Kickl kündigt Reaktion auf Flüchtlingsbewegung an, die es nicht gibt

BM KICKL BESUCHT DIE REITERSTAFFEL DER BAYERISCHEN POLIZEI: KICKL (FPÖ
Laut UNHCR gibt es keine außergewöhnliche Situation in Europa. Trotzdem kündigt Österreichs Innenminister "im Fall der Fälle" an, Grenzen dichtzumachen.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zeigt sich besorgt über die Balkanroute. "Im Fall der Fälle", falls es zu großen Flüchtlingsbewegungen komme, wolle er, dass Österreich all seine Grenzen dicht macht, kündigte er gegenüber der APA an. Zudem solle eine Grenz- und Fremdenpolizeiliche Einheit ab Juni bereitstehen. Ein nicht zu bewältigender Flüchtlingsstrom wie 2015 und 2016 dürfe sich nicht wiederholen, sagte der Innenminister - "dafür treffe ich alle Vorbereitungen".

Zwar verzeichnen einige Staaten entlang der Balkanroute wieder steigende Asylzahlen, für das UNO-Flüchtlingshochkommissariat ( UNHCR) sind die aktuellen Zahlen aber noch auf "sehr, sehr moderatem Niveau", so Christoph Pinter, Leiter des Österreich-Büros am Montag. Es gebe momentan "überhaupt keinen Grund, besonders alarmiert zu sein", sagte Pinter im Ö1-Journal um acht. Es sei aber natürlich immer gut, sich die Zahlen konkret anzusehen und gut vorbereitet zu sein, falls sich etwas ändern sollte. "Aber derzeit sehen wir die Änderungen nicht", betonte er. Die aktuellen Zahlen seien mit denen in Zeiten noch vor der Flüchtlingskrise vergleichbar.

"Dort wo Grenzen zugehen, werden andere Grenzen, andere Wege beschritten. Eine Abschottung Europas sei weder möglich noch sinnvoll, weil Europa eine Mitverantwortung am globalen Flüchtlingsthema hat", sagt Pinter. Aus Sicht des UNHCR müssten die Staaten das Thema "gemeinsam angehen, anstatt sich abzuschotten", erklärte Ruth Schöffl vom UNHCR gegenüber der APA. Dazu gehöre auch, Hilfe in den Herkunftsregionen zu verstärken, die nach wie vor weit über 80 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen, sowie mehr Engagement beim Resettlement (Umsiedelung), um "Flüchtlingen einen sicheren Zugang zu ermöglichen".

Kickl mimt Härte

Kickl meinte am Sonntag, sollte man mit den vorhandenen Möglichkeiten der Grenzkontrollen nicht mehr auskommen, werde es "kein Durchkommen" für Flüchtlinge mehr geben. Die Lage werde jedenfalls täglich geprüft und bewertet. Sofortiges Handeln erhofft sich der Innenminister durch die Grenz- und Fremdenpolizeiliche Einheit, die sich derzeit im Aufbau befindet. 500 bis 600 Beamte gehören der Truppe an, "die wir sofort zum dicht Machen der Grenze zum Einsatz bringen".

Noch am Montag wollte der Innenminister mit Vertretern der betroffenen Staaten am Balkan - "von Griechenland bis Slowenien" - in Kontakt treten, um den Anstieg der Flüchtlingsbewegung auf der Route zu besprechen. "Wir werden sie in Kenntnis setzen, dass Österreich im Fall der Fälle dicht macht", so Kickl, der einen möglichen weiteren Flüchtlingsstrom "von Beginn an stoppen" will.

Serbien sieht keine großen Bewegungen

Laut aktuellen Zahlen, die der APA vorliegen, wird die von Flüchtlingen genutzte Balkanroute nach Mitteleuropa tatsächlich wieder etwas populärer. Die Ankünfte von Migranten in Griechenland im Vergleich zur Vorwoche sind von 848 auf 1.229 gestiegen.

Serbien hat seine Nachbarstaaten - insbesondere Kroatien - dazu aufgefordert, gemeinsam Grenzkontrollen durchzuführen. Innenminister Nebojsa Stefanovic sagte am Montag, es würde derzeit zu großen Schwankungen bei den Zahlen kommen. Die Flüchtlingsbewegungen in die Staaten westlich von Serbien - Bosnien-Herzegowina und Kroatien - sei seiner Ansicht nach jedoch nicht allzu groß.

Tatsächlich sind die Zahlen in Bosnien relativ stark gestiegen. Das liegt aber vor allem daran, dass das Land bisher kaum Migranten bei sich hatte und damit bereits eine eher kleine Zahl an Neuankömmlingen einen "relativ" große Anstieg bedeutet.Bosnien verzeichnete laut IOM seit Jänner rund 5.000 Ankünfte, im Vorjahr nur 800. Mit den über zehntausend Menschen, die 2016 jeden Tag über die Balkanroute kamen, sind diese Zahlen jedenfalls überhaupt nicht gleichzusetzen.

Bereits Dagewesenene verlagern sich

Um dem Infrastruktur-schwachen Land zu helfen, mit Migranten umzugehen, will das UNHCR helfen. Für Bosnien selbst sei das aber "definitiv ein großer Anstieg", erklärt Peter van der Auweraert, Regionalkoordinator für die Westbalkan-Staaten der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Ein Großteil jener, die nach Bosnien-Herzegowina kommen, hielte sich davor bereits in Serbien, ein kleinerer Teil auch in Griechenland, auf - ist also bereits seit Monaten, wenn nicht Jahren auf der Flucht.

Laut Van der Auweraert, der auch das Büro der UNO-Organisation in Bosnien-Herzegowina leitet, gibt es derzeit zwei Routen nach Bosnien - über Griechenland, Albanien und Montenegro oder über Serbien, wobei 70 Prozent der Neuankommenden über die zweite Route, also Serbien, einreisen. Ein Großteil davon wiederum würde sich bereits seit geraumer Zeit auf serbischem Boden befinden, nun aber aufgrund einer Gesetzesänderung in das Nachbarland weiterziehen. Demnach müssen alle Migranten, die sich auf serbischem Boden aufhalten, einen Asylantrag stellen, wohingegen sie zuvor "toleriert" wurden, beschreibt Van der Auweraert.

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