Koalition fix: Vorarlberg wird schwarz-grün

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Grünen-Landessprecher Johannes Rauch: die Köpfe der neuen Regierung in Vorarlberg.
Zwei Wochen nach Wahl paktiert. Grüne versprechen "innovative Zukunftsregierung".

Das Jawort zur vierten schwarz-grünen Ehe auf Landesebene wurde im Eilzugstempo vollzogen: Nur sieben Tage verhandelten Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Grünen-Chef Johannes Rauch – dann stand der Pakt. Montagabend wurde das Koalitionspapier im Umfang von 75 Seiten von den Landesparteivorständen abgesegnet. Wallner lobte das Koalitionsübereinkommen als „eines der besten Papiere, die es in Österreich gibt“. Das sieht auch Rauch so: „In unserem Koalitionspakt steht ein klares Bekenntnis zum Asyl. Vorarlberg wird seine Quote erfüllen und wir wollen alle Gemeinden motivieren Flüchtlinge aufzunehmen.“

Die Grünen sitzen nun in sechs Landesregierungen (Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Kärnten und Wien) als Junior-Partner. Im Ländle erhalten die Grünen zwei der insgesamt sieben Regierungssitze. Neben Wahlsieger Johannes Rauch werden die Grünen Katharina Wiesflecker, stellvertretende Klubobfrau, in die Regierung schicken. Bis Montagnachmittag war allerdings noch offen, wer in der ÖVP seinen Job als Landesrat räumen muss. Sehr wahrscheinlich ist, dass Erich Schwärzler, seit 1993 Landesrat, das Umweltressort an Rauch abgeben muss.

Kooperation statt Konfrontation

„Die Koalition stellt Kooperation statt Konfrontation in den Vordergrund“, so Rauch. Bildung und Verkehr waren im Mittelpunkt der Koalitionsverhandlungen. Für die nächsten fünf Jahre ist ein 300-Millionen-Mobilitätspaket geplant. Beim Knackpunkt dem Tunnelprojekt in Feldkirch einigte man sich darauf, dass die Baustufe I mit einem Investitionsvolumen von 120 Millionen Euro auch von den Grünen mitgetragen wird. „Für die Baustufe II gibt es von uns allerdings keine Zustimmung“, so Rauch. Weitere 180 Millionen werden in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs investiert. Ein weiterer „Meilenstein“ des Koalitionspaktes ist der Mindestgehalt von 1500 Euro für Landesbedienstete und Arbeitnehmern in landesnahen Betrieben. „Mit unserem Programm haben wir eine innovative Zukunftsregierung geschaffen“, so Rauchs Fazit.
Wirklich fix ist das Koalitionsübereinkommen erst, wenn Rauch bei der Landesversammlung der Grünen am Donnerstag eine Zweidrittelmehrheit dafür bekommt. Ungewöhnlich für die Transparenz-Politik der Grünen ist, dass die Versammlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden soll.

1984 zogen die Grünen in den Vorarlberger Landtag ein. Dreißig Jahre danach haben sie das geschafft, was Parteichef Johannes Rauch seit Jahren anvisiert: Ab 15. Oktober werden die Grünen gemeinsam mit der ÖVP die Landesregierung stellen. Es ist dies das zweite Mal seit 1945, dass die Volkspartei einen Partner in die Regierung aufnehmen musste. 64 Jahre lang regierte sie mit absoluter Mehrheit.

