Löger: „EU-Budget ist meine Strandlektüre“

Löger: „EU-Budget ist meine Strandlektüre“
Zum Serien-Auftakt „Gespräche im Sommer“ erzählt der Minister, wie er das EU-Budget verhandelt

Die Regierung ist mit der EU-Ratspräsidentschaft beschäftigt und die Opposition rüstet für einen heißen Herbst im Streit um Sozialreformen. Es gibt also viel Stoff für Diskussionen. Der KURIER startet daher eine neue Serie: Wir bitten die Entscheidungsträger zum „Gespräch im Sommer“, die auch auf Schau-TV ausgestrahlt werden.

Den Auftakt macht ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger, der seit 1. Juli Finanzsprecher der Ecofin-Gruppe (zweitgrößter Wirtschaftsraum mit 14 Billionen Euro) ist. Er erzählt, wie anstrengend die Sitzungstage in Brüssel sind und verrät seinen WM-Finale-Tipp.

KURIER: Herr Löger, Sie waren erstmals Ecofin-Vorsitzender. Wie bereitet man sich auf so eine Aufgabe vor?

Hartwig Löger: Die vergangenen sechs Monate als Finanzminister waren schon bisher die spannendsten meines bisherigen Arbeitslebens. Durch die Ratspräsidentschaft kommt noch eine Steigerungsstufe hinzu. Das war in den vergangenen Tagen für mich deutlich spürbar. Sowohl inhaltlich, was die Themenfülle betrifft, als auch die Aufgabe, auf sehr hohem Niveau Sitzungen zu leiten. Ich gestehe, das ist eine ziemliche Herausforderung. Aber auch etwas, das eine Begeisterung in mir auslöst.

Sie wollen das EU-Budget 2019 verhandeln, was in Brüssel als unüblich gilt. Was versprechen Sie sich davon?

Es war bisher unüblich, weil die Finanzminister aufgrund der hohen Dichte an Verhandlungstagen diese Aufgabe gerne an ranghohe Beamte delegiert haben.Ich wollte damit ein Zeichen setzen. Denn die Rolle der EU-Ratspräsidentschaft ist ja nicht nur, politische Positionen zu verteidigen, sondern als Vermittler einen Ausgleich und eine Lösung zu finden. Es warten harte Verhandlungen angesichts der bevorstehenden Europawahl. Noch dazu hat sich der Europäische Rat dafür ausgesprochen, das Budget für Frontex zu erhöhen. Diese Mittel müssen aus Umschichtungen kommen, weil es dank der Budgetobergrenzen keinen Spielraum mehr gibt. Ziel ist es, mit einer konservativen Budgetpolitik in 2019 Spielräume für den Ausbau von Frontex zu schaffen

Sie feilschen mit Gernot Blümel auch um den EU-Finanzrahmen für 2021-2027. Österreich will nicht mehr als ein Prozent seines Bruttoinlandsproduktes überweisen. Die EU-Kommission hätte gern, dass auf 1,1 Prozent erhöht wird. Kommt der österreichischen Verhandlungsposition nun entgegen, dass die NATO-Länder künftig mit höheren Ausgaben rechnen werden müssen?

Da sehe ich keinen Konnex.. Wir fordern, unabhängig davon wie viel manche Mitgliedstaaten in die NATO einzahlen müssen, Effizienz bei der Ausgabe der Mitteln, um die neuen Schwerpunkte im Bereich der Sicherheit in der EU finanzieren zu können. Dafür werden wir das bestehende Kostenmanagement durchforsten.

Zurück nach Österreich: Sie kündigen für 2022 eine Steuerreform bis zu 3,5 Milliarden Euro an. Die Wirtschaft boomt und auch die Hypo-Asset-Verkäufe erbringen höhere Erträge als angenommen. Warum geht das nicht schon früher?

Mit dem Familienbonus setzen wir ja bereits die erste große Steuerentlastung für steuerzahlende Familien um. Darüber hinaus wollen wir eine Steuerentlastungsreform, die durch Vereinfachungen und neue Zugänge auch im Bereich der Struktur entlastet. Da bleibt zumindest in der Diskussion kein Stein auf dem anderen. Wir hatten eine erste Lenkungsausschusssitzung und die erste Arbeitsgruppe arbeitet bereits, das Entlastungspotenzial zu erheben. Frühestens im ersten Quartal 2019 werden wir die ersten gesetzlichen Grundlagen setzen können, damit wir die Veränderungen ordentlich durchdeklinieren können.

Die FPÖ ist durch den 12-Stunden-Tag und dem Arbeitslosengeld neu auf Konfrontationskurs mit ihrem Stammklientel. Ist bei der Steuerreform alles auf Kurs gebracht? Wie schaut es mit der Senkung der Unternehmensbesteuerung aus?

Die großen Linien sind im Regierungsprogramm entwickelt worden. In der Arbeitsgruppe ist auch FPÖ-Staatssekretär Hubert Fuchs. Dadurch wird die Steuerreform gemeinsam entwickelt. Im Regierungsprogramm steht, dass wir einen Teil der Steuerentlastung für eine Senkung der Unternehmensbesteuerung planen. In der Arbeitsgruppe wird gerade diskutiert, ob es eine rein lineare Senkung sein soll, oder ob wir überproportional die Steuer für nicht entnommene Gewinne senken. Es hat beides etwas für sich. Aber die Reduktion wird kommen, auch um den Wirtschaftsstandort zu stärken.

Die Regierung rühmt sich, mit dem Familienbonus die größte Familienentlastung zustande gebracht zu haben. Gleichzeitig wird aber bei Kinderbetreuung eingespart. Ist das nicht eine Belastung für Eltern?

Bei der Diskussion, die über die Kinderbetreuung entflammt ist, vermisse ich die richtige Struktur. Es gibt auch Maßnahmen aufseiten des Bildungsministeriums, die hier eine Wirkung bringen. Ich erkenne aus meiner Perspektive keine Einschränkungen, weil man das Problem technisch anders lösen will.

Es fehlen 30 Millionen Euro. Wie will man die Kinderbetreuung technisch anders lösen?

Die finanziellen Mitteln waren eine Sonderdotierung, um eine gewisse Versorgungsquote zu erreichen. Wir haben erkannt, dass die Vorgaben der Barcelona-Vereinbarung aus dem Jahr 2002 bei den über Dreijährigen bereits voll erreicht sind. Deswegen waren die finanziellen Zuschüsse hier zu hinterfragen.

In der letzten Nationalratssitzung vor der Sommerpause wurde eine Ausgabenbremse für die Sozialversicherungen in Kraft gesetzt. Warum werden wichtige Infrastrukturprojekte auf Eis gelegt?

Es ist zwar nicht mein Aufgabengebiet, aber ich verstehe das Vorgehen der Sozialministerin. Wenn eine größere strukturelle Veränderung ansteht, ist es kaufmännisch sinnvoll, gewisse Projekt vorerst zu stoppen, damit hier nicht unberechenbare Dynamiken und überproportionale Kosten entstehen. Das ist keine Kürzung oder Einsparung, sondern eine angebrachte Maßnahme. Die Ängste, die hier geschürt werden, sind nicht berechtigt.

Ihr Tipp für das WM-Finale?

Ich bin Kroatien-Fan, und rechne mit einem sehr knappen Sieg. Es wird 2:1 für Kroatien ausgehen.

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