Landflucht: „Schrumpfung aktiv gestalten“

Landflucht: „Schrumpfung aktiv gestalten“
Was Landgemeinden gegen die Landflucht tun können, erklärt Raumplanerin Gerlind Weber.

Raumplanerin und Soziologin Gerlind Weber über die Ursachen der Landflucht – und was man am Land dagegen tun kann:

KURIER: Frau Weber, was sind eigentlich die Ursachen für die Landflucht?

Gerlind Weber: Globalisierung bedeutet Zentralisierung. Die Gesellschaft wird heterogener, die Menschen machen sich auf die Suche nach ihrem Lebensglück, und hier bieten Städte und Ballungszentren – real oder vermeintlich – die besseren Antworten. Junge Menschen wollen einfach viele verschiedene Optionen haben. Je größer die Stadt, desto attraktiver ist sie. Abgesehen von diesen „Bildungs- und Arbeitswanderern“ gibt es später die „Häuslbauer“. Also diejenigen, die nach der Ausbildung wieder aus dem Ballungszentrum hinaus in den Speckgürtel siedeln – etwa, weil es dort günstigere Baugründe gibt.

Muss die Politik eigentlich etwas unternehmen? Man könnte ja auch sagen: Gut, wenn die Menschen lieber in Ballungszentren leben wollen, dann ist es eben so.

Aus Sicht der Raumplanung ist es ein No-Go, die ländlichen Regionen aufzugeben. Wir brauchen sie, um die großen Herausforderungen zu lösen. Denken Sie an den Klimawandel. Wir brauchen eine Re-Regionalisierung der Ernährung. Weil wir bei Lebensmitteln derzeit extrem vom Ausland abhängig sind – jede dritte Kalorie wird importiert. Und weil die weiten Transportwege das Klima belasten.

Aber was können die ländlichen Regionen tun?

Sie müssen den Schrumpfungsprozess aktiv gestalten und sich besser koordinieren. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist der Kindergarten zwischen Malta und Gmünd. Die haben einen der beiden Kindergärten zugesperrt und aus einer alten Schule einen Kindergarten für 120 Kinder gemacht. Was war die Folge? Sie können fünf verschiedene Betreuungsmodelle anbieten. Das ist attraktiv und vielfältig wie in der Stadt. Ein kleiner Landkindergarten allein würde das so nie schaffen.

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