Kaprun-Katastrophe: Freispruch für 16 Angeklagte nach 62 Prozesstagen
Der Heizlüfter wurde als Ursache der Katastrophe ausgemacht
„Gott hat für einige Minuten im Tunnel das Licht ausgemacht“, sagte Richter Manfred Seiss, als er am 20. Februar 2004 nach 62 Verhandlungstagen alle 16 Angeklagten im Prozess um das Seilbahnunglück in Kaprun freisprach. Die Freisprüche, die ein Jahr später in der zweiten Instanz bestätigt wurden, waren für die Hinterbliebenen der 155 Todesopfer nur schwer zu verdauen. Auch oder besonders wegen der Art, wie der Prozess geführt wurde.
Der hochkarätig besetzten Verteidigerreihe – darunter der spätere Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer sowie der spätere Justizminister Wolfgang Brandstetter – saß eine einzelne Staatsanwältin gegenüber. Hinzu kam ein Krisen-PR-Team (aus der Agentur des späteren Telekom- und Buwog-Verurteilten Peter Hochegger), das die Medien direkt aus dem Verhandlungssaal mit maßgeschneiderten Informationen versorgte. Je mehr die Öffentlichkeit im Zuge des langwierigen Verfahrens den Überblick verlor, desto mehr schien sich der Wind zugunsten der Angeklagten zu drehen, kritisieren Prozessbeobachter noch heute.
„Produktionsfehler“
Im Zentrum stand jener Heizlüfter, der den Brand im Zug ausgelöst hat. Gutachter Anton Muhr kam zum Ergebnis, dass ein unsachgemäßer Umbau der Grund war. Kurz gesagt: Das Gerät hätte niemals in dem Fahrzeug eingebaut werden dürfen und war eine tickende Zeitbombe.
Die Frage wäre dann nur noch gewesen, wer dafür verantwortlich war. Aber es kam anders: Muhr schied vorzeitig aus dem Prozess aus, erlitt in der Folge eine schwere Depression. Im Buch „155“, erschienen 2014 von den Autoren Hubertus Godeysen und Hannes Uhl, schildert die damalige Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat, der Gutachter sei von Verteidigern und Kollegen regelrecht „gemobbt“ worden.
Für Irritation sorgte auch ein Manöver der Verteidigung, wonach die Bahn ja kein Fahrzeug im herkömmlichen Sinne und der Einbau des Heizlüfters daher nicht verboten gewesen sei. In einem späteren Gutachten, das in der Urteilsbegründung berücksichtigt wurde, war dann die Rede von „Konstruktions- und Produktionsfehlern“ am Heizlüfter, die für den Benutzer nicht erkennbar gewesen seien.
Kommentare