Korruptionsvorwürfe gegen Hahn - Vermutlich keine Konsequenzen

Korruptionsvorwürfe gegen Hahn - Vermutlich keine Konsequenzen
Hahn soll OLAF-Untersuchungen unterbunden haben. EU-Kommission weist Vorwürfe zurück.

Die von der Zeitung Libération erhobenen Korruptionsvorwürfe gegen EU-Kommissar Johannes Hahn werden wohl keine weitreichenden Konsequenzen nach sich ziehen. Die Entscheidung, ob eine interne Untersuchung gegen Hahn eingeleitet wird, trifft EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Ein Behördensprecher sowie das Büro des konservativen EU-Kommissars weisen die Vorwürfe jedoch aufs Schärfste zurück. Auch andere Stimmen rechnen mit keinen Folgen in der Causa.

Die Vorwürfe gegen Hahn wiegen schwer. Nach Recherchen von des französischen Blatts Libération nahm Hahn im Dezember 2015 an einer Jagdgesellschaft teil, die von der belgischen Lobby der Landbesitzer (ELO) bezahlt wurde. Das Abendessen in Höhe von 2.178 Euro mit insgesamt elf Personen, darunter der Chef der Lobbyorganisation, am Vorabend bezahlte demnach der EU-Rechnungshof (EHR). Organisiert wurde das Dinner von dem damaligen belgischen RH-Mitglied, Karel Pinxten.

Einladung "rein privater Natur"

Laut Libération wäre er gemäß dem Verhaltenskodex verpflichtet gewesen, die Teilnahme bei der Kommission registrieren zu lassen - auch weil Pinxten damals im Rechnungshof Prüfer für den Zuständigkeitsbereich von Hahn war. Ein Detail am Rande: Pinxten wurde vergangenen September verurteilt, weil er fast 500.000 Euro an EU-Geld missbräuchlich verwendet haben soll.

Aus dem Büro Hahn hieß es gegenüber dem Standard, dieser habe in Begleitung seiner damaligen Partnerin teilgenommen, die einen Jagdschein besitze. Daher sei es auch nicht erforderlich gewesen, die Einladung "rein privater Natur" in das Transparenzregister einzutragen.

Ein weitere Vorwurf gegen Hahn steht im Raum: Laut Liberátion wurden Ermittlungen der EU-Antibetrugsbehörde OLAF auf Druck einiger Mitgliedstaaten und Hahn abgebrochen. OLAF hat sich bisher auf die APA-Anfrage dazu nicht geäußert.

"Jagdtrip doch sehr überraschend"

"So einen Fall habe ich eigentlich noch nie zuvor gesehen", sagte Magarida Silva von der NGO "Corporate Europe Observatory" gegenüber der APA. Es gebe verschiedene Treffen und Konferenzen, "aber ein Jagdtrip ist doch sehr überraschend". Ihrer Meinung nach hätte Hahn die Einladung gar nicht annehmen sollen, er hätte damit gegen den Verhaltenskodex für EU-Kommissare verstoßen.

Für die EU-Kommissare gelten strenge Verhaltensregeln. Artikel 6 des Verhaltenskodex besagt etwa, dass Kommissionsmitglieder "keine Angebote zur Bewirtung annehmen dürfen". Die Entscheidung, ob eine interne Untersuchung der Vorwürfe gegen Hahn eingeleitet wird, treffe die EU-Kommissionspräsidentin, betonte Silva. Sie glaubt an keine weiteren Ermittlungen, "in den meisten Fällen passiert nichts".

Ein Sprecher der EU-Kommission hatte bereits eingeräumt, dass Hahn an einer von der Lobby der Landbesitzer organisierten Jagd teilgenommen habe. Gleichzeitig stellte er aber auch klar, dass er dies nicht hätte melden müssen. Seiner Meinung nach handelte es sich um eine Einladung mit "sozialem Charakter", die von einem Freund weitergeleitet wurde, und nicht um eine "organisierte Veranstaltung zur Diskussion der EU-Politik".

Der grüne EU-Mandatar und Mitglied des Haushaltskontrollausschuss im EU-Parlament, Daniel Freund, stellt allgemein die Regeln zu Treffen mit Lobbyisten infrage. "Alles was irgendwie den Eindruck erweckt, man könnte da jemanden etwas schulden oder käuflich sein, ... das darf nicht passieren", sagte Freund der APA. Den Kommissaren stehe schlussendlich auch eine Repräsentationszulage zur Verfügung, da könne man das "auch selber bezahlen". Er sehe aber bei "einer Einladung" zur Jagd direkt keine weitreichenden Folgen für den Kommissar.

Unter den EU-Abgeordneten des EU-Haushaltskontrollausschusses rumort es. Die Vorwürfe gegen den Rechnungshofpräsidenten Klaus-Heiner Lehne, dem Missbrauch bei Wohnbeihilfen und Spesenabrechnungen unterstellt werden, sollen beleuchtet werden. SPÖ-EU-Abgeordneter Hannes Heide, ebenfalls Haushaltskontrollausschuss, will eine breitere Untersuchung anregen, die den Fall Hahn miteinbezieht. "Das Bild, das sich ergibt, wie hier Budgetkommissar und höchste Rechnungsprüfungsinstanz gemeinsam agieren, ist kein gutes", so Heine gegenüber der APA. Laut Freund fordern auch einige EU-Mandatare, Hahn soll im zuständigen Ausschuss dazu Stellung zu nehmen. Die Ausschutzvorsitzende, die konservative EU-Abgeordnete Judith Hohlmeier, wollte sich auf APA-Anfrage dazu nicht äußern.

Der Autor des Libération-Artikels Jean Quatremer beruft sich auf Zeugen, die namentlich nicht genannt werden. Er kündigte weitere Enthüllungen zu den europäischen Institutionen für die kommenden Wochen an.

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