Krankenstand: Wirtschaftliche Folgen
Er rechnet vor, dass selbst der vermeintlich kleine Sprung von 13 auf 15 gravierende wirtschaftliche Auswirkungen habe: „Jeder Krankenstandstag kostet den Betrieb mindestens 250 Euro. Drei zusätzliche Krankenstandstage entsprechen etwa einem Prozent des gesamten Arbeitsvolumens. Und ein Prozent mehr oder weniger Arbeitsvolumen kann über eine Rezession oder ein leichtes Wachstum entscheiden.“
Oder anders ausgedrückt: Die durch krankheitsbedingte Ausfälle verursachten direkten und indirekten Kosten beliefen sich im Jahr 2024 auf rund 5,8 Milliarden Euro bzw. 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). „Insofern können wir uns ein Nichthandeln nicht leisten“, sagt Wifo-Vizedirektorin Christine Mayrhuber im Rahmen der Präsentation der Daten.
Lange und teuer
Besonders kostenintensiv sind dabei die Fälle mit längerer Dauer, da sie neben der Entgeltfortzahlung oft auch Ersatz- und Überbrückungslösungen erforderlich machen.
Genau auf diesen Bereich legte die diesjährige Wifo-Untersuchung ihren Fokus. Dabei handelt es sich um Arbeitsunfähigkeit von mehr als 43 Tagen. Während im Jahr 1990 31,6 Prozent aller Krankenstandstage auf Langzeitkrankenstände entfielen, lag dieser Anteil im Jahr 2024 bereits bei 39,2 Prozent.
Fälle mit einer durchgehenden Abwesenheit von mindestens 40 Tagen machten dabei laut Studie 3,1 Prozent aller Krankenstandsfälle aus, verursachten jedoch rund 40 Prozent der gesamten Krankenstandstage.
Die Mehrzahl der Fehltage bei den Langzeit-Krankenständen lassen sich auf drei Diagnosen zurückführen: Verletzungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen und psychische Störungen. Wobei Letztere in den vergangenen Jahren an Bedeutung zugenommen haben, so die Experten.
Je nach Altersgruppe gibt es aber Unterschiede: Bei den Unter-25-Jährigen dominieren Verletzungen und Vergiftungen. Bei den 25- bis 44-Jährigen sind es dann vor allem psychische Beschwerden und schließlich, bei den älteren Beschäftigten, Leiden des Bewegungsapparats sowie schwere chronische Erkrankungen wie Krebs.
Maßnahmen greifen nicht
Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung in der Arbeiterkammer Wien, sieht angesichts der Zahlen zum Langzeit-Krankenstand akuten Handlungsbedarf: „Die derzeit vorgesehenen Maßnahmen der Frühintervention, mit deren Hilfe Menschen möglichst rasch wieder ins
Erwerbsleben zurückkehren können, erreichen nur eine äußerst geringe Zahl an Personen“, kritisiert er. Insbesondere bei den Langzeitkrankenständen der 45- bis 64-Jährigen gebe es noch viel Spielraum, da 40 Prozent der Fälle, aber 60 Prozent der Tage auf diese Altersgruppe entfallen, so Panhölzl.
Er fordert den Ausbau der Gesundheitsvorsorge auf Basis eines Präventionsgesetzes. Nötig sei auch eine bessere Versorgung von chronischen Krankheiten durch spezielle Programme, also ein sogenanntes Disease Management, wie es für Diabetes bereits üblich ist.
Geldfrage
Freilich: „Ohne eine Brückenfinanzierung für diese Bereiche sind keine Fortschritte für mehr gesunde Lebensjahre und weniger Krankheit zu erwarten“, betont der Arbeiterkammer-Experte. Keine geringe Herausforderung angesichts der aktuellen Sparzwänge, nicht zuletzt bei den Krankenversicherungen.
„Ziel muss sein, möglichst frühzeitig zu intervenieren“, sagt Peter McDonald, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger. Er spricht sich dafür aus, dass Anreizsysteme noch stärker auch in den Versicherungen eingebaut werden. Etwa, dass Patienten, die sich um die Gesundheitsvorsorge kümmern, belohnt werden.
Weiters will McDonald die Krebsvorsorge forcieren, allen voran bei Darm-, Brust- und Gebärmutterhalskrebs.
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