Klimakonferenz ohne Fortschritt: Was dennoch Hoffnung macht
Am späten Samstagnachmittag ist im brasilianischen Belém der 30. UN-Klimagipfel zu Ende gegangen. Zwei Wochen lang haben die Vertreter der 193 Vertragsstaaten der UNO-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) in teils erbitterten Verhandlungen um jedes Verb und jedes Adjektiv in mehr als hundert unterschiedlichen Vertragstexten gerungen.
Diplomaten aus EU-Kreisen sprechen von einem „nicht zufriedenstellenden Ergebnis. Es war kein Rückschritt, es war kein Fortschritt“, erfuhr der KURIER.
Das Ziel ist noch weit weg
Global gesehen ist das erneut nicht die Antwort der Weltgemeinschaft, die viele vom Klimawandel besonders betroffene Staaten – etwa Inselstaaten oder Länder, die zuletzt von extrem starken Wirbelstürmen getroffen wurden, wie durch Hurrikan „Melissa“ auf Jamaika oder die Taifune „Fung-wong“ und „Kalmaegi“ in Südostasien – dringend gebraucht hätten.
Weltweit steigen die Treibhausgas-Emissionen zudem weiterhin statt zu sinken. Immerhin verlangsamt sich der Anstieg: 2015 gingen wissenschaftliche Prognosen der Erderwärmung bis 2100 noch von einem horrenden Plus von bis zu 4 Grad aus, inzwischen sind es „nur“ noch 2,6 Grad – weil Staaten begonnen haben, Klimaschutz zu betreiben und Treibhausgase zu begrenzen. Österreich erreichte seinen Höchststand der Emissionen 2005.
Damit ist das über allem stehende Ziel, die Erwärmung „deutlich unter 2 Grad und möglichst bei 1,5 Grad“ zu halten – so steht es im Pariser Klimavertrag von 2015 –, noch lange nicht erreicht.
Die Konferenz von 2015 in Paris gilt als die erfolgreichste, weil sie Klimaziele und die Transition der Volkswirtschaften beschloss.
Ausstieg aus fossiler Energie "versenkt"
„Global Mutirão: Die Menschheit vereint in einer globalen Mobilisierung gegen den Klimawandel“, heißt das zentrale Abschlussdokument. „Mutirão“ ist ein Begriff aus indigenen Sprachen Brasiliens und bedeutet so viel wie „gemeinsame Anstrengung“. Genau das war das Ziel dieser 30. Klimakonferenz – erreicht wurde es nicht.
„Ölreiche Staaten versenken Einigungen über den Ausstieg aus den fossilen Energien“, titelt die Sunday Times. „Verletzliche Staaten bleiben links liegen, weil die Finanzhilfen von 1,3 Billionen Dollar auf 2035 verschoben wurden“, kritisiert das nigerianische Blatt Cable. Kurz gesagt: Mit den erreichten kleinen Fortschritten ist niemand zufrieden.
Wesentliche Verursacher des Klimawandels sind die Treibhausgase aus der Verbrennung fossiler Energieträger – Öl, Gas und Kohle. Doch das Wort „fossil“ kommt im Schlussdokument dieser Klimakonferenz erneut nicht vor – ein Umstand, der zweifellos niederschmetternd ist. Das liegt an den Regeln der UNO, die bei Weltkonferenzen Einstimmigkeit verlangen: Jedes noch so kleine Land kann ein Veto einlegen.
Die Verhandlungen haben erneut gezeigt, dass ölreiche Staaten wie Saudi-Arabien oder Nigeria keinem Schlussdokument zustimmen wollen, das „fossil“ in welcher Form auch immer erwähnt.
Deshalb wurde in bisher 30 Klimakonferenzen nur ein einziges Mal ausdrücklich von fossilen Energien in einem Schlussdokument gesprochen: bei der 28. Klimakonferenz in Dubai 2023, als sich die Staaten auf eine „Abkehr von fossilen Brennstoffen“ einigten. Wie sich zeigt, müssen die progressiveren Staaten jedes Jahr erneut um solche Formulierungen kämpfen.
Bei der Klimakonferenz 2023 in Dubai wurde zum ersten Mal der Ausstieg aus Fossilen im Schlussdokument genannt.
Österreichs Klimaschutzminister Norbert Totschnig (ÖVP) erklärte: „Nach langen und intensiven Verhandlungen konnte ein Beschluss erzielt werden, der als Minimalkompromiss auch für die Europäische Union tragbar ist. In Sachen Klimaschutz bleibt dieses Paket aber weit hinter dem zurück, was die EU für notwendig erachtet.“
Etwas Positives
Immerhin wurde auf der Klimakonferenz die „Belém Mission zu 1,5 Grad“ ins Leben gerufen, um die internationale Zusammenarbeit zu stärken und Länder zu ambitionierteren nationalen Klimazielen und Anpassungsplänen zu bewegen. Das bedeutet, dass der Fokus auf das 1,5-Grad-Ziel weiterlebt – und das ist vielleicht eine der wichtigsten Botschaften dieses Gipfels.
Das Ziel, die Finanzhilfen – Kredite, Sicherheiten, Direktzahlungen – für vulnerable und ärmere Staaten bis 2035 auf 1,3 Billionen Dollar zu verdreifachen, wurde bestätigt, aber nicht konkretisiert. Dafür wurde ein Technologie-Umsetzungsprogramm präzisiert: Es soll Entwicklungsländer beim Einsatz klimafreundlicher Technologien unterstützen – sowohl bei der Emissionsreduktion als auch bei der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung. Damit richten sich alle Hoffnungen wie immer auf die nächste Klimakonferenz: Sie wird 2026 im türkischen Antalya unter dem Vorsitz Australiens stattfinden.
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