Linhart prangert Demokratieabbau in OSZE-Staaten an

Linhart prangert Demokratieabbau in OSZE-Staaten an
Es hätte ein "neues Zeitalter der Demokratie" anbrechen sollen. "Heute müssen wir uns fragen, ob dieser Befund noch zutreffend ist."

Außenminister Michael Linhart (ÖVP) hat den Demokratieabbau in den Staaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) angeprangert. "Menschenrechte werden mit Füßen getreten, demokratische Rechte beschnitten und die Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt. Der Zivilgesellschaft wird die Luft zum Atmen genommen", sagte Linhart am Donnerstag bei OSZE-Jahrestreffen in Stockholm. In seiner Rede forderte er auch eine Rolle der OSZE im Afghanistan-Konflikt. Die OSZE umfasst alle Staaten Europas, der ehemaligen Sowjetunion, USA, Kanada sowie die Mongolei.

Linhart bezog sich auf die nach dem Kalten Krieg im Jahr 1990 beschlossene Charta von Paris, in der die OSZE-Staaten "ein neues Zeitalter der Demokratie, des Friedens und der Einheit" anbrechen sahen. "Heute müssen wir uns fragen, ob dieser Befund noch zutreffend ist", beklagte der Minister laut Redetext "Misstrauen, Zwietracht und Konfrontation" unter den OSZE-Staaten, aber auch die Missachtung von grundlegenden Werten der paneuropäischen Sicherheitsorganisation.

"Diese Prinzipien, diese Werte, sind nicht selbstverständlich. Sie müssen ständig aufs Neue erkämpft werden. Und sie sind keine rein interne Angelegenheit eines jeden Staates", unterstrich Linhart. "Wenn Grundrechte beschnitten werden, mindert das unser aller Freiheit. Und wenn das Recht des Stärkeren anstelle des Völkerrechts herrscht, gefährdet das unser aller Sicherheit. Das haben wir nicht nur bei der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim erlebt."

"Sie ist relevanter den je"

Linhart kritisierte auch die Blockadeanfälligkeit der aus 57 Staaten bestehenden Organisation, in der ein striktes Einstimmigkeitsprinzip gilt. Die OSZE habe ein "enormes Potenzial", könne aber "nur so gut arbeiten (...), wie es die teilnehmenden Staaten erlauben". Abhilfe schaffen könnte etwa ein zweijähriger Budget- und Programmzyklus, schlug Linhart vor.

Möglichkeiten für die OSZE sieht der Außenminister auch angesichts der Krise in Afghanistan, "die droht, zu einem sicherheitspolitischen schwarzen Loch für die Region zu werden". "Hier dürfen wir unsere zentralasiatischen Partner nicht im Stich lassen. Sondern müssen ihnen gemeinsam mit der OSZE den Rücken stärken: beim Grenzschutz, beim Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität."

Die OSZE verfüge über jene Werkzeuge, "die wir benötigen, um Konflikten vorzubeugen, diese zu begrenzen oder beizulegen", so Linhart. Es liege an den OSZE-Staaten, diese Werkzeuge in die Hand zu nehmen und im Interesse der Menschen einzusetzen. "Bringen wir neuen Wind in die OSZE. Denn sie ist relevanter denn je. Stellen wir das Gemeinsame über das Trennende."

Telefonat mit Blinken

Linhart wollte seine Teilnahme am OSZE-Rat auch zu mehreren bilateralen Treffen nützen, unter anderem mit dem russischen Außenminister Sergej Lawow. Mit dem US-Außenminister Antony Blinken, der ebenfalls am Ratstreffen teilnimmt, telefonierte der Außenminister bereits zu Wochenbeginn.

Wie das Außenministerium der APA mitteilte, will Linhart in Stockholm unter anderem mit den Chefdiplomaten von Armenien, Ararat Mirsojan, und Aserbaidschan, Jeyhun Bayramov, zusammentreffen. Dabei soll es vor allem um die Lage in Berg-Karabach angesichts der anhaltenden militärischen Spannungen zwischen den Nachbarländern gehen.

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