Karel Schwarzenberg: Der schlechte Schüler besucht seine Schule

Prominenter Gast bei der 150-Jahr-Feier eines Wiener Gymnasiums: Karl Schwarzenberg las nicht nur den Schülern die Leviten.

Was haben Brigitte Bierlein, Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, der Dichter Ernst Jandl, der Schriftsteller Robert Menasse, der Schauspieler Gunther Philipp und der Librettist Fritz Löhner-Beda gemeinsam?

Sie gehören und gehörten alle zu einem illustren Klub der ehemaligen Schüler des Gymnasiums in der Kundmanngasse in Wien-Landstraße. Und weil die Schule dieser Tage ihr 150-jähriges Jubiläum feiert, fand am Dienstag eine Podiumsdiskussion mit einem ihrer prominentesten Absolventen statt: der ehemalige Außenminister der Tschechischen Republik, Karel Schwarzenberg, kam zu Besuch.

Karel Schwarzenberg: Der schlechte Schüler besucht seine Schule

Direktorin Marion Waldmann stellt das Schul-Jubiläum unter das Motto „Europa und die Welt“, und kaum jemand kann mehr dazu beitragen als Schwarzenberg, der „Graf“, wie ihn Direktorin Waldmann ehrfurchtsvoll ansprach. Schwarzenberg begann seine Erzählung, wie er, der 1937 in Prag geboren wurde, letztlich in der Wiener Kundmanngasse 1957 zur Matura antrat.

„Ich war ein miserabler Schüler“, berichtete er über seine Schulkarriere, und Direktorin Waldmann konnte dem nur höflich beipflichten. „Wir haben ihr Maturazeugnis im Archiv gefunden, sie hatten alle Noten“, schmunzelte sie. Und verwies auf jene Fächer, in denen er mit einem „Sehr gut“ benotet wurde – und die auch in seinem Berufsleben wichtig blieben: Geschichte, Geografie, Philosophie und Religion.

Karel Schwarzenberg: Der schlechte Schüler besucht seine Schule

„Ich bin nur mit einem Nachzipf durchgekommen“, erzählte Schwarzenberg durchaus amüsiert – um gleich darauf ein flammendes Plädoyer für eine humanistische Ausbildung, wie er sie in der Kundmanngasse genossen hat, zu halten: „Es kann ja sein, dass man als Schüler nicht recht versteht, warum das Erlernen von Latein oder Altgriechisch sinnvoll ist. Dabei hilft Latein enorm, logisches Denken zu entwickeln“, erklärte Schwarzenberg.

„Wir dürfen die humanistische Bildung nicht vernachlässigen. Es schmerzt mich immer wieder, festzustellen, dass bei vielen jungen Politikern diese Bildung fehlt. “

Kurz und pointiert

Bei dem römischen Schriftsteller Tacitus habe er zudem die „Brevitas“ erlernt, die „Kürze“ und knapp pointierte Ausdrucksweise der eigenen Worte in einem Gespräch. „Denn wer mehr redet, spricht nicht unbedingt besser.“ Müssen Politiker lügen können, wird er gefragt? Schwarzenberg verneint. „Wenn man spricht, muss man die Wahrheit sagen, hatte mir mein Vater beigebracht. Er hat mir aber auch mitgegeben, dass Schweigen manchmal der bessere Berater ist.“

Auf Frage eines Schülers, wie er die aktuelle politische Lage in Österreich einschätze, winkte Schwarzenberg ab: Als ehemaliger Außenminister eines anderen Landes gehöre es sich einfach nicht, die Politik zu kommentieren. Er beobachte aber „mit Faszination“, was in Österreich so vor sich gehe.

„Wie eine völlig neue Form des Regierens Platz greift und das alte politische System dekonstruiert wird.“ Die Österreichische Volkspartei, erklärte der gläubige Katholik, sei aber „jedenfalls keine christlich-soziale Partei mehr, und die Freiheitliche Partei keine deutschnationale mehr.“

Bei Fragen zur Europäischen Union war dann wieder klar der Europa-Politiker am Wort. Braucht es mehr europäische Integration oder weniger? „Viel wichtiger ist, dass Europa wieder wesentlich in der Welt wird“, befand der 81-Jährige, der von einer gerade überwundenen Bronchitis noch etwas angeschlagen schien.

Gar nicht gut findet er, dass „ein paar Leute in Brüssel“ darüber entscheiden, ob Marillenmarmelade aus der Wachau auch Marmelade oder doch „Fruchtaufstrich“ genannt werden soll. „Aber dass es bei so wichtigen Themen wie Außen- und Verteidigungspolitik, beim Verkehr oder der Energie keine gemeinsame EU-Politik gebe, das ist ebenfalls ein Blödsinn.“

„Katastrophe“

Den Brexit, den Austritt Großbritanniens aus der EU , sieht Schwarzenberg als „Katastrophe für alle: Großbritannien braucht die EU, und die EU braucht Großbritannien“.

Was er den anwesenden Schülern der achten und siebenten Klasse für ihre Zukunft mitgeben will? „Keine Angst haben, niemals ängstlich sein. Und im Leben immer anständig bleiben.“

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