Mensdorff-Pouilly: Telekom-Geld nicht unmoralisch

Mensdorff-Pouilly: Telekom-Geld nicht unmoralisch
Der Bauer und Millionär spricht im KURIER-Interview über Geschäfte, Jagdgesellschaften und seine Ehe mit der ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat.

Sein Wiener Büro befindet sich in einem Stadtpalais neben dem Hotel "Imperial" am Kärntner Ring. Über die Firma mit dem unaufdringlichen Namen "MPA Handelsgesellschaft m.b.H." sollen Millionen geflossen sein - von Eurofighter bis Telekom.

Alfons Mensdorff-Pouilly, der sich selbst gern als Bauer bezeichnet, steht unter einem ausgestopften Mufflon, als er uns begrüßt. "Küss die Hand, gnädige Frau." Ein Kavalier der alten Schule; man trägt weißes Stecktuch zum grauen Anzug. Und führt sogleich Schmäh. Der Graf erzählt von einem Namenszwilling, der just am Tag, an dem wieder was Böses über den "Waffenlobbyisten", also ihn, in der Zeitung stand, beim Schwarzfahren erwischt wurde. "Na?", habe der Schwarzkappler gemeint, "das ist heute aber nicht Ihr Tag!" Brummendes Gelächter. "Ich selber les' das Zeug ja schon lange nicht mehr." Humor - möglicherweise sogar Galgenhumor - hat er.

Mit einer Körpergröße von 1,95 Metern und großen Gesten füllt der geheimnisvolle Graf die tannengrüne Chesterfield-Couch vor dem großen, goldenen Spiegel voll aus. Englischer Stil. Parfümierte Zedernholzscheiben in einem Glasschüsselchen verströmen einen zarten Duft, daneben ist auf einem in Silber gerahmten Bild sein 18-jähriger Sohn zu sehen.

Beim Interview mit dabei: Mensdorffs Hausjuristin, die sich aber fast nie einmischt. Nur ab und zu runzelt sie die Stirn, wenn ihm wieder eine saftige Formulierung herausrutscht.

KURIER: Die Liste der Vorwürfe gegen Sie wird immer länger. Es geht um Lobbyismus, um Schmiergeldzahlungen, zuletzt sogar in der Telekom-Affäre.
Alfons Mensdorff-Pouilly:
Wie oft soll ich noch sagen, dass ich kein Lobbyist bin? Ich bin ein Berater - das ist ein großer Unterschied - sicher mit einem gewissen politischen, wirtschaftlichen und auch sozialen Gespür. Aber das begreifen die Journalisten nicht, denn damit wird die G'schicht' uninteressant.

Wofür haben Sie dann 1,1 Millionen Euro von der Telekom bekommen?
Das ist alles aus den Büchern ersichtlich. Da steht drinnen, was die Leistung war, was eingegangen ist und wie das Geld im Geschäftsbetrieb verwendet wurde. Inklusive Steuer. Ich kann alles auf Heller und Pfennig nachweisen. Wenn ich's nicht dem Staatsanwalt geben würde, dann könnten Sie's jetzt anschauen.

Mensdorff-Pouilly: Telekom-Geld nicht unmoralisch

Ist es nicht unmoralisch, so viel Geld zu verdienen?
Ich meine, was glauben Sie? Nehmen wir die Telekom: Ich habe die Telekom drei Jahre lang in verschiedenen Ländern beraten, war rund um die Uhr für Fragen erreichbar und habe Strategien mitentwickelt, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Vertrag lief aber nur acht Monate. Also warum soll das bitte unmoralisch sein? Wenn mich der KURIER chartert, weil er eine Zeitung - sagen wir jetzt einmal in Russland - aufbauen will, dann müsste der Herr Dr. Brandstätter auch was hinlegen dafür.

Wie viel?
Das hängt davon ab, wie viel Arbeit es ist. Ich hab' keinen Tagessatz. Ich habe Firmen zwei, drei Jahre beraten, ohne einen Euro zu verrechnen. Es ist nicht so, dass die zu mir kommen und sagen: Ich hab' da die Bröseln, wie viel kosten Sie? Weil ich immer ein Prinzip gehabt hab': Erst wenn ein Erfolg in Aussicht ist, verrechne ich. Aber dann anständig. Für eine Million Euro müsste ich vielleicht auch zwei, drei Jahre mit zig Mitarbeitern arbeiten. Und es blieben am Ende vielleicht 300.000 Euro übrig.

