"Lei-Lei" und "Lei lossn": Kärnten ist und wählt anders

Kärntner Käsnudel zu formen ist eine Kunst.
Ob SPÖ, FPÖ oder BZÖ – Kärntner wählten stets wider dem Österreich-Trend. Was ist typisch für dieses Land, das heute zur Urne schreitet?

"Vom Hudeln werdn lei Kinder", lautet ein Kärntner Spruch. Soll heißen, dass eine ungewollte Schwangerschaft droht, wenn man die Sache unüberlegt und überhastet angeht. Wenn die Kärntner diesen Rat auch befolgen würden, hätten sie nicht die höchste Quote an unehelichen Babys österreichweit. Der KURIER zeigt in diesem ABC an einigen Beispielen, wie jenes Bundesland tickt, das heute einen neuen Landtag wählt.

Abwehrkampf: Nachdem Kärnten 1918 den Beitritt zur Republik Deutschösterreich erklärte, kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit eindringenden Truppen des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS-Staat) in Südostkärnten. Bei der Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 entschieden sich die Bürger für den Verbleib bei Österreich.

Beachvolleyball: 21 Jahre lang schien das Event am Wörthersee unverzichtbar für den Tourismus. 2017 fand die Veranstaltung in Wien statt. Klagenfurt schrieb zuvor mit 430.805 Nächtigungen einen Allzeit-Rekord.

China: Touristiker werben in China um Gäste, der Klagenfurt-Airport versucht, chinesische Airlines an Land zu ziehen.

Dialekt: Umfragen zufolge ist der Kärntner Dialekt der beliebteste. Er ist sogar im Wahlprogramm der SPÖ-Kärnten enthalten. Sie will den Dialekt bewahren, künftig sollen Bücher und Diplomarbeiten zum Thema vom Land Kärnten mitfinanziert werden.

Eishockey: Eislaufen und Schwimmen sollte man als Kärntner beherrschen, Eishockey hat hier eine große Tradition, was sich in den hart umkämpften Derbys zwischen Klagenfurt und Villach widerspiegelt.

Fasching: In der "fünften Jahreszeit" geht das Städteduell in die Verlängerung. Ob "Lei Lei" (Villach) oder "Wai-Wai" (Klagenfurt) mehr Lacher produziert, ist strittig. Die Villacher leiden unter TV-Zuschauerschwund, die Klagenfurter wurden heuer wegen ihrer Scherze über Asylwerber kritisiert.

Gruselig: Im Schloss Porcia in Spittal spukt es (angeblich). Stets kommen Geisterjäger aus aller Welt vorbei, um der zum Gespenst gewordenen einstigen grausamen Gräfin Katharina von Salamanca zu begegnen.

Hochzeit:Kärntner erfüllen sich rasch den Kinderwunsch. 54 % der Kinder sind unehelich, damit ist Kärnten in Österreich führend. Der Schnitt liegt bei rund 42 Prozent.

Ingrid Flick: Mit einem Familienvermögen von 8 Milliarden € ist Ingrid Flick die reichste Kärntnerin vor Heidi Horten (2,8 Mi Mrd.).

Jörg Haider: Der verstorbene Landeshauptmann spielte im Wahlkampf keine Rolle mehr. Nur das BZÖ versucht noch, mit ihm zu punkten, sieht sich als "Haiders Erbe".

Kasnudel: Kann eine Frau krendln (den Rand der Kärntner Nudel formen), ist sie heiratsfähig, sagt der Volksmund. Das ist nicht das einzige Problem, denn die Fülle macht den Unterschied. Der Topfen spielt immer die Hauptrolle, aber ob er mit Semmelbrösel abgerührt wird oder mit passierten Erdäpfeln, ist in Kärnten eine Gretchenfrage. Selbst dann existiert noch eine Fifty-fifty-Chance des Scheiterns: Liebt oder hasst der Gast Minze?

Lindwurm: Das Wahrzeichen und Wappentier Klagenfurts. Der Drache soll einst die Sümpfe rund um den Wörthersee unsicher gemacht haben. Um das Untier bei Laune zu halten, musste ihm alljährlich eine Jungfrau geopfert werden – bis mutige Männer wie Herkules den Lindwurm erschlugen. Das sechs Tonnen schwere Wahrzeichen soll 1593 von 300 weiß gekleideten Jünglingen auf den Neuen Platz transportiert worden sein.

