Verbot der Speicherung
Der Haken an der Sache: CCS ist seit 2011 in Österreich verboten. Allerdings sieht das Gesetz vor, dass Fachleute regelmäßig die Sinnhaftigkeit „unter besonderer Berücksichtigung der international gewonnenen Erfahrungen“ überprüfen.
Auch in diesem Jahr ist das der Fall. Zuständig ist die Bergbauabteilung im Finanzministerium, die Beamten müssen für ihren Bericht mit den Grünen einig werden, ob das Gesetz zum „Verbot der geologischen Speicherung von CO2“ bestehen bleiben soll oder eben nicht.
Es gibt einige Argumente, die gegen diese Technologie sprechen: Die Kosten seien zu hoch, und es sei nicht klar, ob die unterirdische Speicherung auch langfristig sicher sei. Und wenn CCS ermöglicht wird, hätten die Unternehmen keinen Anreiz mehr, ihre fossilen Brennstoffe gegen grüne oder nachhaltige Energien zu ersetzen (fuel switch).
Aufseiten der Industrie wird dem entgegengehalten, dass es chemische Prozesse gibt, die auch ohne fossile Brennstoffe CO2 erzeugen – so genannte „geogene Prozesse“.
Bestes Beispiel ist die Herstellung von Zement: Der Schlüsselbestandteil ist Kalkstein, der hauptsächlich aus Kalziumkarbonat besteht. Es enthält sowohl Sauerstoff als auch Kohlenstoff. Der Kalkstein wird mit kieselsäurehaltigem Ton und anderen Materialien gemischt und dann in einem Ofen auf mehr als 1.400ºC erhitzt. Eine chemische Reaktion (Kalzinierung) treibt den Kohlenstoff aus dem Kalkstein heraus und produziert Kalk. Der Kohlenstoff kombiniert sich dann mit Sauerstoff, um das unerwünschte Kohlendioxid zu bilden.
Neben der Zementindustrie ist auch die Stahlindustrie von dem Problem betroffen sowie die Feuerfestproduktion, die unverzichtbar für die Stahl-, Kalk-, Nichteisenmetall-, Glas-, Energie-, Umwelt- und Chemieindustrie sind.
Auch der Weltklimarat IPCC sieht Carbon Capture Storage als eine der Maßnahmen im Kampf gegen die Klimakrise an. „Ja, wir werden das Abscheiden von CO2 jedenfalls benötigen“, sagt auch Klimaökonom Stefan Schleicher von der Uni Graz. Aber was soll dann mit dem herausgefilterten CO2 passieren? „Da gibt es drei Möglichkeiten“, erklärt Experte Schleicher. Entweder bleibt es in den Speichern. Oder man benützt es, etwa zusammen mit grünem Wasserstoff zur Produktion von E-Fuels (siehe Grafik).
CO2 als industrieller Rohstoff
Am spannendsten sieht Schleicher aber die Möglichkeit, CO2 künftig nicht als Abfallprodukt, sondern als Rohstoff am besten in einem nachhaltigen Kreislauf zu verwenden.
Wie das gehen soll? Da erinnert Schleicher an das Konsortium-Projekt „C2Pat“. Kurz erklärt, wird CO2 als Abfallprodukt der Zementherstellung mit Wasserstoff verbunden und zu Kunststoff verarbeitet. Einen konkreten Plan haben die Industriekonzerne Lafarge (CO2 aus der Zementproduktion), Verbund (grüner H2 aus Ökostrom), OMV (Produktion von E-Fuels und Olefine) und Borealis (Kunststoffproduktion aus Olefinen) vor drei Jahren präsentiert.
Schleicher: „Der Kunststoff würde dann, am Ende seiner Lebensdauer, wieder im Zementwerk verwendet werden, das CO2 würde also wirklich in einer Kreislaufwirtschaft immer wieder verwendet werden.“ Tatsächlich ist dieses Projekt vor drei Jahren erstmals präsentiert worden, mit einem unglaublichen Echo von Südkorea bis zu den USA. Noch fehlt es aber an Förderungen und Finanzierung.
So hängt vorerst alles am besagten „Gesetz zur geologischen Speicherung von CO2“. Wobei die Konzerne CCS vor allem als „Brückenlösung“ sehen: „Das Langzeitziel muss sein, CO2 nicht zu emittieren oder in Gesteinsschichten zu verpressen, sondern nutzbar zu machen“, heißt es etwa von RHI Magnesita.
Skepsis bei den Grünen
Wie stehen die Chancen auf eine türkis-grüne Einigung? Die ÖVP, die das Gesetz 2011 einst mit der SPÖ beschlossen hat, will es aufheben. Bei den Grünen gibt es mehr Skepsis: „Klimaschädliches CO2 ohne genaues Wissen über die Auswirkungen in unsere Böden zu pumpen, ohne bereits alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, verlagert nur das Problem und hilft uns beim Erreichen unserer Klimaziele nicht“, heißt es aus dem Klimaschutzministerium. Offener sei man bei der Frage der Nutzung von CO2.
Bis Ende des Jahres muss es eine Entscheidung geben.
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