Köstinger: „Ministerin mit Baby muss möglich sein“

Köstinger: „Ministerin mit Baby muss möglich sein“
Elli Köstinger. Mit der Klimastrategie stand sie als Ministerin erstmals im Rampenlicht. Wie sie Amt und Kind schaffen will

Innerlich, so behaupten Vertraute von Elisabeth Köstinger, hat das Schauspiel „des Kärntner ÖVP-Amateurvereins die Elli sicherlich zum Kochen gebracht“. Eine wirklich gute Ebene herrschte ohnehin nie zwischen der türkisen Nachhaltigkeits ministerin und ihren Kärntner Landsleuten. „Die Landespartei anerkennt, dass Köstinger die Kärntner Ministerin in Wien ist. Aber zu Füßen lag sie ihr nie. Da spielt auch der Neid mit“, so ein In si der. Ausgerechnet die Kärntner Parteifreunde haben mit ihrem plumpen Intrigantenstadl Köstingers Woche, wo sie als Ministerin in der medialen Auslage stehen sollte, etwas verpfuscht.

Dabei war alles so perfekt geplant. Zum Wochen beginn die Präsentation der 78-seitigen Klima- und Energiestrategie, die allerdings harte Kritik von den Experten einstecken musste. Köstinger sprach von einer „echten Wende“. Die Umweltorganisationen hingegen orteten „große Lücken“.

Am Wochenende folgt dann der Auftritt beim Staatsbesuch in China an der Seite von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. 25 Termine in drei Tagen. Montag geht es von Peking weiter nach Sofia zum EU-Ministertreffen. Das Monsterprogramm spult Köstinger mit Babybauch ohne Wenn und Aber runter.

„Anpacken“

Diese Disziplin, oder das „Anpacken“ wie es Köstinger nennt, hat sie schon früh am elterlichen Bauernhof gelernt. Als die Kärntnerin den Stalldienst nach dem Tod des Großvaters übernehmen musste, war sie erst acht Jahre alt. „Am Bauernhof trägt man schon sehr früh Verantwortung.“ Prägend waren für sie auch die ersten Aushilfsjobs im Ortswirtshaus. „In der Gastronomie kommt man mit unterschiedlichen Menschentypen und vielen Konfliktsituationen in Berührung. Das ist eine gute Lebensschule.“ Was Köstinger als „Anpacken“ beschreibt, definieren Parteikollegen als „sehr ehrgeizig“. Als das Gerücht im Jänner die Runde machte, dass die Kurz-Vertraute schwanger sein könnte, bekam man von ÖVP-Funktionären die Antwort: „Das kann nicht sein. Die Elli ist viel zu ehrgeizig und fühlt sich auch noch nicht am Karrierezenit.“ Da hatten sich die Parteikollegen wohl verkalkuliert.

Vorsitz Klimakonferenz

Bei der Angelobung wusste die 39-Jährige schon, dass sie im Sommer Mutter werden wird. War das ein Grund für sie, den Ministerjob möglicherweise nicht anzunehmen? Kurz hat Köstinger wohl überlegt. „Aber natürlich hat man Ängste“. Letztendlich war es auch ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz, der seine Wegbegleiterin ermutigte. „Frauen sollen im 21. Jahrhundert nicht mehr zwischen Beruf und Familie entscheiden müssen. Beides muss möglich sein, so auch eine Ministerin mit Baby“, erklärt Köstinger. Der Zeitraum rund um die Geburt ist bereits perfekt durchgeplant. Für die Juli-Termine in Brüssel wird ein anderer Minister für Köstinger einspringen. Nächste Woche soll feststehen, wer das sein wird. „Über den Sommer werde ich ein paar Wochen zu Hause verbringen. Ab Ende August werde ich die Arbeit wieder aufnehmen“, erzählt die Ministerin. Dann übernimmt ihr Lebensgefährte Thomas Kassl den „Babydienst“ und geht in Karenz. Mehr will die ehemalige EU-Parlamentarierin, die ein großer Familienmensch ist, über ihre Schwangerschaft und die Pläne danach nicht verraten.

Im Visier hat sie hingegen jetzt schon ihren bevorstehenden politischen Höhepunkt nach der Geburt ihres ersten Kindes. Bei der Klimakonferenz Ende des Jahres im polnischen Katowice wird die Nachhaltigkeitsministerin den Vorsitz übernehmen. In China will Köstinger für die Klimakonferenz schon die ersten Weichen stellen. Bei der Visite trifft die Ministerin den chinesischen Chefverhandler für die Klimakonferenz.

Loyal, loyal, loyal

Das Thema Umweltschutz liegt der Kurz-Vertrauten besonders am Herzen, behauptet sie. „Dass Köstinger dafür brennt, habe ich in Brüssel nicht entdecken können“, meint der Grüne Michel Reimon, der Köstinger aus ihrer Zeit als EU-Parlamentarierin kennt. „Köstinger ist eine Interessensvertreterin. Was einmal beschlossen wird, setzt sie um, auch wenn sie anderer Meinung ist. Das ist aber auch angenehm, denn man weiß immer, woran man bei ihr ist“, beschreibt sie Reimon.

