Was man dem Polizeiapparat noch alles aufbürden wolle, mokieren sich die Polizisten bereits. Maximal könne die Exekutive die Gesundheitsbehörden bei den Kontrollen punktuell unterstützen. Mehr ließen die Ressourcen nicht zu, schon gar nicht eine flächendeckende Kontrolle.
„Es kann auch nicht im Interesse der Wirte sein, dass Polizisten Kontrollen beim Mittagessen durchführen“, heißt aus dem Innenministerium. Und auch der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Reinhard Zimmermann, zeigt sich im Gespräch mit dem KURIER verwundert über die Aussagen von Vertretern der Gastronomie und des Handels. „Die Polizei kann nicht willkürlich für alle möglichen Aufgaben herangezogen werden.“
Zimmermann versteht die Aufregung nicht, denn die Wirte haben die „Einhaltung des Jugendschutzes ja auch zu bewerkstelligen“. In diesem Fall führen die Wirte widerstandslos die Kontrollen durch. Der Polizeigewerkschafter Zimmermann schlägt vor: „Analog dazu kann bei den Testnachweisen vorgegangen werden. Dazu muss man das Rad nicht neu erfinden.“
Auch diese Argumentation lehnt das Büro von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger ab. Es sei ein Unterschied, ob man drei Jugendliche in einem Lokal nach dem Ausweis fragen muss, oder ob man von jedem den Freitest-Nachweis verlangen soll.
Außerdem habe die Registrierung der Gäste die Gastronomen schon überfordert, heißt es aus dem Köstinger-Kabinett.
Allerdings versteht man im Tourismusministerium die Debatte nicht, denn es handelt sich „um einen Zeitraum von einer Woche“, in dem jeder Gast einen Covid-19-Freischein vorweisen müsse. „Nicht vier Wochen lang oder drei Monate, sondern es geht um nur sieben Tage“, so das Gegenargument aus dem Büro Köstinger. Außerdem handle es sich um punktuelle Checks, ähnlich wie bei Tempolimit-Überprüfungen im Straßenverkehr.
Tatsache ist: Auch wenn jede Seite nachvollziehbare Argumente hat – eine Lösung muss gefunden werden, denn sonst droht die Freitest-Strategie der Regierung zum Rohrkrepierer zu werden, noch bevor der Lockdown überhaupt endet. Eigentlich war es Bundeskanzler Sebastian Kurz, der die Freitest-Strategie für Restaurantbesuche und Shops ankündigte, am Zug ist nun aber Gesundheitsministers Rudolf Anschober. Darauf verweist in der Debatte auch das Bundeskanzleramt. Einmal mehr müsse die gesetzliche Grundlage aus dem Gesundheitsministerium kommen.
Dort rauchen bereits die Köpfe. So ein Projekt ist Neuland für die Juristen und Gesundheitsexperten. Vor allem steht man vor der Frage: Welches Intervall der Covid-19-Schnelltests ist sinnvoll? Muss man alle drei oder fünf Tage einen neuen Tests vorweisen?
Bereits nächste Woche muss die gesetzliche Grundlage stehen, damit das Gesetz im Parlament in einer Sondersitzung vor der Testphase, also vor dem 15. Jänner, beschlossen werden kann.
Scheitern kann das Projekt dann noch durch ein geschlossenes Nein im Bundesrat. So könnte die Opposition die Regelung auf Wochen blockieren.
Verfassungswidrig?
Das geplante "Freitesten" könnte verfassungswidrig sein, warnt der frühere Verfassungsrichter Rudolf Müller. Für die Besserstellung Getesteter müsste der Antigen-Test eine dem Lockdown vergleichbare Wirkung haben. Aber er bietet nur eine Momentaufnahme der Viruslast. Daher sei er ungeeignet, die Bewegungsfreiheit für eine ganze Woche sachlich zu rechtfertigen.
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