ÖVP-Minister Totschnig verlässt den Klimagipfel und erntet Kritik

Umweltminister Totschnig in Belem
Bei der Klimakonferenz sind Donnerstagabend nur mehr zwei heimische Politiker vor Ort – von den Grünen.

Donnerstagmittag, 36 Stunden vor dem geplanten Ende der 30. Klimakonferenz im Belém, Brasilien, hat Österreichs Umweltminister Norbert Totschnig die strapaziöse Heimreise angetreten. Totschnig lässt sich bis zum Ende des Gipfels durch Beamte vertreten und sagt, dass er regelmäßig über Zwischenstände informiert wird.

Außer Totschnig war von den Regierungsparteien nur die Abgeordnete und ÖVP-Umweltsprecherin Carina Reiter vergangenes Wochenende vor Ort, sie besuchte die diesjährige interparlamentarische Konferenz.

Auffallend war dennoch, dass von den Regierungsparteien sonst kaum etwas zu hören war. Der SPÖ-Klub verwies auf insgesamt je drei Aussendungen ihres EU-Abgeordneten und Umweltsprechers Günther Sidl und ihrer Umweltsprecherin im Parlament, Julia Herr. Somit sind die einzigen Politiker die regelmäßig zum Klimagipfel kommunizieren, jene von FPÖ und Grünen, wenn auch mit ziemlich konträren Zugängen. Die Freiheitlichen sprechen von einem „Klimajetset“ beim Klimagipfel und verlangen seit Jahren eine „Abkehr vom klimakommunistischen Irrweg“.

Bernhard Gaul berichtet für den KURIER direkt von der Klimakonferenz in Belém. Alle seine Geschichten zur COP30 können Sie gesammelt hier nachlesen. 

„Keine progressive Rolle“

Seit Anfang da sind nur zwei gewählte Abgeordnete – von den Grünen: EU-Abgeordnete Lena Schilling und Umweltsprecher Lukas Hammer. Beide sehen den Auftritt Totschnigs in Brasilien kritisch. Hammer: „Eine aktive und progressive Rolle von Minister Totschnig wäre wichtig gewesen. Davon haben wir nichts gesehen. Stattdessen reist der Minister noch vor dem geplanten Ende ab. Er versucht also nicht einmal, den Anschein zu wahren, sich bis zum Schluss für ein gutes Ergebnis einzusetzen.“ Schilling ist Teil einer Abordnung des EU-Parlaments unterschiedlicher Parteien, Schilling wirkt beim Klimathema extrem sattelfest: „50.000 Menschen haben hier am Samstag für unsere Zukunft demonstriert. Diese Hoffnung, die es noch gibt, möchte ich als Abgeordnete an den Verhandlungstisch bringen, deshalb fahre ich zu Klimakonferenzen.“

Fakt ist, dass die Regierungsparteien in Brüssel vergangene Woche dennoch einen extrem weitreichenden Beschluss gefasst haben: Beschlossen ist ein EU-Gesetz, wonach die Treibhausgase bis 2040 um 90 Prozent sinken müssen. Benzin, Diesel, Heizöl, Erdgas werden also vom Markt verschwinden müssen.

Klimapolitisch ist das ein enormer Erfolg. Warum rühmen sich die Politiker nicht damit? Politikberater Thomas Hofer hat eine einfache Erklärung: „Derzeit ist es einfach so, dass die Leistbarkeit des Lebens alle anderen Themen dominiert. Die Furcht der Regierungsparteien ist einfach, dass einem das Propagieren für den Klimaschutz negativ ausgelegt wird, weil man damit den Eindruck erwecken könnte, man würde sich nicht um die Teuerung kümmern. Es geht nicht um das sachpolitisch Notwendige, sondern das politisch Verkaufbare. Und da zählt, abgesehen von den Grünen, der Klimaschutz derzeit nicht dazu.“

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