Kurz präsentiert Moscheen-Studie

Integrations- und Außenminister Sebastian Kurz.
Mehr Personal für Kultusamt gefordert. Kultusamt weist Vorwurf der Untätigkeit zurück.

Mitten im Intensivwahlkampf macht Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) auf das Thema Politischer Islam aufmerksam.

Kurz fordert mehr Personal für das im Kanzleramt angesiedelte Kultusamt. Damit soll sichergestellt werden, dass Moscheen kontrolliert werden, ob sie das Islamgesetz einhalten. Bei Verstößen sollen sie aufgelöst werden, so der ÖVP-Obmann am Montag, zwei Wochen vor der Nationalratswahl, bei der Präsentation der Studie "Rolle der Moschee im Integrationsprozess".

Inhalte der Predigten analysiert

Kurz präsentiert Moscheen-Studie
ABD0042_20171002 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Studienautor Imet Mehmedi, Studienautor und Islamismus-Experte Heiko Heinisch und Integrations- und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag, 2. Oktober 2017, anlässlich einer Pressekonferenz anlässlich der Studienpräsentation "Die Rolle der Moschee im Integrationsprozess" in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Für den Forschungsbericht wurde von Heiko Heinisch und Imet Mehmedi im Auftrag desÖsterreichischen Integrationsfonds (ÖIF) die Wiener Moscheenlandschaft untersucht und die Inhalte der Predigten der reichweitenstärksten Moscheen und muslimischen Glaubenshäuser analysiert. Insgesamt wurden 16 Moscheen und deren Träger, die Kultusgemeinden, untersucht, indem Beobachter mehrfach an den Freitagspredigten teilnahmen und deren Kernaussagen auswerteten. Neun der 16 Imame waren auch zu Interviews bereit, hieß es.

Studie zeigt Probleme bei Integration durch Moscheen auf

Auch fundamentalistische Tendenzen

Nur zwei der untersuchten Moscheen unterstützen aktiv die Integration in die österreichische Gesellschaft und fordern diese ein. In mehr als einem Drittel der untersuchten Moscheen wird hingegen der Integration entgegengewirkt. Besonders in den türkischen Moscheen seien auch fundamentalistische Tendenzen zu erkennen, vielfach werde ein offener Nationalismus gepredigt. In einer dieser Moscheen werde islamische Überlegenheit propagiert und die österreichische Mehrheitsgesellschaft sowie ihre Werte abgelehnt, erklärte Heinisch bei der Pressekonferenz.

Die Ergebnisse seien nicht repräsentativ, da die Moscheenlandschaft zu heterogen sei, gab Heinisch zu bedenken. Die Ergebnisse würden aber belegen, dass es beim Integrationsprozess große Probleme gebe.

Nach Ethnien getrennt, strikte Geschlechtertrennung

Kurz präsentiert Moscheen-Studie
Union Islamischer Kulturzentren in Österreich Moschee, Wien 15.Bezirk, Pelzgasse 9, am 17.10.2013
Die Wiener Moscheenlandschaft ist stark nach Ethnien getrennt, die Predigt in den untersuchten Gebetshäusern finde auch ausschließlich in der jeweiligen Landessprache statt. Moscheen, in denen auf Deutsch gepredigt wird, seien die Ausnahme.

Außerdem herrscht in den Moscheen strikte Geschlechtertrennung. Zwar verfügen manche über einen eigenen Raum für Frauen, dieser wurde aber von Männern beim Freitagsgebet zur Gänze in Anspruch genommen. Imet Mehmedi berichtete weiters, dass die Imame laut eigenen Angaben keinen Kontakt zu anderen Imamen haben. Zwar verfügen manche über einen eigenen Raum für Frauen, dieser wurde aber von Männern beim Freitagsgebet zur Gänze in Anspruch genommen. Imet Mehmedi berichtete weiters, dass die Imame laut eigenen Angaben keinen Kontakt zu anderen Imamen haben.

