Heute geht es für SPÖ-Chef Faymann ums Ganze

Den Anfang machen in aller Früh die roten Gewerkschafter.
Gegen Mittag finden sich die SPÖ-Ländrechefs bei Werner Faymann im Kanleramt ein, um 13 Uhr gehen sie über den Ballhausplatz zum Mittagessen zu Bundespräsident Heinz Fischer. Um 16 Uhr schließlich tritt der 70-köpfige Parteivorstand zusammen.
Bei allen drei Gelegenheiten geht es um eine etwaige Faymann-Ablöse und um das derzeit geltende Koalitionstabu mit der FPÖ.
Die rechte Hand von Kanzler Werner Faymann, Josef Ostermayer, ist sich sicher, was das Ergebnis des heutigen Sitzungs-Marathons sein wird: Faymann wird SPÖ-Chef und Kanzler bleiben, der Bundesparteitag wird nicht auf vor den Sommer vorgezogen. Zudem werde die Linie der SPÖ gegenüber der FPÖ insofern geändert, als das geltende Koalitions-Tabu für Gemeinden und Bundesländer aufgehoben wird, auf Bundesebene aber bleiben soll.
Außerdem soll Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl seinen Willen bekommen, indem die SPÖ-Mitglieder in einer Urabstimmung über die SPÖ-Haltung zur FPÖ befinden.
Von diesem Plan hält Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser gar nichts. "Eine Ja- oder Nein-Abstimmung zur FPÖ schürt die Polarisierung und könnte zu einer Parteispaltung führen", warnt Kaiser im Gespräch mit dem KURIER. Der Landeshauptmann schlägt eine pragmatische Lösung vor:
1. Inhalt Die SPÖ solle Kriterien definieren, die alle potenziellen Koalitionspartner erfüllen müssen, nicht nur die FPÖ. Beispiel: Wie ist die Haltung zu Europa? Wie in bestimmten Verfassungsfragen? Kaiser: "Das müssen klare Bedingungen sein."
2. Vorgangsweise Auf der jeweiligen Ebene, auf der eine Koalitionsentscheidung mit der FPÖ ansteht, soll eine breitere Entscheidungsfindung stattfinden als ein üblicher Parteivorstandsbeschluss (etwa Mitgliederbefragung, Parteirat). Diese Vorgangsweise könnte dann für Gemeinden, Länder und sogar den Bund gelten. Insofern ist Kaisers Vorschlag weiter gehend als jener Faymanns, indem unter zu definierenden Bedingungen auch das Tabu auf Bundesebene fallen könnte.
Von einer allgemeinen Mitgliederbefragung, deren Ergebnis dann nur durch eine neue allgemeine Mitgliederbefragung änderbar wäre, hält Kaiser nichts: "Was ist, wenn sich die FPÖ in zwei Jahren ändert? Ein Votum aus dem September 2016 bindet spätere SPÖ-Politiker an Entscheidungen, die in ganz anderen Situationen zustande gekommen sind."
Wiens SPÖ-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler ist ebenfalls der Ansicht, dass das derzeit gültige allgemeine Koalitionstabu mit der FPÖ nicht bestehen bleiben kann, weil es ohnehin nicht eingehalten wird (Rot-Blau im Burgenland). Niedermühlbichler warnt aber davor, dass die SPÖ der FPÖ inhaltlich nachläuft. "Wenn die Linie der SPÖ gegenüber der FPÖ verschwommen ist, wählen die Leute die FPÖ, nicht die SPÖ. Sie gehen zum Schmied, nicht zum Schmiedl."
"Keine Prognose" bei Personaldebatte
Nicht nur in Hinblick auf die FPÖ, sondern auch bei der Personalfrage sind sich die SPÖ-Granden offenkundig weiterhin nicht einig.
Auf die Frage, ob der von Ostermayer genannte Kompromiss ("Faymann bleibt, Parteitag bleibt, Linie gegenüber der FPÖ wird aufgemacht") bereits fix sei, sagt Niedermühlbichler: "Mir ist davon nichts bekannt. Ich kann nicht einschätzen, was am Montag wirklich herauskommen wird."
Peter Kaiser sagt, er schließe nicht aus, dass der von Ostermayer genannte Kompromiss heute das Ergebnis sein wird. Andererseits sei "die Sache schon viel zu weit gediehen, als dass ich eine Prognose abgeben kann, wie das ausgeht".
Wenn sogar führende Funktionäre der SPÖ öffentlich zugeben, sie wüssten nicht, was heute passieren wird, ist Hochspannung garantiert.
Zu Mittag ist High Noon im Kanzleramt. Laut SPÖ-Wien findet dieses Treffen auf Initiative von Bürgermeister Michael Häupl statt. Die Idee soll sein: Die neun Landesvorsitzenden sollen Faymann in die Augen schauen und offen ins Gesicht sagen, welche Stimmung in ihren Parteien und an ihrer Basis herrscht. Wie der KURIER erfuhr, hat sich Burgenlands Hans Niessl entschuldigt, er habe im Land eigene, schon längst einberufene Sitzungen. Niessl will erst um 13 Uhr dazustoßen, wenn die SPÖ-Chefs über den Ballhausplatz zu Bundespräsident Heinz Fischer zum Mittagessen gehen.
Um 16 Uhr beginnt der Bundesparteivorstand. Er muss über den Termin für den nächsten Bundesparteitag befinden. Eine Vorverlegung gilt als gleichbedeutend mit einer Faymann-Ablöse, eine Beibehaltung des November-Termin gilt als Bestätigung Faymanns als Obmann und Kanzler
Dabei geht es vor allem darum, wie es mit der Partei nach der Schlappe bei der Bundespräsidentschaftswahl weitergehen soll und ob Werner Faymann weiterhin Vorsitzender und Bundeskanzler bleibt. Höhepunkt des Sitzungsreigens ist ein Bundesparteivorstand am Nachmittag.
Den Beginn machen am Vormittag die sozialdemokratischen Gewerkschafter der FSG, die in Präsidium und Vorstand beraten.
Um 12 Uhr trifft der in Teilen der Partei umstrittene Obmann und Bundeskanzler Faymann die Landesobleute.
Danach geht es zu einem Mittagessen mit Bundespräsident Heinz Fischer und Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) in die Hofburg.
Für 16 Uhr ist schließlich der Bundesparteivorstand anberaumt, wo bereits über das Schicksal Faymanns entschieden werden könnte.
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