Maklergebühr: So funktioniert der Schutzschirm für Mieter

Die türkis-grüne Regierung hat heute im letzten Ministerrat des alten Jahres ihre Reform des Maklergesetzes beschlossen. Ziel ist ein "provisionsfreies Wohnen ab Juli 2023".
Heißt: Die Provisionskosten, die beim Abschluss eines Mietvertrages meist vom Mieter gezahlt werden müssen, soll künftig der Vermieter tragen, wenn dieser den Makler beauftragt hat.
Mieterschutzorganisationen, Arbeiterkammer und SPÖ waren im Vorfeld äußerst skeptisch: Der Entwurf, der im Frühjahr in Begutachtung geschickt worden war, lasse noch einige Hintertüren offen, damit am Ende doch wieder der Mieter zur Kasse gebeten werde, hieß es da (der KURIER berichtete).
Jetzt liegt der Gesetzestext vor, und er beinhaltet - darauf ist Türkis-Grün stolz - einen umfassenden Schutzschirm für Mieter. Umgehungsmöglichkeiten, die aus der Praxis an die Verhandler herangetragen wurden, sollen ausgeräumt sein.
Das Gesetz im Detail mitsamt Fallbeispielen:
Wer hat die Vermittlung "veranlasst"?
Ein auffälliges Detail: Im Regierungsprogramm war vom "Bestellerprinzip", wie es dieses schon seit 2015 in Deutschland gibt, die Rede (siehe Info-Kasten unten).
Gesetz seit 2015
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat 2021 untersucht, wie sich das Bestellerprinzip seit der Einführung 2015 ausgewirkt hat. Die Details:
2,4 Netto-Kaltmieten
sparen sich deutsche Mieter durch den Wegfall der Maklerprovision im Schnitt. Dass Vermieter ihre Kosten für den Makler auf den Mietpreis umgewälzt hätten, hat sich auch bei angespanntem Markt nicht gezeigt.
35 % der Vermieter
leisten sich den Makler noch, vorher waren es 62 %.
37 % Umsatzeinbußen
hat der Rückgang an Aufträgen bei den Maklerbüros im Schnitt verursacht. Viele haben von Miet- auf Kaufimmobilien umgestellt.
Zum befürchteten Einbruch beim Wohnungsangebot kam es laut Studie nicht, allerdings wurde festgestellt: Sucht sich der Vermieter seine Mieter selber aus, stellt er tendenziell höhere Ansprüche (z. B.: Einkommen, Vertragsdauer).
Lage in Österreich
Derzeit muss im Normalfall der Mieter die Maklerprovision zahlen – auch, wenn der Vermieter diesen beauftragt hat.
Die Höhe
Bei unbefristeten und auf mehr als drei Jahre befristeten Mietverträgen sind es zwei Netto-Monatsmieten plus Betriebskosten, plus 20 % Umsatzsteuer.
Neue Regelung
Die Regierung rechnet nach der Umstellung mit einer Ersparnis von jährlich 55 Mio. Euro. Pro Jahr werden in Österreich rund 117.000 Mietverträge abgeschlossen.
Türkis-Grün entschied sich aber für einen anderen Begriff: das "Erstauftraggeberprinzip".
Damit soll noch präziser definiert sein, was gemeint ist, nämlich: Derjenige, der den ersten Auftrag zur Vermittlung an einen Makler gegeben bzw. die Vermittlung "veranlasst" hat, soll zahlen müssen, wie es in den Erläuterungen zum Gesetz heißt.
Und das dürfte, sobald ein Makler involviert ist, in der Praxis fast immer der Vermieter sein.
Wann muss der Mieter zahlen?
Ein Mieter müsste eigentlich nur noch dann selber zahlen, wenn er einen "Suchauftrag" gibt.
Ein Beispiel: Herr A. hat keine Zeit, selber die Kleinanzeigen oder Online-Plattformen zu durchforsten und geht mit seinen Wünschen zu einem Immobilienmakler: 80 Quadratmeter, drei Zimmer, Balkon, 1. bis 9. Bezirk in Wien. Die beiden schließen einen Maklervertrag ab, der Makler macht sich auf die Suche.