"Integrationsskala"

Für die Studie wurde eine fünfstufige Integrationsskala angelegt, von Segregation - der prinzipiellen Ablehnung der Mehrheitsgesellschaft - bis hin zur Identifikation. Diese letzte Stufe sei von keinem einzigen Moscheeverein erreicht worden, erklärte Heinisch. In einer Moschee der islamischen Föderation, die sich auf dem Weg der Segregation befindet, werde von islamischer Überlegenheit und einem Weltherrschaftsanspruch gesprochen. "Die fundamentalistischen Tendenzen sind nicht wegzudiskutieren", so Heinisch. Auch sei etwa der Dschihad als positiver islamischer Wert dargesellt worden.

Den Forschungsbericht zum Download finden Sie hier.

Kein Generalverdacht

Kurz betonte, es dürfe keinen Generalverdacht gegen Muslime oder Moscheen geben. "Man darf aber nicht wegsehen, wenn es Kultusgemeinden gibt, die sich nicht an das Islamgesetz halten." Die Ergebnisse zeigen große Unterschiede auf. Es wäre aber ein Fehler, zu sagen, alles sei in Ordnung, es gebe keine Probleme. Das Kultusamt habe die Möglichkeit, zu prüfen: "Das ist aber noch nicht passiert." Daher habe das Integrationsministerium die Initiative ergriffen - die Beauftragung erfolgte vor rund einem Jahr. Die Ergebnisse wurden nun dem Kultusamt übermittelt.

Die Aktion von Staatssekretärin Muna Duzdar am Sonntag begrüßt Kurz, sie sei aber "relativ spät" gekommen. Duzdar hatte bekannt gegeben, dass bei bis zu 60 islamischen Imamen Anhaltspunkte für verbotene Auslandsfinanzierung gefunden worden sei. Er erwartet sich nun, dass das Kultusamt und das Bundeskanzleramt genau prüfen, ob es Verstöße gegen das Islamgesetz gegeben hat: "In unseren Augen ist das der Fall." Auch sollten Konsequenzen gezogen werden, schließlich gebe es die Möglichkeit zur Auflösung: "Und das sollte auch stattfinden", wenn gegen das Gesetz verstoßen wurde, forderte der ÖVP-Spitzenkandidat.

Duzdar weist Vorwurf zurück

Das im Bundeskanzleramt angesiedelte Kultusamt hat den Vorwurf von Kurz, wonach man untätig wäre, zurückgewiesen. Im Zuständigkeitsbereich des Kultusamts sei man "natürlich tätig", hieß es am Montag aus dem Staatssekretariat von Duzdar gegenüber der APA. Die von Kurz vorgestellte Studie über Moscheen sei erst am Vormittag auf Nachfrage übermittelt worden.

FPÖ sieht Kurz-Versagen

Die Freiheitlichen sehen in den Ergebnissen der Studie zur Rolle der Moschee im Integrationsprozess ein Versagen von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP). FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache forderte statt noch mehr Untersuchungen strenge Kontrollen und Schließungen.

Kurz hätte in seiner Funktion sieben Jahre Zeit gehabt, etwas zu unternehmen. "Dass dies nun alles kurz vor der Wahl passiert, ist ein durchsichtiges Kampagnisieren", kritisierte Strache in einer Aussendung. "Jede Kritik von Sebastian Kurz ist in Wahrheit eine Selbstanklage und ein Zeichen seines eigenen Versagens", stellte Generalsekretär Herbert Kickl fest.

Dort, wo es konkrete Verdachtslagen der Demokratiefeindlichkeit gibt, sei eine Überprüfung durch das Kultusamt notwendig, erklärte Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Für sie steht fest, dass auch die IGGiÖ sich mit diesen Tendenzen in ihren Kultusgemeinden auseinandersetzen muss. Sie spricht sich dafür aus, dass auch die Prüfberichte des Kultusamts dem Parlament zugeleitet werden. Korun hegt aufgrund der Erfahrungen mit der "im Ministerium von Kurz-Mitarbeitern - überarbeiteten und umformulierten Islam-Kindergärten-Studie Zweifel": "Da ist Vorsicht geboten, zumal Integrationsprobleme und Staats- und Demokratiefeindlichkeit nicht automatisch ein und dasselbe sind."

Moscheen als Integrations-Hemmnisse

Kommentare