Köstinger: "Vorgänger sind an Klimastrategie gescheitert"
KURIER: Frau Ministerin, Sie sagten nach Ihrer Wahl zur Parlamentspräsidentin, dass Sie das auch bleiben wollen. Woher nun der Sinneswandel?
Elisabeth Köstinger: Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Ich war gleich engagiert und gerne Nationalratspräsidentin, hätte es gerne weitergemacht. Aber dann war klar, dass speziell zum Thema Nachhaltigkeit ein riesiges Ressort entstehen wird, das eine große Chance birgt, im Klima- und Energiebereich einen Schritt vorwärts zu machen. Also habe ich nach einiger Bedenkzeit beschlossen, diesen Schritt zu tun.
Wann fiel der Entschluss?
In der Woche vor der Regierungspräsentation.
Sie sind damals weiter im Koalitonsteam geblieben, stellten sogar das Kapitel vor, das jetzt Ihr Aufgabenbereich ist. Warum, wenn Sie eh bleiben wollten?
Es ist gängige Praxis, dass Parlamentspräsidenten Regierungsverhandlungen mitführen, so wie es bei Heinz Fischer und Barbara Prammer der Fall war. Mit kritischen Reaktionen habe ich gerechnet. Dass sich die Opposition über Gebühr dazu geäußert hat, ist auch der Aufmerksamkeit geschuldet, die sie gerne hätte. Ich sehe das also gelassen.
Nun sind Sie "Nachhaltigkeitsministerin". Wieso wollen Sie denn nicht Landwirtschaftsministerin genannt werden?
Wir haben klar herausgestrichen, dass uns die Themen Lebensgrundlage und Ressourcen wichtig sind. Erstmals sind in diesem Haus Landwirtschaft, Umwelt, Tourismus und Energie gebündelt. Das war ausschlaggebend, deshalb fand es auch im Namen Niederschlag.
Sie erben eine Mammutaufgabe: Die Emissionen steigen und liegen über den Kyoto-Limits . In zwei Jahren wollen Sie diese um 16 Prozent kürzen. Wie?
Indem wir eine klare Klima- und Energiestrategie vorlegen. Daran sind alle meine Vorgänger bisher gescheitert.
Wann legen Sie diese vor?
Ich habe das Haus erst letzte Woche übernommen. Die Strategie wird in der Regierungsklausur kommende Woche ein großes Thema sein, wir werden sie zeitnah vorlegen.
Noch im ersten Halbjahr?
So schnell wie möglich. Wir haben ambitionierte Ziele. Aber ich kann jetzt noch kein genaues Datum nennen.
Was wird da drinstehen?
Wir wollen bis 2030 nur noch Strom aus erneuerbaren Energieträgern beziehen. Dafür brauchen wir Maßnahmen. Da werden wir noch stärker auf Wasserkraft setzen und Photovoltaikanlagen ausbauen. Wir werden einen klaren Fokus auf Speichertechnologien legen, da müssen wir ganz stark investieren. Wir wissen zudem, dass wir speziell bei der Elektromobilität und im Verkehr einen verstärkten Bedarf haben.
Beim Verkehr sind die Emissionen zuletzt gestiegen, in anderen Ländern sinken sie. In Ihrem Programm ist die Rede von der dritten Piste, schnelleren Straßengenehmigungen und Tempo 140 auf Autobahnen. Das ist wenig klimafreundlich.
Ja, aber es wird unsere Aufgabe sein, diese Ziele in Einklang zu bringen.
Wieso wollen Sie das Diesel-Privileg nicht abschaffen? Oder die Pendlerpauschale?Diese Regierung hat ein klares Ziel: Wir wollen für Entlastung sorgen. Deshalb wollen wir keine Steuern erhöhen, sondern das mit anderen Anreizen versuchen zu lenken. Auch an ein Ende der Pendlerpauschale denken wir nicht.
Was fahren Sie privat für ein Auto, Frau Ministerin?
Dienstlich Hybrid, privat einen Volvo. Aber selten.
Einen Diesel?
Ja.
Wurde Österreich bei der Klimakonferenz 2016 zu Recht als "Klimafossil" bezeichnet?
Wir waren klimapolitisch schon einmal in einer besseren Position. Aber man muss uns zu Gute halten, dass wir atomstromfrei sind. Das soll so bleiben – aber es erzeugt natürlich Emissionen.
Werden Sie gegen das ungarische AKW Paks II protestieren?
Meine Abteilungen bereiten das vor. Wir sind massiv dahinter, es zu verhindern.
Bis wann sollen Ölheizungen in Neubauten verboten werden?
Wir haben noch kein Datum. Das wird Teil der Klimastrategie sein. Aber es macht absolut Sinn, dass es künftig keine Ölheizungen in Neubauten mehr geben soll.
Wie wollen Sie gegen das Pflanzengift Glyphosat vorgehen?
Ich bin überzeugt, dass es in fünf Jahren keine Neuzulassung auf EU-Ebene gibt. Wir bereiten den Ausstieg vor, machen gerade einen Aktionsplan. Ich bin für ein Ende von Glyphosat, aber wir brauchen auch eine Alternative.
Kommentare