Klimaschutz-Expertin Kromp-Kolb: „Utopisten, das sind doch die anderen“
Schon im Vorwort ihres Buches hält die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb nicht hinterm Berg, was für sie eines der größten Probleme im Kampf gegen den Klimawandel ist: „Oft heißt es, der Markt werde diese Probleme regeln. (...) Aber die Märkte im neoliberalen Wirtschaftssystem schützen nachgewiesenermaßen Gemeinschaftseigentum wie das Klima nicht und führen zu keiner gerechten Verteilung der Lasten.“
Fürchte sie nicht, mit ihrer Kritik am Wirtschaftssystem nicht ernst genommen zu werden? „Genau das ist der Irrtum, zu glauben, das war schon immer so, und das geht gar nicht anders“, sagt Kromp-Kolb zum KURIER.
Jahrhundertelang habe es so etwas wie gesellschaftliche Verträge gegeben, die für einen sozialen Ausgleich gesorgt hätten. Und es gab einen Kontrakt auf nationaler Ebene, dass man andere Länder nicht maßlos übervorteilt. Auch die
USA hätten immer großzügig Entwicklungshilfe gegeben: „Auch das gibt es kaum mehr.“ Und nein, sie sei sicher
keine verträumte Utopistin: „Die Utopisten, das sind doch die anderen, die glauben, dass es so immer weitergeht.“
Kein Traumsommer
Ob sie glaube, dass es nach diesem Traumsommer schwieriger geworden sei, die Menschen für Klimaschutz zu erwärmen?
„Für wen war der Sommer ein Traum? Für jene in der Freizeit schon", erklärt die Wissenschaftlerin. "Aber sicher nicht für jene, die in der Hitze arbeiten mussten. Genau so wenig für unsere Landwirte, die ihr Vieh nicht mehr füttern konnten, weil nicht mehr genug Gras gewachsen ist. Und wenn dann die Gewitter kommen und die Böden wegschwemmen, und Bäche über die Ufer treten, ist es auch nicht mehr traumhaft.“
Und Österreichs Klimapolitik? „Ich versuche jetzt mehr, der Politik Hilfe anzubieten, als nur zu kritisieren, dass viel zu wenig getan wird. Es wird aber zu wenig getan.“
Öko-Steuerreform
Baustein einer echten Klimapolitik wären Steuern: „Wir brauchen eine ökologische Steuerreform“, erklärt die Professorin. Verkürzt gehe es darum, Steuern auf fossile, klimaschädliche Energieträger (Öl, Gas oder Kohle) anzuheben, anderes wie den Faktor Arbeit zu entlasten. „Es hat in dieser Regierung kurz so ausgesehen, dass da eine Chance besteht. Die sehe ich jetzt schwinden.“
Kritisch sieht sie aber auch das Verhalten der Österreicher: „Es herrscht ein kurzfristiges Denken. Weil wir, wie Kollege
Matthias Karmasin es kürzlich formulierte, in der Gesinnungsethik groß sind
– jeder ist bei uns für Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Aber in der Verantwortungsethik – wel-
che Schritte sollten folgen – da sind wir ganz schwach.“
Weil ein klima-freundliches Leben Verzicht bedeutet? „Es geht nicht um Verzicht, sondern um das Ändern von Gewohnheiten.“ Regional, biologisch, saisonal einzukaufen. Und weniger Fleisch. „Das ist nicht nur ein Gewinn für einen selbst – man isst ja besser und gesünder und schläft besser. Es ist auch ein Gewinn für die Gemeinde, weil wir von den Bauern nebenan kaufen, und nicht von irgendwem am anderen Ende der Welt.“
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