Leopold Figl: Im KZ nur knapp dem Tod entronnen

Kaum ein Politiker wird mit der unmittelbaren Nachkriegszeit, vor allem aber mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags so eng assoziiert wie Leopold Figl.
Der spätere ÖVP-Mitbegründer, erste Bundeskanzler nach dem Zweiten Weltkrieg, Außenminister und nö. Landeshauptmann wurde 1902 in Rust im Tullnerfeld (NÖ) als Sohn eines Landwirts geboren. Ab 1923 studierte er an der Hochschule für Bodenkultur in Wien. Seine politische Karriere begann im Bauernbund.
Worüber heute weniger gesprochen wird: Im austrofaschistischen Ständestaat war er Mitglied des Bundeswirtschaftsrats, weiters war er niederösterreichischer Führer der paramilitärischen Ostmärkischen Sturmscharen, später auch Obmann des Reichsbauernbundes.
Diese Funktionen führten dazu, dass er unmittelbar nach dem „Anschluss“ 1938 verhaftet wurde. Anfang April wurde er in das KZ Dachau verbracht, wo er schweren Misshandlungen ausgesetzt war.
1943 entlassen, versuchte Figl den Bauernbund im Untergrund wiederaufzubauen, weshalb er erneut verhaftet und ins KZ Mauthausen gebracht wurde, wo ihn wohl nur das Kriegsende vor der Exekution bewahrte.
Von Raab abgelöst
Bei der Gründung der ÖVP im April 1945 wurde er deren stellvertretender Obmann, nach den ersten Nationalratswahlen am 20. Dezember 1945 Bundeskanzler. Nach parteiinternen Konflikten löste ihn 1953 Julius Raab ab. Er wechselte ins Außenministerium und spielte in dieser Funktion eine wesentliche Rolle beim Abschluss des Staatsvertrags. Seine politische Karriere beschloss er als Nationalratspräsident und Landeshauptmann in Niederösterreich.
Viele Mythen, die Figl betreffen, sind heute widerlegt. Allen voran die Anekdote, es sei nicht zuletzt der Trinkfestigkeit des Außenministers bei den Verhandlungen mit den Sowjets zu verdanken gewesen, dass Österreich 1955 den Staatsvertrag bekam. Und die heute bekannte Aufnahme seiner Weihnachtsrede von 1945 („Ich kann Euch zu Weihnachten nichts geben...“) ist eine Rekonstruktion, die erst kurz vor Figls Tod 1965 entstand.
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