Konflikt im Wald: Warum es eine Mountainbike-Strategie braucht

Konflikt im Wald: Warum es eine Mountainbike-Strategie braucht
Der Radsport lässt im Tourismus die Kassen klingeln. Ohne einer Lenkung der Sportler wird es aber keinen Schulterschluss mit Waldbesitzern und der Jagd geben.

Der Konflikt ist so alt wie die Geschichte des Mountainbikesports in Österreich selbst. Als Ende der 1980er-Jahre die ersten Sportler auf Mountainbikes über Waldwege donnerten, kam es zu den ersten unliebsamen Begegnungen mit Waldbesitzern, Förstern und natürlich Jägern.

Das Forstgesetz von 1975 erlaubt es jeder Person, den Wald zu Erholungszwecken frei zu nutzen. Allerdings nur zu Fuß. Mit Ausnahme von ausgewiesenen und eigens beschilderten Strecken ist das Radfahren, also Mountain- oder neuerdings auch Gravelbiken (geländegängiges Rennrad) generell verboten. Die Verwaltungsübertretung kann mit Strafen von 150 bis 730 Euro teuer kommen.

Die neue Mountainbike-Strategie

Die türkis-grüne Regierung ist sich des riesigen Konfliktpotenzials in den heimischen Wäldern bewusst und plant deshalb eine österreichweite Mountainbike-Strategie, um die Rahmenbedingungen für Sportler zu verbessern. Ein ambitionierter Plan, wie auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) weiß.

Denn die positiven Effekte des Mountainbike-Sports für Wirtschaft und Tourismus, „müssten mit den berechtigten Interessen der Grundstück- und Waldbesitzer und dem Naturschutz unter einen Hut gebracht werden“. Soll heißen: Es braucht mehr offiziell ausgewiesene Strecken und ein konkretes Regelwerk, um den Mountainbikesport zu kanalisieren.

Unter der Führung des Landwirtschaftsministeriums soll jedes Bundesland eine individualisierte Strategie ausarbeiten. Um das Netz zugänglicher Waldstrecken und Trails weiter auszubauen, sollen Gemeinden und Tourismusverbände Verträge mit Grundbesitzern abschließen. Denn das Thema ist für den heimischen Tourismus von existenzieller Bedeutung. Bereits ein Drittel der Sommergäste komme zum Radfahren nach Österreich und verlängere damit die Sommersaison, betonte Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP).

Aus Saison- wurde Ganzjahresbetrieb

Bestes Beispiel dafür ist die Mountainbike-Destination Leogang im Salzburger Pinzgau. Mit dem „Epic Bikepark“ ist die Zahl der Bergfahrten im Sommer  auf über 200.000 explodiert. „Durch den Mountainbikesport sind die Sommermonate bei uns mittlerweile genau so stark wie der Winter“, erklärt Senior-Chef Friedl Herbst vom Hotel Riederalm. Aus einem Saison- sei ein Ganzjahresbetrieb geworden.

Konflikt im Wald: Warum es eine Mountainbike-Strategie braucht

Jägerschaft fordert klare Lenkung

Wie die Urlaubsregion Leogang-Saalbach zeigt, braucht es zur Entschärfung der Situation eine „Kanalisation“ der Urlauber- und Besucherströme. „Das Schlimmste sind Dinge, auf die sich das Wild nicht einstellen kann. Daher benötigt es unbedingt eine Lenkung“, erklärt Sylvia Scherhaufer, Generalsekretärin des NÖ Landesjagdverbandes.

Wildtiere haben ein ausgeprägtes Ruhebedürfnis, besonders im Winter ist dies überlebenswichtig. „Es muss Regionen und Zeiten geben, die von Freizeitsport ausgenommen sind“, sagt Scherhaufer.

Wenn auf eigens ausgewiesenen Strecken Mountainbikesport stattfindet und die Sportler diese Routen nicht verlassen, stelle sich das Wild darauf ein und meide diese Zonen, erklärt Scherhaufer. Für Forstminister Norbert Totschnig (ÖVP) minimiert „ein breiten Angebot an Mountainbike-Strecken das Konfliktpotenzial und trägt gleichzeitig zur Stärkung der Regionen bei“.

Gefahr für den Jungwald

Besitzer großer Waldflächen wie die Bundesforste fordern ein, dass forstliche Sperrgebiete unbedingt berücksichtigt werden müssen – besonders in Zonen mit Wieder- oder Neubewaldungsflächen – also Jungwald. Vor allem der E-Bike-Trend habe dazu geführt, dass Biker mittlerweile in die abgeschiedensten Wildnisgebiete vordringen – auch dort hin, wo sie die reine Muskelkraft ohne Motorunterstützung niemals hingebracht hätte. „Es muss einfach Orte in der Natur geben, in denen gar nichts passiert und die für jeden Tabu sind“, mahnt Scherhaufer.

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