Hofburg: Wem nützt die Schlammschlacht im Finale?
In fünf Tagen wird ein neuer Bundespräsident gewählt. Was keiner wollte, ist in den vergangenen Tagen massiv eingetreten: Der Wahlkampf ist ein Lagerwahlkampf geworden, der die Bevölkerung polarisiert wie nie.
Augenzeuge konnte man Sonntagabend werden, als FPÖ-Kandidat Norbert Hofer und der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen in einer 45-minütigen ATV-Diskussion ohne Moderator sich alles andere als präsidentiell benahmen.
Stimmungsmacher
FPÖ-Chef Heinz Christian Strache macht praktisch im Stundentakt auf seiner Facebook-Seite Stimmung für Hofer und gegen Van der Bellen. Der Grüne wiederum lud Montagabend ins Wiener Konzerthaus, wo eine Vielzahl von Künstlern für den Grünen Professor warb. (André Heller meinte dort zum erhofften Wahlsieg bereits: "Ich danke, dass es geschehen wird.")
Am Donnerstag findet die letzte TV-Konfrontation – diesmal wieder mit Moderator – im ORF statt. Ebenfalls am Donnerstag lädt die "Offensive gegen Rechts" abends zu einer Kundgebung am Ballhausplatz – sehr zum Missfallen von Van der Bellens Team, die Tumulte durch Demo-Teilnehmer befürchten.
Gespaltene Bevölkerung
Wie sich zeigt, sind Österreichs Bürger in diesem Wahlkampf polarisiert wie noch nie, sagt Politologe Fritz Plasser: "Schon vor dem ersten Wahlgang hat man ein stark polarisierendes Bild gesehen, mit diametral gegenüberstehenden Gruppen quer durch die Bevölkerung. Sie spalten sich bei grundsätzlichen Fragen, etwa bei der Einstellung zur Flüchtlingskrise, zur EU oder ob man ein Vertrauen oder ein Misstrauen gegenüber der Spitzenpolitik hat."
Aber wem nützt das, wer kann daraus einen Vorteil ziehen? Plasser: "Aus meiner Sicht bringt diese Polarisierung keinem der Kandidaten Vorteile." Polarisierung sei aber vor allem auch "Mobilisierung. Ich gehe davon aus, dass die Wahlbeteiligung im Vergleich zum ersten Wahldurchgang steigt." Damals lag sie bei rund 68,5 Prozent.
"Nicht hinnehmbar"
Plasser sei selbst überrascht gewesen, wie stark die Polarisierung der Wähler sei: "Da ist eine große Kluft in der Gesellschaft. Vor allem das Misstrauen vieler Menschen in die Politik ist ein Tiefenphänomen und nicht nur oberflächlich."
Diese Spaltung der Gesellschaft, warnt der erfahrene Politologe, werde die Innenpolitik noch lange beschäftigen. "Das ist eigentlich nicht hinnehmbar und wird eine ganz wichtige innenpolitische Integrationsaufgabe in den kommenden Jahren."
Ob sich mit dem neuen SPÖ-Kanzler Kern daran etwas ändern wird? "Kurzfristig eher schon. Aber für eine gravierende und anhaltende Verbesserung fehlt mir der Optimismus."
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