Hypo: Vier Top-Fachleute sollen reinen Tisch machen

Irmgard Griss, Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission
Ex-OGH-Präsidentin Griss betraut zwei Deutsche und zwei Schweizer mit der Hypo-Aufklärung.

Die Symbolik hätte stärker nicht sein können: In der kargen Aula der Akademie der Wissenschaften nimmt Irmgard Griss Platz, vor ihr ein unscheinbarer Tisch mit einem weißen Tischtuch, rund um sie nur kahle Wände. Eine echte tabula rasa, die leere Tafel, vor der sie am Beginn ihrer Untersuchung des größten Finanzdebakels der Zweiten Republik steht.

Knapp beschreibt die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes ihre Aufgabenstellung: "Was ist in der Causa Hypo passiert, wann ist was passiert – und warum, das soll die Kommission herausfinden." Zur Seite stehen ihr vier Fachleute für Bankwesen und Bankenwirtschaft aus Deutschland und der Schweiz, "alles Experten, die absolut unabhängig sind und nie zuvor mit der Hypo beschäftigt waren".

Hypo: Vier Top-Fachleute sollen reinen Tisch machen
Die Idee zur Kommission kam von Finanzminister Michael Spindelegger, er nominierte Griss, hatte aber keine Mitsprache bei der Besetzung der Kommission. Diese startete mit dem Makel, ein politisches Feigenblatt zu sei, weil sich die Regierung damals noch strikt weigerte, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Griss sieht sogar Vorteile in ihrer Arbeit gegenüber einem U-Ausschuss: Zwar sei ihr bewusst, dass sie weniger Rechte als ein Ausschuss habe – sie kann niemand vorladen, Akten nur erbitten und Wahrheitspflicht von Auskunftspersonen besteht auch nicht –, dafür könne "ohne sachfremde Überlegungen" gearbeitet werden.

Sie will so rasch wie möglich – angepeilt wird Ende des Jahres – einen Abschlussbericht vorlegen. Dort würde auch vermerkt, wenn sich Auskunftspersonen weigern, zu kommen oder Akten nicht geliefert werden. Griss schließt nicht aus, dass auch Zwischenberichte veröffentlicht werden. Die Kommission wird ab Mai ihre Arbeit aufnehmen. Die Ex-OGH-Chefin arbeitet ehrenamtlich, alle anderen Kommissions-Mitglieder werden "marktüblich" bezahlt.

Mittwoch Vormittag präsentierte Irmgard Griss ihre Kommission im Finanzausschuss des Parlaments. "Natürlich ist ihr bewusst, dass sie mit ihrer Kommission weitaus weniger Möglichkeiten haben wird, als wir mit dem von uns geforderten Untersuchungsausschuss", sagte Neos-Finanzsprecher Rainer Hable nach dem Treffen zum KURIER. "Aber sie ist dennoch zuversichtlich. Griss ist zweifellos eine sehr honorige Persönlichkeit, die ihr Bestes versuchen wird. Nichtsdestotrotz leitet sie eine Regierungskommission, die die Regierung überprüfen soll, und das kann einen U-Ausschuss niemals ersetzen", kritisiert Hable. "Wir fordern, dass sie regelmäßig in den Finanz-Ausschuss kommt, um uns über den Ermittlungsstand zu informieren. Das ist ein Minimum."

"Die hat schon was vor"

Der grüne Abgeordnete Werner Kogler erzählt, dass er sich schon Anfang dieser Woche mit Griss in Graz getroffen habe. "Sie macht einen sehr aufrichtigen und entschlossenen Eindruck. Die hat schon was vor, die Frau Doktor Griss, zumindest soweit sie mit ihrem Auftrag tatsächlich kommen kann."

Als problematisch sieht Kogler eher die von Griss nominierten Experten: "Man findet doch immer vier Weise, die in die eine oder andere Richtung argumentieren." Kogler frage sich, welche Haltung diese Experten haben: "Ein Ex-Chef der Deutschen Bank in Luxemburg – das ist für mich schon eine heftige Biografie im Hinblick auf jene Fragen, die nun geklärt werden sollen."

Am Mittwoch gab es im Parlament immerhin einen Konsens, dass ein U-Ausschuss künftig Minderheitsrecht werden soll. Die Oppositionspolitiker fordern weiterhin, einen Hypo-U-Ausschuss einzusetzen. Dazu gibt es nach dem Vorarlberger Landtag eine weitere Aufforderung an den Bund: Auch der steirische Landtag macht sich – einstimmig, also auch mit den Stimmen der SPÖ- und ÖVP-Abgeordneten – für einen U-Ausschuss stark.

Carl Baudenbacher

Der Schweizer Professor und Doppeldoktor begann seine wissenschaftliche Karriere in den 1980er-Jahren in Deutschland, 1987 bekam er einen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels-, Arbeits- und Wirtschaftsrecht in Kaiserslautern, danach wechselte er an die Uni St. Gallen. Mitte der 1990er-Jahre wurde er Richter, zuerst am OGH in Liechtenstein, danach am EFTA-Gerichtshof, den er ab 2003 als Präsident leitete. Baudenbacher gilt u. a. als Experte für Vertrags- und Gesellschaftsrecht.

Manuel Ammann

Der Schweizer ist 1970 geboren und damit das jüngste der fünf Mitglieder der Kommission. Ammann studierte in Kanada und der Stern School of Business in New York, seit 1999 lehrt er wie sein Landsmann Baudenbacher in Sankt Gallen. Nach Gastauftritten in Berkeley und Ulm ist Amann seit 2011 stellvertretender Dekan der School of Finance in St. Gallen. Der Professor ist Mitglied einer Expertengruppe des Schweizer Bundesrates, zudem publiziert er regelmäßig zu Finanzthemen.

Claus-Peter Weber

Der 75-Jährige startete seine Karriere 1967 in der deutschen Filiale von Arthur Anderson, einer der damals größten Wirtschaftsberatungs- Unternehmen der Welt. Dort war er für die Prüfung großer Versicherungen verantwortlich und als Berater und Gutachter bei Finanzdienstleistern tätig. Der Vater von zwei Kindern blickt auf 40 Jahre Erfahrung als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zurück und gilt als Experte für Rechnungslegung und Bilanzierung.

Ernst-Wilhelm Contzen

Der gebürtige Kölner, Jahrgang 1948, studierte in Düsseldorf "Jura" und trat danach in die Dienste der Deutschen Bank ein. Er leitete fünf Jahre lang die Banktochter in Belgien und wurde 1998 CEO in Luxemburg. Mittlerweile ist er auch Staatsbürger Luxemburgs, dort übernahm er zahlreiche weitere Tätigkeiten, unter anderem in einem Thinktank unter Führung des Finanzministers und als Präsident des Verwaltungsrates der Luxemburger Vereinigung für Finanzindustrie.

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