Hofburg: Grün und Blau buhlen mit "Heimat"-Plakaten
Mitten im Grünen vor dem barocken Wiener Palais Schönburg präsentiert Alexander Van der Bellen seine Wahlplakate. Und sich auf diesen von zwei vollkommen unterschiedlichen Seiten.
Zwei Mal ist der ehemalige Grünen-Chef staatsmännisch – in Anzug und Krawatte – und zwei Mal leger – in Jeans mit offenem Hemdknopf – auf einer Alm zu sehen. Zu lesen sind Slogans wie "An Österreich glauben", "Mutig in die neuen Zeiten" – und "Heimat braucht Zusammenhalt". Dass ausgerechnet der liberale Wirtschaftsprofessor mit dem Begriff Heimat wirbt, der bis dato in Wahlkämpfen vornehmlich der FPÖ vorbehalten war (FPÖ-Hofburg-Kandidat Norbert Hofer wirbt mit "Deine Heimat braucht Dich jetzt"), irritiert. Van der Bellen löst auf: "Ich bin selbst ein Flüchtlingskind. Mir ist Heimat wichtig. Niemand hat das Privileg, ‚Heimat‘ politisch für sich zu vereinnahmen."
Heimat aus Kalkül
Kommunikationsberater Stefan Sengl, der erfolgreich den zweiten Wahlkampf von Heinz Fischer koordinierte, weiß: "Der Begriff wird in der Politik immer wieder neu verhandelt, den überlässt man nicht anderen Parteien. Das heißt nicht, dass Van der Bellen automatisch für FPÖ-Sympathisanten wählbarer wird oder der FPÖ gar Stimmen wegnimmt." Kalkül stecke jedenfalls dahinter. "Jeder kann mit dem Begriff Heimat etwas anfangen."
Sengl geht wie OGM-Meinungsforscherin Karin Cvrtila davon aus, dass insbesondere die Landschaftsmotive und entsprechenden Slogans andere als Grün-Wähler ansprechen werden. "Van der Bellen muss sich auch breiter aufstellen, das bürgerliche Lager ansprechen", sagt Cvrtila. Ansonsten werde es ihm nicht gelingen, in die Stichwahl zu kommen beziehungsweise in die Hofburg einzuziehen. "Er gilt bei vielen als Grüner, obwohl er auf seine Unabhängigkeit pocht. Die Plakate suggerieren, dass er überparteilich sein will."
Hymne als Slogan
Auffällig sei, da sind sich die Experten einig, dass die Motive auf den ersten Blick "staatstragend" respektive "sympathisch" und die Slogans bekannt wirken. "Die Sätze sind etablierte Versatzstücke. Man hat sie alle schon einmal gehört oder gelesen. ,Mutig in die neuen Zeiten‘ ist die dritte Strophe der Bundeshymne. Und ,An Österreich glauben‘ erinnert frappant an Leopold Figls Weihnachtsansprache 1945, in der er sagte: ,Glaubt an dieses Österreich‘", sagt SkillsGroup-Geschäftsführer Stefan Sengl.
Bemerkenswert ist für Sengl, dass die Alm-Fotos im Sommer, spätestens im Herbst gemacht worden sein müssen. Van der Bellen hat allerdings erst im Jänner dieses Jahres bekannt gegeben, zu kandidieren.
Fünf Wochen vor der Wahl für das höchste Amt im Staat läuft der Wahlkampf für das Gros der Kandidaten auf Sparflamme. Alexander Van der Bellen, der gestern seine Plakate präsentiert hat, will seine leichte Verkühlung auskurieren – und wird laut seinem Sprecher "nur mehr ein bissl unterwegs sein", ehe am 28. März die Plakate von ihm und allen anderen Kandidaten österreichweit zu sehen sein werden.
Andreas Khol, der unter anderem mit "Erfahrung macht stark" landesweit auf Plakaten ab 28. März werben wird, tourt nach dem gestrigen Niederösterreich-Tag heute in Oberösterreich. Am Mittwoch gilt es für ihn noch einige Medientermine wahrzunehmen, ehe er bis einschließlich Ostermontag eine Wahlkampfpause einlegt. Ähnlich hält es der Kandidat der Freiheitlichen. Norbert Hofer nimmt Interviewtermine wahr, ehe es ab Gründonnerstag in kurze Osterferien mit der Familie geht. Eine Ballonfahrt in der Steiermark, die für Mittwoch avisiert war, wurde ob schlechter Wetterprognosen abgesagt.
Einzig die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss und SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer werben in der Karwoche weiter wie gewohnt um Stimmen. Hundstorfer tut es seinem schwarzen Kontrahenten Khol gleich und besucht die Bundesländer. Tagestouren durch Tirol, Oberösterreich, Salzburg und die Steiermark stehen bis einschließlich Karfreitag ebenso auf seinem Kalender wie Interviewtermine mit diversen Medien.
Irmgard Griss, die im Wahlkampf auf Spenden angewiesen ist – bis dato weist ihre Homepage knapp 630.000 Euro aus –, wirbt sogar am Ostersamstag. Grund: Ihr Sohn, der in Lausanne lebt, zeigt sich mit ihr zum ersten Mal in der Medienöffentlichkeit. Davor nimmt die ehemalige Höchstrichterin zudem noch zwei Mal die Gelegenheit wahr, das jüngst über sie erschienene Buch "Im Gespräch mit Irmgard Griss" in Salzburg und Graz zu signieren und Radio wie Printmedien Interviews zu geben.
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