Putsch-Gedenkfeier: Journalisten nicht willkommen

Keine Journalisten willkommen: Sonntag bei einer UETD-Gedenkveranstaltung
In Wien lud ein AKP-naher Verein zur Gedenkfeier. Journalisten? Nicht willkommen.

An den meisten Sonntagen ist die Liesinger Eitnergasse das, was man in Wien ein totes Eck’ nennt. Speditionen und Umzugsunternehmen betreiben hier Verteilerzentren und Garagen; Es gibt eine Firma für Pumpsysteme, eine andere verpackt Tee, kurzum: Wir sind in einer unspektakulären Industriezone, in der sonntags kaum jemand auf der Straße ist.

Es gibt aber auch andere Sonntage. Das sind die, an denen im "Etap" etwas los ist. Das Veranstaltungszentrum steht mitten in der Eitnergasse, und es hat sich als Event-Location einen Namen gemacht: Türkische Hochzeitsgesellschaften zelebrieren hier ihre Feiern. Vor Jahren war sogar Sebastian Kurz zu Gast – die Islamische Glaubensgemeinschaft lud damals zum Fastenbrechen.

An diesem Sonntag geht’s freilich nicht ums Heiraten oder den Ramadan, es geht um Politik. Um türkische Politik. Und vielleicht ist deshalb die Stimmung ein wenig, na sagen wir: besonders.

Was geschieht?

Analog zu Erdoğans Gedenkfeiern in der Türkei (siehe Seite 5) lädt auch die Union Europäisch-türkischer Demo-kraten, kurz UETD, zu einer Gedenkfeier an den türkischen Putsch vor einem Jahr.

Das Treffen hatte vorab für Verwirrung gesorgt: Der türkische Wirtschaftsminister wollte kommen – wurde aber vom Außenministerium ausgeladen.

Hamza Dağ, Vizepräsident der Regierungspartei AKP und Abgeordneter, wollte nach einer Rede in Nürnberg ebenfalls in Wien zu AKP-Fans sprechen. Doch auch Dağ sagte ab; dafür kamen gestern Ex-EU-Mandatar Ozan Ceyhun und UETD-Chef Zafer Sırakaya.

Polizei vor Ort

Die Polizei baute vor: Fünf Einsatzbusse parkten in der Nähe des Veranstaltungszentrums, Streifen fuhren im Schritttempo in den Gassen.

Und schließlich, und damit sind wir bei einem der zentralen Punkte, sorgt auch die UETD für "Sicherheit": Bei der Eingangstür kontrollieren Männer in schwarzen Anzügen, dass nur geladene Gäste in den Saal kommen. Manche von ihnen tragen den Halbmond am Revers.

Journalisten sind während der Veranstaltung ausdrücklich nicht willkommen.

Bis zum Beginn, als die Gäste eintrudeln, dürfen ausgesuchte Kamerateams kurz in den Saal, ein schneller Blick auf die rund 200 Gäste.

Dann aber, bei den Reden, sollen Medien besser nicht dabei sein. "Ihr macht ja doch alle nur Fake News", ätzt ein UETD-Sympathisant.

Anfeindungen

Was den KURIER angeht, wird sehr schnell sehr klar, dass die Reporter an der Türschwelle maximal geduldet sind – die Kritik an Erdoğan, seiner Politik und dem Verhalten mancher in Österreich agierender Türkei-Verbände ist Grund für offene Anfeindungen.

"Sie sind Terror-Sympathisanten! Allein, dass Sie da sind, ist eine pure Provokation", wirft ein UETD-Sprecher den KURIER-Reportern an den Kopf. Nicht viel besser ergeht es den Kamerateams, die Besucher beim Eingang interviewen wollen.

"Sprecht nicht mit denen, mit denen gibt’s nichts zu reden", blaffen die Anzugträger die Besucher an. Auf Türkisch, damit’s nicht so auffällt. Und die Besucher gehorchen, huschen ins Innere.

Es ist, so darf man das wohl sagen, einigermaßen ernüchternd, dass alle Versuche, ins Gespräch zu kommen, misslingen.

"Sind Sie denn von Herrn Aktas akkreditiert?", antwortet UETD-Boss Zafer Sırakaya auf die Frage, ob er ein Interview geben würde. Ist man nicht, denn: Herr Aktas, das war genau der, der die Journalisten als "Terror-Sympathisanten" bezeichnet hat.

Es gibt nur einen Moment an diesem Abend, an dem die schwarzen Anzugträger noch überraschend freundlich werden. Es ist der Moment, als die letzten Fotografen unverrichteter Dinge abziehen.

"Tschüss!", rufen sie den Journalisten nach. Es klingt freundlich, nicht zynisch. So, als wäre gar nichts passiert.

Kommentare