Aber auch da könnte dem Mieter die Provision erspart bleiben - nämlich, wenn der Makler die betreffende Wohnung schon in seinem Portfolio hat bzw. die Wohnung schon einmal inseriert hat. Klar: Auch dieses Inserat müsste ja im Vorfeld vom Vermieter beauftragt worden sein.
Nur, wenn der Makler eine Wohnung vermittelt, zu der er vorher keinen Bezug hatte, soll er dem Mieter die Dienstleistung verrechnen können, wird erklärt.
(Heimliche) Zusammenarbeit
Und: Der Makler soll auch dann vom Vermieter bezahlt werden, wenn die beiden ein "wirtschaftliches Naheverhältnis" haben, also zusammenarbeiten, oder wenn eine "andere maßgebliche Einflussmöglichkeit besteht", wie es in den Erläuterungen heißt.
Letztere Formulierung soll auch sonstige Umgehungskonstruktionen ausschließen:
Die Arbeiterkammer hat als Beispiel angeführt, dass ein Vermieter einem Makler auch unter der Hand die Daten für die Wohnung geben könnte und dann ohne offiziellen Vertrag "duldet", dass dieser seine Wohnung inseriert. Wenn sich ein Mieter dann beim Makler meldet, würde der Mieter zum Auftraggeber, die Wohnung vermittelt zu bekommen und müsste die Provision zahlen.
Der Schutzschirm ist nun so konzipiert, dass der Gesetzgeber, sobald ein Inserat da ist, davon "ausgeht", dass dahinter ein Erstauftrag vom Vermieter an den Makler steht - woher hätte er sonst die Daten? Auch dann soll also der Vermieter zahlen.
Der Makler im Schatten
Eine andere Umgehungskonstruktion, die von der Arbeiterkammer genannt wurde, ist, dass zwei Makler zusammenwirken und sich später die Provision teilen.
Ein Beispiel: Der Vermieter erteilt Makler 1 einen Auftrag zur Vermittlung, dieser gibt die Daten der Wohnung an Makler 2 weiter. Meldet sich ein Interessent dann bei Makler 2, wird er zum Auftraggeber und müsste zahlen.
Das soll ebenfalls ausgeschlossen sein: Der Vermieter ist laut Gesetz nämlich nicht nur dann "Erstauftraggeber", wenn er selbst einen Makler beauftragt, sondern auch, wenn das "ein von ihm dazu berechtigter im eigenen Namen tut".
Im Gesetz enthalten ist auch ein Verbot von "verdeckten Kosten": Weder Makler, noch Hausverwalter oder Vormieter sollen im Rahmen des Vertragsabschlusses beispielsweise Ablösen oder Besichtigungsgebühren verlangen können.
Strafe bei Umgehung
Zudem gibt es eine Pflicht zur Transparenz: Ein Makler soll die zeitliche Abfolge eines Vertragsabschlusses dokumentieren. Wenn der Makler den Mieter bei Vertragsabschluss eine Provision verrechnen will, müsste er darlegen, dass kein Ausschlussgrund vorliegt.
Auf "wissentliche Falschinformation" des Maklers oder sonstige Verstöße gegen das Gesetz steht eine Geldstrafe von bis zu 3.600 Euro.
"Hartes Stück Arbeit"
Das Gesetz wurde heute im Ministerrat beschlossen und soll im Februar ins Plenum des Nationalrats kommen. In Kraft treten soll es dann ab Juli 2023.
Justizministerin Alma Zadic und Jugend-Staatssekretärin Claudia Plakolm haben den Beschluss bereits am Sonntag angekündigt. Kurzfristig hatte es so ausgesehen, als würden die Verhandlungen scheitern - ursprünglich war ja geplant, dass sie schon zum Jahreswechsel in Kraft tritt.
"Die Verhandlungen waren ein hartes Stück Arbeit", sagt die Grüne Nina Tomaselli. "Aber es hat sich gelohnt, beim Umgehungsschutz hart zu bleiben."
Kommentare