300.000 Euro verdienen andere Leute vielleicht in zehn Jahren.
Und ich verdiene vielleicht monatelang gar nichts, muss aber trotzdem meine Leute durchfüttern.

Soll man vielleicht Mitleid mit Ihnen haben?
Nein, ich lebe noch ganz gut.

Mit wie viel Geld pro Monat?
Umgerechnet vielleicht 10.000 Euro netto - da sind aber mein Chauffeur, meine zwei alten Reitpferde und vieles andere mehr schon inkludiert.

Stimmt der Eindruck, dass österreichische Firmen, wenn es um heikle Zahlungen gegangen ist, den Umweg über Sie gewählt haben?
Keine einzige Firma hat eine Umwegzahlung über mich gewählt! Nur einmal habe ich im Auftrag der Telekom ein Flugzeug gemietet und die Rechnung an die Firma Valora gestellt.

Das klingt nicht gut.
Dabei kenne ich den Herrn Hochegger überhaupt nicht. Und was Schmiergeldzahlungen betrifft: Wenn das Geld wo eingegangen ist, um zu schmieren, muss es ja wieder wo raus gehen. Also schauts bitte meine Buchhaltung an.

Mensdorff-Pouilly: Telekom-Geld nicht unmoralisch

Werden Sie auf der Straße eigentlich angesprochen?
Ja. Erst heute hat mich eine Frau gefragt, was ich mit dem Geld der Telekom gemacht habe. Darauf ich: Tschuldigen Sie, aber was interessiert Sie das? Darauf sie: Ich bin Telekom-Aktionärin. Ich hab' ihr gesagt, dass die Aufklärung nicht an mir liegt, sondern am Vorstand.

Mit welchem Gefühl gehen Sie zur Einvernahme?
Mit einem angenehmen. Der Staatsanwalt kriegt die ganze Buchhaltung. Die lese ich dann eh wieder en detail im profil.

Glauben Sie wirklich, dass Sie ungeschoren davon kommen?
Ich bin ganz sicher, dass rechtlich nichts übrig bleibt. Aber der Imageschaden ist natürlich groß. Aber das interessiert die Leute, die diese Vorwürfe in die Welt setzen, nicht. Man darf heutzutage alles behaupten, wenn man hinten "Es gilt die Unschuldsvermutung" dazu schreibt.

Glauben Sie, dass Sie der Aristokratie, die ja ihre Werte hochhält, schaden?
Nicht ich schade der Aristokratie, sondern die Lügen der Medien. Und das tut mir leid. Ich selbst habe ein völlig reines Gewissen. Aber ich weiß auch, dass der mediale Druck groß sein kann, so groß, dass sie mich vorübergehend einmal in den Häf'n g'haut haben. - Dreht sich zu seiner Juristin und fragt: Red' ich eigentlich Blödsinn? Sie schüttelt den Kopf.

Herr Mensdorff, Sie sind seit 1994 mit der ÖVP-Politikerin Maria Rauch Kallat verheiratet ...
Ja, ich war 40 Jahre lang Junggeselle, und hätte nie gedacht, dass ich je heiraten würde. Aber dann kam sie, und: patsch! - Klatscht vergnügt in die Hände.

War da auch der Gedanke: Jetzt betrete ich mit dieser Frau auch eine andere, politische Bühne?
Überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ich habe am Tag, als Maria Gesundheitsministerin wurde, alle Mandate von medizinischen Firmen in Österreich zurückgelegt. Nicht pseudo, wie es viele machen, über Treuhänder und so. Sondern gekündigt, zack! Bei einem hätte ich sogar 100.000 Euro Pönale zahlen sollen, weil ich den Vertrag vorzeitig aufgelöst habe.

Ist da manchmal das Gefühl: Was tu' ich meiner Frau mit diesen Affären an?
Ja, natürlich. Auf der anderen Seite sage ich Ihnen: Wenn ich nicht die Maria geheiratet hätte, brauchen Sie nicht glauben, dass das alles jemals zur Sprache gekommen wäre. Das hätte keine Sau interessiert.

