Immer Ärger mit Spenden: Brauchen Parteien wirklich so viel Geld?

Immer Ärger mit Spenden: Brauchen Parteien wirklich so viel Geld?
Förderungen, Spenden und trotzdem verschuldet: Was machen die Parteien mit dem vielen Geld? Und warum ist noch immer so vieles im Dunkeln?

Der neueste Wirbel um Parteispenden und Parteifinanzen begann diesmal mit einer freundlichen SMS: „Guten Morgen, hätte eine Bitte: bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich eines Problems, das wir in Italien haben!“. Geschickt hatte diese SMS ein Manager der Novomatic, adressiert war sie an den damaligen Wiener ÖVP-Stadtrat Gernot Blümel.

Was hinter der SMS steckt, ermitteln die Justizbehörden gerade, die ÖVP dementiert jedenfalls vehement, dass sie Spendengeld der Novomatic genommen oder für den Glücksspielkonzern in Rom in einer Steuercausa interveniert habe.

Die SMS hat das Thema aber nach dem Ibiza-Video wieder zurück in die Schlagzeilen gebracht. Und beim Blick aufs Ganze, auf Parteispenden, auf die Parteienfinanzierung, auf Wahlkampfkosten, bleibt oft ein ungutes Gefühl.

Immer Ärger mit Spenden: Brauchen Parteien wirklich so viel Geld?

„Österreich hat unter den OECD-Ländern die höchste staatliche Förderung“, erklärt Thomas Hofer, Politikberater und Meinungsforscher, das erste, grundlegende Problem. 212 Millionen Euro aus dem Steuertopf bekommen die Parteien im Bund und in den neun Bundesländern allein im Jahr 2021. Da könnte man doch annehmen, das reicht. Tut es aber offenbar nicht.

„Das hat schon auch damit zu tun, dass vor allem die SPÖ und die ÖVP seit 1945 riesige, hypertrophe Parteiapparate aufgebaut haben, bis in die kleinsten Bezirke“, sagt Josef Kalina, ein Kenner der Problematik. Der Unternehmer war einst SPÖ-Bundesgeschäftsführer und weiß, was sonst noch viel Geld verschlingt. Strategieberater, Coachings, Werbefachleute, Werbevideos samt Kamerateams und Visagisten, Veranstaltungen, Betreuung der Mailinglisten und vieles mehr. „Auf der anderen Seite sinken die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen dramatisch – eine scheußliche Entwicklung.“

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Tatsächlich kann sich jeder auf der Webseite des Rechnungshofs die Rechenschaftsberichte der Parteien ansehen, auch wenn diese nicht sehr leserfreundlich aufbereitet sind. Jede Partei muss bis zum Herbst des Folgejahres so einen von Wirtschaftsprüfern kontrollierten Bericht an den Rechnungshof schicken, der dann alles prüft.

Doch wenn Berichte verspätet oder fehlerhaft einlangen, kann es schon vorkommen, dass etwa der Rechenschaftsbericht der FPÖ von 2018 noch immer nicht veröffentlicht ist. Als Erklärung sagt der Sprecher des Rechnungshofs, Christian Neuwirth, zum KURIER: „Beim FPÖ-Rechenschaftsbericht 2018 ist es so, dass er an uns erst verspätet geliefert wurde und das Verfahren doch etwas aufwendiger war. Wir sind aber nahezu fertig.“ Strafen für Verzögerungen gibt es freilich nicht.

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Spenden

Der Kern des Wirbels ist im Grunde keiner mehr, jedenfalls nicht offiziell: 2019 und 2020 meldete die ÖVP keine Einnahmen aus Spenden, die SPÖ 84.000 Euro. Allerdings gab es 2019 eine Novelle nach dem Ibiza-Video, wo Rote und Blaue gemeinsam die Spendenannahmen gesetzlich massiv begrenzten. Dabei ist fraglich, ob diese Limits wirklich sinnvoll sind, wirft Politikberater Hofer ein (siehe Artikel unten).

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Umgehungen

„Es stimmt, Spenden sind stark limitiert“, erklärt der Transparenz- und Anti-Korruptionsaktivist Matthias Huter vom Forum Informationsfreiheit. „Es gibt aber sehr viele Wege und Möglichkeiten, das zu umgehen.“ Man könne also seiner politischen Partei viel Geld zukommen lassen, ohne irgendwo aufzuscheinen. Das mag offiziell von allen verpönt sein. Auf eine Regeländerung im Parlament samt Strafen wartet die Öffentlichkeit bis heute.

Jetzt steht wieder eine Reform des Systems an. Die Grünen haben vor wenigen Tagen der ÖVP einen „sehr dicken Entwurf übermittelt“, erklärte dazu Klubchefin Sigrid Maurer. „Mehr Kontrolle durch den Rechnungshof, schärfere Strafbestimmungen, eine andere Struktur der Rechenschaftsberichte“, seien nur einige Punkte darin. Angedacht sind auch höhere Pönalen, wenn im Wahlkampf das Ausgaben-Limit (derzeit 7 Millionen Euro) deutlich übersprungen wird. „Ich kann mir die Grenze bei den Wahlkampfkosten aufmalen, solange die Strafen so gering sind“, sagt Maurer.

Seit dem Telekom-Skandal 2011 wird um Transparenz bei den Parteien gerungen. Bleibt abzuwarten, ob es diesmal gelingt.

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