Dieses Attribut, loyal zu sein und immer Linie zu halten, hat sie auch zu einer der engsten Vertrauten von Sebastian Kurz gemacht. „Das heißt nicht, dass Köstinger willenlos oder schwach wäre. In den Diskussionen nimmt sie sehr wohl ihre Standpunkte ein. Aber auch wenn sie sich nicht durchsetzt, geht sie raus und setzt die beschlossene Linie um“, verteidigt sie der Grüne EU-Parlamentarier.

Ähnlich beschreiben sie auch Parteikenner. Ihr Mitarbeiterteam führe sie „streng, zackig und sie fordert viel, aber sie bleibt stets fair“. Auch im Ministerium rührt Köstinger kräftig um und führt gerade eine Organisationsreform durch, weil sie mehr Effizienz schaffen will.

Ähnlich wie bei Kurz setzt die Umweltministerin auf jahrelange Wegbegleiter. „Wenn du einmal Team Elli bist, bleibst du es“, sagt ein Insider. So schaffte es ihre ehemalige Praktikantin in Brüssel, ihre persönliche Assistentin in Wien zu werden – und das mit 22 Jahren. „Wir sind sehr loyale Menschen und können nur in einem vertrauensvollen Umfeld arbeiten“, sagt Köstinger über sich und Sebastian Kurz.

Und was vereint Kurz und „Elli“ noch? „Wir haben beide immer das große Ganze vor Augen. Als junger Politiker hört man 80 Prozent des Tages, was alles nicht geht. Unsere Überzeugung ist aber, dass alles geht, wenn ich etwas tue.“

„Konsequenzen aus den Streitereien“

Wie Köstinger das Kärntner Schauspiel  sieht und was sie in China erreichen will

KURIER: Frau Köstinger, Sie sind Kärntnerin und im Vorstand der Kärntner ÖVP. Hat die Partei  am Donnerstag nicht ein sehr würdeloses Schauspiel abgeliefert?
Elisabeth Köstinger:  Der Rücktritt von Christian Benger hat dieses rasche Handeln notwendig gemacht.  Ich bin überzeugt, dass sein Nachfolger Martin Gruber in der Regierung  eine gute Arbeit leisten wird.

Die ÖVP geht eigentlich machtlos in diese Koalition hinein, wenn man das Einstimmigkeitsprinzip  aufgibt . . .
Die ÖVP ist mit rund 16 Prozent generell nicht in einer starken Ausgangsposition gegenüber einer übermächtigen SPÖ in Kärnten. Die SPÖ muss ein fairer Partner sein. Alles andere wäre nicht zielführend. Martin Gruber meinte ja auch, dass das jetzt ein Vertrauensvorschuss  ist.

Heißt das, wenn die SPÖ zu dominant agiert, dass die Koalition wieder aufgekündigt werden könnte?
Das ist eine Entscheidung, die die Verantwortlichen der ÖVP Kärnten treffen müssen. Da werden wir uns von Bundesseite nicht einmischen.

Was war wirklich der Grund für Christian Benger,  wenige Tage vor der Angelobung alles hinzuschmeißen.  Es war  die Rede von einer „Fuchsjagd“. . .
Es gab sehr viele Begehrlichkeiten von unterschiedlichen Seiten. Christian Benger hat selber auch von persönlichen   Gründen gesprochen. Ich denke, er hat einfach die Konsequenzen aus den Streitereien gezogen.

Sie sind am Freitag mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach China geflogen. Sind Sie in China mehr als Tourismusministerin als als Nachhaltigkeitsministerin unterwegs?
Insgesamt habe ich drei Themen mit im Gepäck. Das ist natürlich der Tourismus. Die Österreichwerbung möchte auf diesen Markt abzielen. China gilt  weltweit im Tourismus als der größte Wachstumsmarkt. Das nächste Thema betrifft die Landwirtschaft. Wir haben höchstes Interesse, Schweine nach China  zu exportieren. Da gibt es positive Signale, dass die letzten Hürden für den Export abgebaut werden. Das dritte Thema ist die  Umwelt. Ich treffe mich mit chinesischen Chefverhandlern für die Klimakonferenz, die Ende des Jahres in Polen stattfindet. Ich werde hier den Vorsitz führen. China kommt hier eine ganz zentrale Rolle zu,  weil  die USA angekündigt hat, aus dem Klimavertrag auszusteigen. Das bedeutet, dass die Entwicklungsländer dem gleich tun könnten. Hier versuchen wir Europäer mit den asiatischen Ländern eine  Allianz zu schmieden.

 

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