"Zu eng"
Strafbar ist der Mandatskauf aber erst, wenn das Mandat zugeteilt wurde. Die Befürchtung der WKStA lautet – vereinfacht gesagt –, dass sich die Parteien für Listenplätze bestechen lassen, und der Kandidat eben auf sein Mandat verzichtet oder umgereiht wird, wenn der Deal auffliegt.
Ähnliches gilt für Kandidaten, die sich für ein Amt bewerben. Wer auf das Amt verzichtet, bleibt straffrei.
Die WKStA kritisiert noch zwei weitere Voraussetzungen für die Strafbarkeit: Erstens muss der Kandidat, der ein pflichtwidriges Amtsgeschäft verspricht, laut Gesetzesentwurf eine „realistische Chance“ auf das angepeilte Amt haben. Zweitens muss sich der Kandidat „im Wahlkampf“ befinden.
Diesen Umstand haben die Neos bereits bei der Vorlage des Entwurfs im Jänner kritisiert: Eine „Causa Ibiza“ wäre weiterhin möglich, man muss nur gut planen. Zwischen der Ankündigung einer Neuwahl und dem Beschluss sind 2017 zwei Monate vergangen. Es gibt ein Zeitfenster, in dem man mit Versprechen (wie sie Heinz-Christian Strache der Oligarchennichte gemacht hat) straffrei bleiben könnte.
Die Causa Ibiza war Anlass für dieses Gesetzespaket, aber auch das Oberlandesgericht Wien stellt in seiner Stellungnahme fest: Der gewünschte Lückenschluss gelingt nicht vollständig.
"Zu vage"
Anderen Rechtsexperten hingegen ist das Gesetz zu vage. So warnte etwa Rechtsanwalt Oliver Plöckinger vor einigen Wochen in einem Gastkommentar in der Presse vor einem Verfassungsbruch. Er verwies auf den Grundsatz: Keine Strafe ohne Gesetz.
Auch die Staatsanwälte-Vereinigung stößt sich an Begrifflichkeiten wie „nicht bloß hypothetisch möglich“. Das eröffne einen „sehr weiten Interpretationsspielraum“, ab wann sich ein Amtsträger in spe strafbar macht oder nicht.
Ähnlich sieht es Verfassungsexperte Christoph Bezemek von der Uni Graz: „Der Gesetzgeber muss ganz klar zum Ausdruck bringen, welches Verhalten er strafen will. Der vorliegende Entwurf ist aber so sehr um Differenzierung bemüht, dass die Verständlichkeit an manchen Stellen stark gelitten hat.“ Kurzum: „Das Gesetz ist unbestimmt, weil es überbestimmt ist.“
Der Aufruf an Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) lautet nun, das Gesetz zu straffen, um Klarheit zu schaffen. Die Begutachtungsfrist endet am Donnerstag, der Zeitpunkt für einen Beschluss ist völlig offen.
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