Also wollen Sie sagen, dass sie Ihnen geschadet hat?
Schaden ist das falsche Wort. Aber jedenfalls hat es mir rein gar nichts genützt. Ich war ja immer nur der Gatte der Ministerin. Das als Macho zu ertragen, ist auch nicht leicht. Ich habe mit der Maria weder über British Aerospace noch über Telekom oder sonst was je geredet.

Auch der ÖVP kein Geld zukommen lassen?
Die ÖVP hat, wie alle anderen Parteien, nie einen Cent bekommen. Das kann ich Ihnen mit tausendprozentiger Sicherheit sagen.

Mensdorff-Pouilly: Telekom-Geld nicht unmoralisch

Sie nennen Ihre Frau gern "meine Alte". Schimpft sie da nicht mit Ihnen?
Nein, weil ich ihr das gleich am Anfang gesagt hab': Du heiratest einen Bauern, und dort nennt man seine Frau liebevoll "meine Alte". Zweitens bist du tatsächlich älter, also du kannst mich ja klagen und ich werde gewinnen. - Lacht.

Ihre Jagden im Südburgenland sind ja legendär - und sündteuer, wie "profil" in seiner neuen Ausgabe meldet. Stimmt das Bild, dass Sie einflussreiche Menschen zur Jagd einladen, dort für Ihre Auftraggeber Geschäfte anbahnen und die Gäste günstig stimmen?
Das ist wieder so ein Stumpfsinn, pardon! Meine Kunden kaufen einfach Jagdtage, inklusive Übernachtung und Essen, bei mir. Sie laden ihre Gäste natürlich selber ein. Da kann schon was zusammenkommen. Fragen Sie auch, ob man Geschäfte anbahnt, wenn man zum Hahnenkammrennen eingeladen ist oder ins "Babylon" geht?

Gehen Sie ins "Babylon"? (Anm.: Babylon ist ein Nobelbordell.)
Nein, ich war in meinem ganzen Leben noch nicht drinnen. Aber der Gedanke ist doch pervers! Glauben Sie, dass wir uns auf der Jagd gegenseitig - psst!! - Kuverts zuschieben? Nur weil sie mit mir jagen gehen, sind sie schon korrupt?

Wer geht noch mit Ihnen jagen?
Viele. Lauter nette Leute.

Auch Politiker?
Natürlich auch Politiker. Es jagen immer mehr Politiker. Das ist auch gut so, denn nur so hat die Jagd auch eine gewisse Lobby.

Apropos Politiker: War es richtig, dass Wolfgang Schüssel sein Nationalratsmandat wegen der Telekom-Affäre zurückgelegt hat?
Ich finde das sehr schade. Wolfgang Schüssel hat sicher nichts gewusst. Der hätte die im Vorbeigehen gefeuert, wenn er etwas geahnt hätte.

Zur Person: Der geheimnisvolle Graf

Karriere
Geboren am 7. 9. 1953 in Wien als Nachkomme des aus Lothringen stammenden Adelsgeschlechts Mensdorff-Pouilly. Sein Ururgroßonkel Alexander Mensdorff-Pouilly war von 1864 bis 1866 österreichischer Außenminister. „Ali“ Mensdorff-Pouilly ist Großgrundbesitzer und Forstwirt und als Unternehmensberater Alleineigentümer der Firma „MPA Handelsgesellschaft m.b.H.“ in Wien, in der 2008 Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts der Bestechung stattgefunden haben.

Privat
Alfons Mensdorff-Pouilly ist seit 30. April 1994 mit der ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat verheiratet (sie tritt am Montag ihr Nationalratsmandat an Christine Marek ab). Das Paar lebt eine Wochenend-Ehe mit Großfamilie und Hunden in einem Schloss mit Jagd- und Forstbetrieb im burgenländischen Luising, nahe der ungarischen Grenze. Über seine ungarische Firma besitzt Mensdorff-Pouilly auch ein Schloss in Schottland. Der in den Medien als „Waffenlobbyist“ bezeichnete Graf hat einen 18-jährigen Sohn aus einer früheren Beziehung.

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