Wenn Bademäntel zu einem Problem werden

Wenn Bademäntel zu einem Problem werden
Am Freitag treffen einander SPÖ und ÖVP zur vermutlich letzten Regierungsklausur vor der Wahl. Sind solche Zusammenkünfte mehr als Selbstinszenierung?

Am Anfang, als die politische Zwecke-Ehe noch jung war, trafen sie einander im fernen Sillian: Rundum lag Schnee, die Mühen des Tages wurden mit einem nächtlichen Ausflug auf eine Almhütte belohnt – es war beinahe romantisch.
Später zogen sich SPÖ und ÖVP in ein steirisches Thermenresort zurück, auch am Semmering und am Wiener Kahlenberg haben sie einander getroffen. Am Freitag steht wieder eine dieser Zusammenkünfte auf dem Programm – diesmal in Laxenburg.
Wo einst die Habsburger durch Parks flanierten, geht die Regierungsmannschaft zum fünften und wohl auch letzten Mal vor der Wahl in Klausur. Seit der Angelobung im Dezember 2008 ist viel passiert: Personell – der ÖVP kam ein Parteichef abhanden, Minister und Staatssekretäre wechselten. Auch inhaltlich tat sich viel: Das Gros des Regierungsprogramms ist erledigt (siehe unten).

Signale

Wozu müssen sich Rote und Schwarze dann noch öffentlichkeitswirksam zusammentun? Sie sehen einander ja jede Woche beim Ministerrat. Ist eine Klausur nicht bloß Selbstdarstellung? „Nicht unbedingt“, antwortet Peter Filzmaier. Der Politikwissenschaftler ortet zwei Gründe, warum Klausuren sinnvoll sind. Der eine ist die „innere Kommunikation“: „Bei Ministerräten bleiben jedem Ressortchef im Schnitt fünf Minuten Redezeit.“ Das widerspreche der Komplexität der Tagespolitik. „Viele Gesetze sind Querschnittsmaterien, sprich: Sie treffen viele Ministerien. Um Chaos zu vermeiden, ist es unumgänglich, regelmäßig in großer Runde zu diskutieren – und zwar länger als ein paar Minuten.“

Der zweite Aspekt seien die „Signale nach außen“. Filzmaier: „Die Regierung kann klarmachen, was sie 2013 noch vorhat, also was sie inhaltlich arbeitet. Verwalten können die Republik ja auch unsere Sektionschefs.“
Diese Einschätzung deckt sich zum Teil mit dem, was sich die Koalitionsspitzen von dem Treffen erwarten. „Regierungsklausur­en genießen viel höhere Aufmerksamkeit als Ministerräte. Hier werden Botschaften von Medien gehört“, sagt ein Parteistratege. Weiters biete sich die Gelegenheit, die Stimmung zu dokumentieren. „SPÖ und ÖVP arbeiten besser zusammen, als es scheint“, urteilt ein Insider. „Eine Klausur macht das sichtbar. Harmonie kann man nicht spielen.“
Das mag man glauben – oder nicht.

Faktum ist: Die Selbstinszenierung ist ein wesentlicher Teil: In Sillian präsentierte sich die Regierung mit den Tiroler Schützen; auf dem Kahlenberg sah man den Kanzler und seinen Vize konziliant die Gläser schwenken. Leutseligkeit und Eintracht – das waren die Bilder, die vermittelt wurden.
Und für SPÖ und ÖVP waren sie hilfreicher als mancher Bericht über die Klausur in Loipersdorf: Dort hatten die Fotografen Männer in Bademänteln gesichtet. In Thermen-Hotels ist das nicht ungewöhnlich. Doch die Badehosenträger waren Kabinettsmitarbeiter. „Regierung ist auf Wellness-Kur“, titelte der Boulevard. „Solche Bilder und Schlagzeilen“, sagt ein Minister-Sprecher, „sind leider stärker als jede politische Botschaft.“

Viele große Brocken des Regierungsprogramms, für dessen Umsetzung 90 Vorhaben fixiert wurden, haben SPÖ und ÖVP schon erledigt.
Bei einigen stehen Einigungen aus. Etwa beim neuen Lehrerdienstrecht, der Studienplatzfinanzierung und Studiengebühren.
Die Klausur in Laxenburg wird dem Schwerpunkt Wirtschaft und Arbeit gewidmet. Zudem könnten sich die Koalitionäre auf ein Modell zu Studiengebühren und einen Fahrplan für die laufenden, aber schwierigen Verhandlungen zum Lehrerdienstrecht verständigen. Konsens in Sachen Banken-Insolvenzrecht wird ebenfalls nicht ausgeschlossen.

Darüber hinaus stehen zur Debatte: die GmbH light – und damit die Senkung der Mindesteinlage von derzeit 35.000 Euro; eine Novelle der Gewerbeordnung, um Firmengründungen zu erleichtern; weitere Schritte der Verwaltungsreform (Zusammenlegung von Behörden, Reform der Schulverwaltung); ein Jungunternehmerfonds für Förderungen und Kredithilfen, der mit bis zu 60 Millionen Euro dotiert werden könnte. Unter das Thema „Arbeit“ fallen Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel gegenzusteuern; Nachholen von Berufsschulabschlüssen; Ausbau des Jugendcoaching, um Jugendlichen zu einem für sie passenden Bildungsweg zu verhelfen.
Fix ist: Die Reform der Invaliditätspension wird abgesegnet, damit sie noch heuer vom Nationalrat beschlossen werden kann.

Kommentare