Mittelalter: In Friesach wird seit dem Jahr 2009 eine mittelalterliche Burg gebaut – ohne Maschinen und mit reiner Muskelkraft. Das von der Europäischen Union finanziell unterstützte Projekt namens "Siegfriedstein" wird noch Jahrzehnte laufen.

Namenlos: Vor 2000 Jahren lebten auf dem heute kaum besiedelten Magdalensberg bei Klagenfurt 3000 Menschen. Wie die Stadt hieß, wissen Forscher bis heute nicht.

Otter: Die gefräßigen Marder sorgen dafür, dass die ebenfalls streng geschützte Kärntner Urforelle, die hauptsächlich in der Görtschitz vorkommt, inzwischen vom Aussterben bedroht ist. Die heikle Frage, ob die Fischotter bejagt werden sollen, wurde letzte Woche von der Politik aufgeschoben. Die neue Regierung muss sie beantworten.

Parität: Davon wird man im neuen Kärntner Landtag weit entfernt sein. Nur ein Fünftel der Kandidaten auf den diversen Listen ist weiblich.

Quereinsteiger: Kärntens ÖVP-Chef Christian Benger, der 2014 Gabriel Obernosterer als Landesparteichef und Wolfgang Waldner als Landesrat beerbte, schlägt heute seine erste Landtagswahl.

Radland: Mit seinen 1270 Seen alleine kann Kärnten nicht mehr punkten, immer mehr verschreibt man sich dem Radtourismus. Die Montainbike-Downhill-Strecke auf der Petzen bei Bleiburg ist mit 11 Kilometern die längste Europas. Auf der Gerlitzen bei Villach ist nun ein noch längerer Trail geplant.

Straßen: Kärntens Landesstraßen sind bundesweit die holprigsten: 42 Prozent sind in mangelhaftem Zustand, 20 Prozent in schlechtem und vier Prozent in sehr schlechtem. Geld fehlt. Straßenreferent Gerhard Köfer (Team Kärnten) hatte ein jährliches Budget von 20 Millionen, Vorgänger Gerhard Dörfler (FPK) mehr als das Doppelte.

Tscheppaschlucht: "Tscheppan" heißt so viel wie krachen. Obwohl sich das Ausflugsziel bei der Büchsenmacherstadt Ferlach befindet, wird hier nicht geschossen. Der Lärm kommt vom Wasserfall des Loibl-Baches.

Ulrichsberg: Das Meeting von Kriegsveteranen und deren Angehörigen am Ulrichsberg wurde stets auch von Neonazis als Tummelplatz genutzt. Einst kamen Tausende Besucher, 2017 nur noch 200.

Volksfeste: Auf den Wiesenmärkten kaufte die Landbevölkerung einst ihren Jahresbedarf an Kleidung, Geschirr und Werkzeug. Der Sankt-Veiter-Wiesenmarkt, seit 1362 abgehalten, sieht sich selbst als größtes Brauchtumsfest Österreichs.

Wulfenia: Die lilafarbene Pflanze, entdeckt im Jahr 1779 auf dem Nassfeld in Kärnten, wird auch "Kuhtritt" oder "Hundszunge" genannt. Sie ist weltweit einzigartig, wächst nur auf dem rund zehn Quadratkilometer großen Areal, und ist streng geschützt. Fotografieren erlaubt, Pflücken verboten.

Xangsverein: "Zwei Kärntner, ein Xangsverein (Gesangverein, Anm.)", lautet ein Sprichwort. Die Liebe ist das Hauptthema der Lieder, aber die Palette reicht von schlüpfrig-derb über romantisch bis todtraurig.

Yoga: Der Wörthersee-Tourismus setzt neuerdings auf Yoga. Kurse werden angeboten, sogar ein Yoga-Wanderweg existiert, Mitte Juni steigt ein Yoga-Festival.

Zahlenspiel: Wien ist mit 24.000 dort lebenden Kärntnern quasi die viertgrößte Stadt Kärntens nach Klagenfurt (100.000), Villach (62.000) und Wolfsberg (25.000).

Kommentare