Im Netz tummeln sich Heckenschützen
Sebastian Kurz kann viele Gestalten annehmen, wenn es nach den Machern der Facebook-Seite "Die Wahrheit über Sebastian Kurz" geht: Mal ist sein Gesicht auf einen Papagei gepflanzt, mal auf den Körper eines von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel im Arm gehaltenen Babys, mal auf einen Fahrschüler des schwarzen Ex-Chefs.
Ein paar Klicks weiter, in einer nachgestellten WhatsApp-Unterhaltung, wird er als Grasser-Kopie und Schüssel-Marionette dargestellt. Gesehen haben dieses Video bis dato 700.000 Menschen, gefallen tut es Tausenden. Einer Kommentatorin nicht: "Gibt’s denn keine Gruppe ,Die Wahrheit über Alfred Gusenbauer‘?", postet sie unter das Video.
Zahlen für Postings
Eine Kampagne gegen Kurz verfolgen auch die "Freunde der Wahrheit", eine Seite mit rund 7000 Facebook-Fans und hundertfach geteilten Postings. Noch gefinkelter: "Wir für Sebastian Kurz". Die reichweitenstarke Facebook-Seite macht den Anschein, den ÖVP-Chef zu unterstützen – in der ÖVP vermutet man allerdings, dass die Seite Kurz schaden soll. Nicht selten wird für die Bewerbung der professionell gestalteten Seiten auch ordentlich Geld in die Hand genommen: So überweist etwa "Die Wahrheit über Sebastian Kurz" einiges an das Soziale Netzwerk, damit möglichst viele FPÖ-Fans ihre Beiträge sehen.
Die "Freunde der Wahrheit" adressierten ihre Postings für Geld an Neos-Fans – auch andere genannte Seiten "sponsern" eifrig, um einzelne Zielgruppen zu erreichen.
Das Heikle an der Sache: Wer dahinter steckt, ist meist nicht zu eruieren – Facebook verrät nichts über die Identität der Seitenbetreiber.
Wer die Meinungsmacher anschreibt, bekommt allerhöchstens ausweichende Antworten. Aus den vorhin genannten Kampagnen-Seiten, die nur einen kleinen Auszug derartiger Initiativen darstellen, sind lediglich bei zweien die Betreiberverhältnisse relativ klar: So wird "Fass ohne Boden" etwa von einem Ex-Pressesprecher des ÖVP-Wirtschaftsbundes betrieben. Die linke Seite "Die 95 Prozent" hingegen stammt laut Vereinsregister auch aus der Feder einer ehemaligen ORF-Journalistin.
"Das anonyme Anpatzen", sagt Politikberater Thomas Hofer zum KURIER, "wird zunehmend zum Problem".
Die Anonymität auf Facebook lade dazu ein, scharfe Geschütze aufzufahren – schließlich biete "das asoziale Netzwerk bisher nicht da gewesene Möglichkeiten, mit riesiger Reichweite Dirty Campaigning zu betreiben", erklärt der Experte.
Dass hie und da Parteien dahinterstecken, sei zwar nicht nachzuweisen – aber auch nicht auszuschließen. "Die Verlockung wäre jedenfalls groß, anonym zu derlei Mitteln zu greifen". Wer auch immer sie betreibt: Die Seiten vergiften das politische Klima.
Und eines ist laut Hofer fix: "Kleiner wird dieses Problem nicht."
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