Leichtfried: "Kurz widmet sich demonstrativ seinem Handy"

Jörg Leichtfried mit der Dritten Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ).
SPÖ-Jahresbilanz: Regierung und Kanzler respektieren das Parlament nicht.

Die SPÖ bilanziert das erste Jahr der ÖVP-FPÖ-Regierung im Nationalrat mehr als kritisch. Der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried vermisst den nötigen Respekt für das Hohe Haus. Er kritisiert zum Beispiel unvollständige Anfragebeantwortungen und thematisiert, dass oft der übliche Gesetzgebungsprozess verlassen wurde.

Leichtfried hält Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor, jede zweite Sitzung des Nationalrats zu schwänzen: "Wenn er da war, hat er seinen Redebeitrag herunter gelesen und sich die restliche Zeit auf der Regierungsbank demonstrativ seinem Handy gewidmet", ärgert sich der stellvertretende Klubchef.

Ex-Verkehrsminister Leichtfried und Kurz hatten sich Anfang Dezember im Parlament einen verbalen Schlagabtausch geliefert. Leichtfried ärgerte sich damals, dass der Kanzler sich während seiner Rede am Handy "Candy Crush", einem Puzzle-Videospiel, gewidmet habe.

Leichtfried stört generell, dass die schriftlichen Anfragen nicht entsprechend beantwortet würden. Fragen würden willkürlich zusammengefasst oder uminterpretiert, andere gar nicht beantwortet werden. Dafür würden die Regierungsmitglieder in der Bundesverfassung gar nicht vorgesehene Gründe vorschieben. Der SPÖ-Politiker sieht den Versuch, die parlamentarische Kontrolle zu verhindern.

Kritik an verkürzten Begutachtungsfristen

Dazu zählt die SPÖ auch die verkürzten Begutachtungsfristen, die teils auch in sehr umfassenden und brisanten Materien eingesetzt wurden. Beim Überwachungspaket betrug die Begutachtung nur drei Wochen, beim ÖBAG-Gesetz (zur neuen Beteiligungsgesellschaft des Bundes) dauerte sie gerade einmal vier Werktage. Die Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie und die Möglichkeit zum 12-Stunden-Tag wurde überhaupt via Initiativantrag und damit ohne Begutachtung eingebracht.

Leichtfried erinnerte auch daran, dass die Regierung kürzlich geschlossen der Debatte über die drei Volksbegehren ferngeblieben war.

Als einzigartig wird schließlich das Vorhaben der Koalition geschildert, der Sozialministerin die Befugnis zu geben, im parlamentarischen Prozess befindliche Gesetze schon umzusetzen, obwohl sie noch nicht beschlossen sind. Immerhin sei es der Opposition gelungen, diesen "in dieser Form nie da gewesenen Versuch, die Rechte des Parlaments auszuhebeln", letztlich zu Fall zu bringen, sieht Leichtfried einen Erfolg für seine Partei.

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