Den Großteil dieser Zeit gestand die ÖVP aber trotzdem der SPÖ (bis 1974) sowie der FPÖ (1949 bis 2009) einen Regierungssitz zu. Eine echte Koalition gab es bisher indes nur zwischen 1999 und 2004 mit der FPÖ. Vor einer Alleinregierung hatte die Volkspartei bis 2009 immer zurückgeschreckt. In diesem Jahr führten die antisemitischen Aussagen des Freiheitlichen Parteichefs Dieter Egger in Verbindung mit dem Direktor des Jüdischen Museums Hohenems allerdings zum Rauswurf seiner Partei aus der Regierung. Nachdem die ÖVP in der Folge auch mit den Grünen auf keinen grünen Zweig kam, regierte sie bis 2014 allein.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bildete die ÖVP trotz ihrer absoluten Stimmen- und Mandatsmehrheit mit der SPÖ eine Konzentrationsregierung, in die 1949 auch der Wahlverband der Unabhängigen (WdU), die Vorgänger-Partei der FPÖ, aufgenommen wurde. Für den Vertreter der WdU mussten 1949 die Sozialdemokraten, die bis dahin zwei Regierungsmitglieder gestellt hatten, einen Regierungssitz abgeben.

Waren zunächst also alle Landtagsparteien in der Vorarlberger Landesregierung vertreten, so änderte sich dies nach der Landtagswahl 1974. Die SPÖ hatte sich in der Landtagsperiode 1969 bis 1974 als sogenannte "Bereichsopposition" zu profilieren versucht. Sie regierte gemeinsam mit der ÖVP, nahm im Landtag aber auch gleichzeitig die Oppositionsrolle ein. Mit dem SPÖ-Landesrat Ernst Winder, Mitglied der Landesregierung seit 1972, wollte die ÖVP nach der Wahl 1974 nicht mehr zusammenarbeiten, die Sozialdemokraten bestanden aber auf Winder - mit dem Resultat, dass die SPÖ aus der Regierung fiel. 1974 war also auch die Geburtsstunde der Opposition im Vorarlberger Landesparlament. Seit damals stellte die ÖVP in jeder Koalition sechs der sieben Regierungsmitglieder, seit 2009 regierte sie allein.

Zwar versuchte die FPÖ zeitweise eine ähnliche Strategie wie zu Beginn der 1970er Jahre die SPÖ, Konsequenzen hatte dies für die Freiheitlichen aber keine. Von 1999 bis 2004, nach dem Verlust der absoluten Mandatsmehrheit der ÖVP, war die FPÖ nicht nur auf Einladung der ÖVP Regierungsmitglied, sondern bildete mit der Volkspartei eine "echte" Koalition. Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach übernahm 1999 das Amt des Landesstatthalters (Landeshauptmannstellvertreters), 2003 folgte ihm Egger. Nach der Wahlschlappe der FPÖ 2004 bis zu seinem Regierungsrauswurf 2009 war Egger nur noch "einfacher" Landesrat.

1984 kam mit den Grünen schließlich eine vierte Partei in das Vorarlberger Landesparlament. Nach anfänglichen 13 Prozent der Stimmen verlor die Ökopartei allerdings in den folgenden Jahren an Bedeutung. Erst seit der Landtagswahl 2004, als die Grünen erneut die Zehn-Prozent-Marke überschritten, legten sie kontinuierlich zu. Auftrieb für die heurige Landtagswahl gaben ihnen die positiven Ergebnisse der Nationalratswahl 2013 und der EU-Wahl im Frühling 2014. In der Koalition mit der ÖVP stellen die Grünen zwei der sieben Landesräte. In Österreich tragen die Grünen neben Vorarlberg derzeit in fünf Bundesländern (Oberösterreich, Tirol, Salzburg, Wien, Kärnten) Regierungsverantwortung.

Gewählt wird die Vorarlberger Landesregierung seit 1923 nach dem Mehrheitssystem. Das heißt, über die Bestellung des Landeshauptmanns und der anderen Regierungsvertreter entscheidet - anders als beim Proporzsystem (Verhältniswahlrecht) - einzig und allein die Mehrheit der Landtagsabgeordneten. Seit 1945 setzt sie sich ohne Ausnahme aus dem Landeshauptmann, seinem Stellvertreter sowie fünf weiteren Regierungsmitgliedern zusammen.

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