Liste Pilz: "Skandal" bei Vereinbarung von Bund und Ölindustrie

Martha Bißmann mit Peter Kolba (rechts)
Der Mineralölindustrie wurden im Jahr 2009 steuerliche Privilegien zugesichert.

Einen "umwelt- und demokratiepolitischen Skandal" ortet die Liste Pilz anlässlich einer Vereinbarung zwischen Erdölindustrie und dem Bund aus dem Jahr 2009. Das am Freitag von Umweltsprecherin Martha Bißmann präsentierte - immer noch gültige - Dokument soll der fossilen Energiewirtschaft auf unbegrenzte Zeit steuerliche Privilegien zusichern. Bißmann forderte die umgehende "fristlose Kündigung".

Genau soll es sich um eine Vereinbarung zwischen dem damaligen ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner seitens des Bundes und Vertretern des Fachverbandes der Mineralölindustrie und des Fachverbandes des Energiehandels über "Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz" handeln. Dabei habe der Bund der Erdölindustrie "Privilegien eingeräumt und den Klimaschutz auf die lange Bank geschoben", sagte Bißmann. So sei dem Industriezweig zugesichert worden, keine weiteren steuerlichen Belastungen einzuführen sowie bestehende Forderungen nicht zu verschlechtern.

Für die Erdölwirtschaft hat dies der Liste Pilz zufolge erhebliche Vorteile: So liegt der Steuersatz für Heizöl weiterhin bei nur 0,098 Euro pro Liter, Diesel ist mit einer Belastung von 0,397 Euro pro Liter um 18 Prozent deutlich günstiger als Benzin. Durch diese niedrigen Sätze hätten die Ölhändler seit 2010 durch den entsprechend höheren Umsatz "in Milliardenhöhe" profitiert. Zudem sei eine private "Heizen mit Öl GmbH" gegründet worden, die 50.000 Ölkessel mit jeweils "mehreren Tausend Euro" fördert. Für all diese Privilegien gebe es Bißmann zufolge aber "keinerlei Rechtsgrundlage".

Republik geschädigt

Die Republik wurde laut Bißmann gleich auf mehreren Ebenen geschädigt. Durch den Steuervorteil bei Diesel entgingen dem Staat Steuern in der Höhe von rund 5,12 Mrd. Euro - hinzu kommen noch 152 Mio. Euro an Mehrkosten für Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen. Beim Heizöl fiel der Bund um 2,7 Mrd. Euro um (zuzüglich 24 Mio. Euro für Gesundheit- und Umweltkosten). Die Förderkosten von Ölanlagen und Werbung machten weitere 61 Mio. Euro aus.

Bißmann forderte, dass die Vereinbarung umgehend - ansonsten spätestens nach Ende der sechs monatigen Kündigungsfrist - "fristlos gekündigt" wird. Zudem sollten beteiligte Beamte, die noch Ämter innehaben, "umgehend suspendiert werden". Außerdem sollen direkte Geldflüsse zwischen Erdölunternehmen und der ÖVP sowie indirekte Geldflüsse via der Industriellenvereinigung (IV) offengelegt werden, damit sie der Rechnungshof überprüfen kann. "Das wird die Nagelprobe für die ÖVP in Sachen Transparenz", sagte Bißmann.

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