Islamgesetz: Zweite Initiative will zum VfGH

Eine Moschee im 15. Wiener Gemeindebezirk.
Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft hält sogar Gang zum EuGH für möglich – auch Opposition unzufrieden.

Nach dem größten heimischen Dachverband islamischer Moscheenvereine, Atib, und der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ) plant eine weitere Initiative rechtliche Schritte gegen das neue Islamgesetz. Die Kritikpunkte des Netzwerks, das sich als politisch unabhängiger Zusammenschluss von Bürgern verschiedenster Konfessionen im Islam versteht, sind ident mit jenen anderer Muslime-Vertretungen: Das Auslandsfinanzierungsverbot von Gemeinden wird als Ungleichbehandlung gegenüber anderen Religionen empfunden.

Das Gesetz, das am Mittwoch im Nationalrat beschlossen werden soll, beinhalte zudem sicherheitspolitische Aspekte. "Wir stehen für eine klare Trennung von Staat und Religion ein und sind gegen eine Verkirchlichung des Islams in Österreich", lautet zudem ein weiterer Kritikpunkt, zitierte Ines Mahmoud aus einer Erklärung des Netzwerks.

Gang zum EuGH möglich

"Sollte das Gesetz im Nationalrat verabschiedet werden, ist das Netzwerk Muslimische Gesellschaft nicht nur gewillt, vor den VfGH zu gehen, sondern das Anliegen auch im EuGH vorzubringen", lautet nun die offizielle Protestankündigung. Und auch im Vorfeld des Beschlusses hat die Initiative eine Protestkundgebung am Dienstagabend vor dem Parlament organisiert.

Unzufrieden zeigten sich die Vertreter des Netzwerks auch mit der Rolle der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) bei den Verhandlungen zum Gesetz. Sprecher Murat Güröl kündigte an, sich an das Schiedsgericht der größten Muslime-Vertretung zu wenden und Klärung über die Beschlussfähigkeit des Gremiums bei der letzten Sitzung einzufordern. Dieser war eine "zähneknirschende" Zustimmung zum letztgültigen Gesetzesentwurf gefolgt. Intern gab es daraufhin Kritik an IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac, der die darin enthaltene Kritik nachträglich abgeschwächt haben soll.

Ablehnung auch seitens der FPÖ

Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat die Rolle der IGGiÖ kritisiert. "Man fragt sich, wie es sein kann, dass diese Glaubensgemeinschaft ohne Mitglieder in diesem Gesetz ein wesentlicher Faktor ist", so Strache. Er sieht "unglaubliche Schönheitsfehler", denn die IGGiÖ repräsentiere keineswegs alle Muslime in Österreich: "So gesehen ist das eine ganz komische Grundvoraussetzung." Auch das Verbot der Auslandsfinanzierung greift überhaupt nicht, das ist ein völliges Placebo", zeigte sich Strache überzeugt. Imame selbst dürften zwar nicht mehr über das Ausland finanziert werden, die Finanzierung der "unzähligen islamischen Vereine" sei aber weiterhin auf diese Art möglich.

Zudem erlaube das Gesetz Muslimen, Kinder und Jugendliche durch alle religiöse Bräuche zu führen: "Was heißt das? Sind Bräuche, die dem Gesetz oder der Menschenwürde widersprechen, damit legitimiert? Diese Bestimmung ist ein Freibrief auch für radikale Islamisten kulturfremde Verhaltensmuster weiterzugeben", kritisierte der FP-Chef. Laut Gesetz müssten Predigten außerdem nicht in Deutsch abgehalten werden: "Das ist unverantwortlich." Wenn sie nicht Deutsch sprechen müssten, hätten "islamistische Hassprediger" weiterhin freie Bahn, warnte Strache - der befand: "Alles in allem ist das ein Husch-Pfusch-Gesetz."

Grüne finden Gesetz "ok"

Der stellvertretende Grünen-Klubchef Werner Kogler sieht das geplante Gesetz "differenziert, einige Elemente sind tragfähig". Von der Intention her sei das neue Islamgesetz "ok", es sei "gut gemeint, aber nicht gut gemacht". Die Einwände diverser Vereine ist für ihn nachvollziehbar. Sein Hauptvorwurf lautet, dass ein paar Elemente daraus als "Generalverdacht" gegen die Glaubensgemeinschaft ausgelegt werden könnte. Auch ortet er beim Verbot der Finanzierung aus dem Ausland eine Umgehungsmöglichkeit.

Vom Team Stronach wird es keine Zustimmung zum Islamgesetz geben. Als Begründung führte Außenpolitik-Sprecherin Jessi Lintl unter anderem an, dass die Finanzierung des Kultusbetriebes aus dem Ausland nach wie vor möglich sein werde. Hier biete das neue Gesetz Schlupflöcher, etwa über Stiftungen. Außerdem prüfe der Verfassungsgerichtshof derzeit, ob die IGGiÖ rechtlich überhaupt existiert. "Vor einer gesetzlichen Neuregelung hätte das Ergebnis des Verfassungsgerichtshofes abgewartet werden sollen", so Lintl. Laut ihr müssten viele der rund 450 Moscheevereine in Österreich nach dem neuen Gesetz geschlossen werden. "Auch hier gibt es eine Hintertür. Der Verein kann weiter bestehen, wenn er sich unter einem anderen Namen neu gründet", meinte Lintl.

Regierungsvertreter zeigten sich indes weiterhin zufrieden mit dem Gesetz. Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) sprach im Ö1-Morgenjournal abermals vom Wunsch nach einem Islam europäischer Prägung. Auch andere europäische Staaten seien am österreichischen Modell interessiert.

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