Doch es könnte noch dicker kommen: Sollte Rendi-Wagner im internen Duell unterliegen, würde das in der Öffentlichkeit auch als schwere Niederlage Ludwigs und der vermeintlich intern allmächtigen SPÖ Wien gedeutet werden. Entsprechend riskant sei für Ludwig dessen Festhalten an Rendi-Wagner, sagt Politikberater Thomas Hofer.
In der Wiener SPÖ selbst sieht man das gelassener: „Dass Ludwig so offen Rendi-Wagner unterstützt, schadet ihm nicht. Im Gegenteil: Viele rechnen ihm hoch an, dass er – gerade gegenüber einer Frau an der Parteispitze – so loyal ist“, sagt ein Funktionär zum KURIER.
Deutlich nüchterner beurteilt ein anderer Wiener Roter die Lage: „Nachdem er seine Loyalität gegenüber der gewählten Vorsitzenden erklärt hat, kann Ludwig jetzt nur schwer zurückrudern. Das wäre ein völliger Gesichtsverlust“, gibt ein Genosse zu bedenken.
Für ihn stellt sich die Frage, ob Ludwig seine Nibelungentreue schadet, ohnehin nicht: „Der Schaden, den die jüngsten parteiinternen Querelen angerichtet haben, ist so groß, dass er auf alle Beteiligten abstrahlt. Dieser Wahnsinn trifft jeden – und somit auch Ludwig“, lautet sein von einem gewissen Frust getragener Befund.
Entscheidend ist die Frage, wie es nach dem Parteitag weitergeht. Offiziell heißt es im Ludwig-Umfeld, man werde jeden dort gewählten Vorsitzenden mit gleicher Loyalität unterstützen. Nur, um im selben Atemzug ein deutliches Entgegenkommen eines neuen Parteichefs einzufordern. „Das betrifft alle Landesorganisationen, besonders aber jene in Wien“, sagt ein Vertrauter des Bürgermeisters. „Schließlich ist sie jene mit den meisten Mitgliedern und den meisten Wählerstimmen – bei der Wien-Wahl 2020 waren es mehr, als das Burgenland Einwohner hat.“
Vor allem inhaltlich gibt man sich bei den Wiener Roten wenig kompromissbereit. Die Parteistrategen sind überzeugt, dass ein im Vergleich zu Doskozils Programm eher linker Kurs (allen voran beim Thema Migration) unter den großstädtischen Wählern besser ankommt. Ihn will man auf alle Fälle beibehalten.
Interne Umfragen sollen dies untermauern. Demnach würde die SPÖ in Wien mit Rendi-Wagner auf bis zu 30 Prozent der Stimmen kommen, bei einem Spitzenkandidaten Doskozil lediglich auf 22 Prozent. Dazwischen käme die SPÖ mit Andreas Babler zu liegen, dessen inhaltliche Ausrichtung sich eher mit jener der Wiener Partei deckt.
„Weder ein Doskozil noch ein Babler können dauerhaft gegen die Wiener Landespartei agieren“, betont Hofer. Überschätzen dürfe man deren Macht allerdings nicht. Das würden nicht nur die jüngsten Ereignisse zeigen. Schon die beiden letzten Wechsel an der Parteispitze (2016 auf Christian Kern und 2018 auf Rendi-Wagner) seien nicht im Sinne der Wiener Genossen erfolgt.
Bleibt noch die Variante, dass es der Wiener SPÖ im Verbund mit der Gewerkschaft gelingt, dass Rendi-Wagner in den kommenden Wochen im Amt bestätigt wird. „Damit hätte Ludwig ein Problem gelöst, aber ein neues dazubekommen“, sagt Hofer: „Ihre mangelnde bundesweite Zugkraft bei Wahlen.“
Deutlich sinken wird jedenfalls nach dem Parteitag der Einfluss der Ludwig-Verbündeten aus der Liesinger Gruppe rund um die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Und das auch in dem Fall, dass sich Rendi-Wagner durchsetzt. Sie hat zuletzt angekündigt, Deutsch einen zweiten Parteimanager zur Seite stellen zu wollen. Ob das im Sinne Ludwigs ist, ist fraglich.
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