Israel-Fahne herunter gerissen: Tätern droht Haft

Eine Israel-Flagge am Wiener Stadttempel.
Die heruntergerissene Israel-Fahne vom Wiener Stadttempel könnte schwerwiegende juristische Folgen haben. Im Raum steht nämlich das Delikt der Verhetzung. Diese begeht laut §283 Strafgesetzbuch, "wer vor vielen Menschen zur Gewalt oder Hass gegen Personen aufruft bzw. anstachelt", weil diese unter anderem einer bestimmten Religion oder einem Staat angehören.
Im Folgenden lesen Sie
- was ein Strafrechtler zu der Tat sagt
- welche Faktoren erschwerend sind
- wie hoch die Haftstrafen sein können
"In Zeiten wie diesen sollte das auch verfolgt werden"
Am Wochenende machte ein Video über einen Übergriff auf den Wiener Stadttempel in der Seitenstettengasse viral die Runde: Während ein Mann mithilfe einer zweiten Person die israelische Flagge des Stadttempels herunterreißt, imitiert eine 17-Jährige (sie ist mittlerweile ausgeforscht) ein Maschinengewehr. Der Vorfall soll sich in der Nacht auf Samstag um 2.00 Uhr ereignet haben.
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Für den renommierten Strafverteidiger Manfred Ainedter kommt Paragraf 283 hier in jedem Fall zum Tragen, wie er dem KURIER sagte: "Meiner Meinung nach ist der Tatbestand der Verhetzung durch das Herunterreißen der Fahne sowie durch die Andeutung des Maschinengewehrs erfüllt." Nachsatz: "In Zeiten wie diesen sollte das auch verfolgt werden."
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Bei dem Straftatbestand der Verhetzung drohen in geringeren Fällen bis zu zwei Jahre Haft. Erfolgt der Aufruf zur Gewalt bzw. die Aufstachelung zu Hass vor einer breiten Öffentlichkeit, beträgt die Freiheitsstrafe bis zu drei Jahre. Dies könnte hier zum Tragen kommen, glaubt auch Ainedter: Schließlich war das Video viral gegangen und hatte tausende Abrufe.
Herabwürdigung fremder Symbole
Ein zweiter Paragraf werde ebenfalls schlagend, so Ainedter: §317 sieht Strafen für die Herabwürdigung fremder Symbole vor. Der Strafrahmen ist deutlich niedriger als bei der Verhetzung (bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe). Außerdem handelt es sich um ein sogenanntes Ermächtigungsdelikt - zuständig dafür, die Ermächtigung zur Verfolgung zu erteilen wäre die Bundesregierung.
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Eine Verhetzung begeht laut §283 StGB, wer vor vielen Menschen (ab circa 30 Personen), zur Gewalt oder zu Hass gegen Personen aufruft bzw. anstachelt, und zwar Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Weltanschauung, Staatsangehörigkeit, Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, einer körperlichen oder geistigen Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Ausrichtung. Eine Verhetzung begeht auch, wer eine der oben genannten Personengruppen so beschimpft, dass diese Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich gemacht werden könnte oder herabgesetzt wird und damit die Menschenwürde dieser Personen verletzen will.
Auch beim öffentlichen Leugnen, der öffentlichen Billigung, der öffentlichen gröblichen Verharmlosung oder Rechtfertigung von gerichtlich festgestelltem Völkermord oder Kriegsverbrechen handelt es sich um Verhetzung, wenn es gegen eine der oben genannten Gruppen (Religion, Herkunft, Hautfarbe etc.) oder gegen eine Person wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer der oben genannten Personengruppen erfolgt.
Weiterleitung ist ebenfalls strafbar
Wer verhetzendes Material gutheißt bzw. rechtfertigt und es einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht, begeht ebenfalls eine Verhetzung. Das bedeutet, dass auch das Teilen von verhetzenden Beiträgen in sozialen Medien strafbar sein kann. Es macht rechtlich keinen Unterschied, ob eine Verhetzung in der realen Welt oder im Internet, z.B. in einem Online-Forum, begangen wird. Trotzdem ist nicht jedes rassistische Posting automatisch strafbar.
Fremde Symbole (§317)So ahndet das Strafgesetz die Herabwürdigung fremder Symbole: "Wer auf eine Art, dass die Tat einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird, in gehässiger Weise eine Fahne oder ein Hoheitszeichen eines fremden Staates oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung, die von einer inländischen Behörde oder von einer Vertretung des fremden Staates oder der zwischenstaatlichen Einrichtung nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts oder nach zwischenstaatlichen Vereinbarungen angebracht worden ist, oder die bei einem öffentlichen Anlass vorgetragene Hymne eines fremden Staates beschimpft, verächtlich macht oder sonst herabwürdigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."
Verdächtige bestreitet Verhetzung
Die 17-Jährige wurde bereits vernommen worden und zeigte sich zur Sachbeschädigung geständig. Die Vorwürfe der Verhetzung bestreite sie jedoch. Die beiden anderen Täter will sie erst kurz vor dem Vorfall kennengelernt haben. Sie sollen sie zu der Aktion bewogen haben. Zudem betonte die junge Frau, stark alkoholisiert gewesen zu sein. Die österreichische Staatsbürgerin sei auf freiem Fuß angezeigt worden. Laut Polizei laufen Ermittlungen zu den anderen Tatverdächtigen.
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