagten der Justiz
Die Staatsanwaltschaft glaubt beweisen zu können, dass der britische Rüstungskonzern BAE Systems insgesamt 12,6 Millionen Euro an Bestechungsgeldern zur Verfügung gestellt hat, die über Konten Mensdorffs geschleust wurden und von dessen Mitarbeiter, der ebenfalls angeklagt ist, bar behoben wurden.
Die Gelder sollen zunächst bei einer Briefkastenfirma mit Sitz auf den British Virgin Islands gelandet sein. Diese Firma wird von der Anklagebehörde Mensdorff zugerechnet.
Im weiteren Verlauf sollen die Millionen dafür verwendet worden sein, um bei Waffengeschäften in Zentral- und Osteuropa "die Entscheidung beim Ankauf zugunsten von BAE-Geräten zu beeinflussen", so der sprecher der Staatsanwaltschaft. Ein Bestechungsvorwurf ist nicht Teil des Strafantrags, da bis heute die tatsächliche Verwendung des Geldes nicht aufgeklärt werden konnte.
Der passionierte Jäger Mensdorff, der sich selbst nie als Waffenlobbyist, sondern gerne schlicht als "Bauer" bezeichnet, war rund um diesem Causa im Februar 2010 in England in Untersuchungshaft. Das Verfahren wegen Korruptionsverdachts wurde nach der Vergleichszahlung von BAE Systems eingestellt, obwohl ihn die britische Antikorruptionsbehörde im Zentrum eines "ausgeklügelten" mitteleuropäischen Netzwerks sah, das mit Millionen-Bestechungen versucht hat, Rüstungsentscheidungen zugunsten des britisch-schwedische Konsortiums Gripen zubeeinflussen.
Mit der Hauptverhandlung ist noch in diesem Jahr zu rechnen.
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