Josef "Sepp" Schellhorn: Ein Staatssekretär fällt aus der Rolle

MINISTERRAT: SCHELLHORN (NEOS)
Der wortstarke Neos-Staatssekretär hätte diese Woche zu seiner eigenen machen können. Doch es steht ihm jemand im Weg: er selbst.

Bei Sepp Schellhorn dauerte es acht Wochen. Zwei Monate nachdem der von Hunderttausenden Followern auf Insta gefeierte Wut- und Spaßkoch angelobt wurde, war er so etwas wie vogelfrei. „Drecksau“, „falscher Hund“ und „Verschwender“ fauchten Passagiere dem Staatssekretär in einem Regionalzug ins Gesicht. 

Der Boulevard hatte seinen Dienstwagen zur Staatsaffäre erklärt. Und weil der 58-Jährige etwas ungeschickt erklärte, wie die Leasingrate seiner größeren Limousine Steuergeld spart, wurde er Polit-Paria – und blieb es. Die Image-Werte sind die schlechtesten aller Neos-Promis, keinem wird von Boulevard und Opposition öfter der Rücktritt nahegelegt. Was ist da passiert?

Wer sich bei den Neos umhört, bekommt eine überraschend schlichte Erklärung: Der Salzburger hat die Politik unterschätzt.

Das klingt aufs Erste absurd. Zehn Jahre Präsident der Hoteliervereinigung, Neos-Chef in Salzburg, dazu Abgeordneter im Parlament: So jemand muss das politische Spielfeld doch genau durchmessen haben, oder?

Tatsächlich aber hat Schellhorn die Bundespolitik überrascht, der „Shitstorm“ hat ihn gekränkt. Das Tempo in Medien und Gremien ist auf Bundesebene viel höher als am flachen Land. Und die Zahl der Interessenvertreter, auf deren Füße man treten kann, um eine Potenz größer.

„Der Sepp will, was alle wollen – gemocht werden“, sagt eine frühere Mitarbeiterin. Als Staatssekretär, der entbürokratisieren soll, ist das wenig hilfreich. Schellhorns Job besteht darin, überall im politischen Getriebe – von den Bürgermeistern über Ministerien bis in die mächtigen Subsysteme wie das Spitalswesen – dafür zu sorgen, dass Dinge schneller, günstiger oder allenfalls gar nicht mehr gemacht werden.

Das erfordert Macht und Fingerspitzengefühl.

Überschaubare Macht

Was die Macht angeht, ist sie beschränkt. Staatssekretäre sind Hilfskräfte der Minister, sie haben im Ministerrat kein Stimmrecht – Schellhorn hat also kein Veto-Recht oder Druckmittel. Kommunikativ hat der formulierungsstarke Ex-Unternehmer vor allem einen Gegner: sich selbst.

„Schellhorn hat das Talent, sich bietende Chancen selbst zunichtezumachen“, sagt Politik-Analyst Thomas Hofer. Ein Beispiel: Die 113 Maßnahmen, die Schellhorn diese Woche zur Entlastung der Bürger und Unternehmer präsentiert hat. Sie hätten als „kraftvolles Lebenszeichen“ die Woche zur Schellhorn-Woche machen können.

Warum der Konjunktiv? Weil der Staatssekretär auf Kritik auffallend emotional reagierte. Die Kritiker seien „sogenannte Experten“, die „nicht in der Realpolitik angekommen sind“, befundete Schellhorn – und sprach damit ausgerechnet den Mitarbeitern eines von seinem Bruder Franz Schellhorn geführten Think Tanks jede Kompetenz ab.

Ist das souverän? In SPÖ wie ÖVP beschreibt man die Kommunikation des Pinken bisweilen als „ein wenig erratisch“. „Will er Erfolg haben, muss er realisieren, dass der Rollenwechsel eine Änderung des Verhaltens mit sich bringt“, sagt Experte Hofer.

Ob das gelingt? Als Sepp Schellhorn diese Woche gefragt wurde, ob seine 113 Maßnahmen ein „großer Wurf“ seien, antwortete er nicht laut mit „Selbstverständlich!“, sondern sprach fast devot von einem „ersten Schritt“. Zuhörer fragten sich: Hält sich da jetzt einer ein wenig zurück?

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