Kickls Geschenk an Van der Bellen: Was hat es mit der Eule auf sich?
Mit einem kleinen blauen Päckchen spazierte Herbert Kickl gestern, Montag, zum Gespräch mit Alexander Van der Bellen in die Hofburg. Der Inhalt: Eine Eule aus Kristall von Swarovski, die er dem Bundespräsidenten als Geschenk überreichte.
Nachdem nicht davon auszugehen ist, dass Kickl dem Bundespräsidenten einen simplen Deko-Artikel für sein Büro schenken wollte, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Symbolkraft dieses Geschenks.
Eulen stehen, so die geläufige Assoziation, für Weisheit.
In der griechischen Mythologie gehörte das Tier - konkret der Steinkauz - zu Athene, der Göttin der Weisheit. Die Pallas Athene steht übrigens auch als Statue mitsamt Brunnen vor dem Parlament auf der Wiener Ringstraße. In der römischen Mythologie war die Eule Begleiterin der Göttin Minerva ("Eule der Minerva").
Es liegt nahe, dass der FPÖ-Chef und Wahlsieger dem Staatsoberhaupt mit der Kristall-Eule sagen wollte, er solle weise entscheiden, wem er den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Kickl ist freilich der Meinung, dass ihm der Auftrag zusteht.
Das ist die wohlwollende Interpretation. Der Symbolgehalt der Eule gibt aber noch viel mehr her.
Die Eule - ein nachtaktives Tier mit starr nach vorne gerichteten Augen und lautlosem Flug - war vor allem den Menschen im Mittelalter suspekt.
Sie galt als Unglücks- und Todesvogel bzw. wurde sie als "Verkünderin des nahenden Todes" gesehen. Das ging so weit, dass Menschen im typischen Ruf der Eule, "kuwitt", die Aufforderung "komm mit" herauszuhören glaubten.
Das Tier wurde häufig mit Hexen und Zauberern in Verbindung gebracht, mit dem Teufel und Dämonen, auch magische Kräfte wurden ihm nachgesagt. In vielen Naturreligionen galt die Eule - positiv gemeint - als Verbinderin zwischen den Welten.
Wie Kickls Lieblingsphilosoph die Eule sah
Diese Interpretationen gehören klar ins Reich des Aberglaubens. Nun ist Kickl ja eher ein rationaler Mensch, ein Denker. Sein Lieblingsphilosoph ist bekanntlich Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Und auch der beschäftigte sich mit Eulen. Aus seinen 1820 erschienenen "Grundlinien der Philosophie des Rechts" wird häufig folgender Satz zitiert:
"Wenn die Philosophie ihr Grau in Grau malt, dann ist eine Gestalt des Lebens alt geworden, und mit Grau in Grau läßt sie sich nicht verjüngen, sondern nur erkennen; die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug.“
Hegel soll damit gemeint haben, dass die Philosophie erst dann Erklärungen liefern kann, wenn das zu erklärende Phänomen schon Geschichte ist. So wie die Eule eben erst am Abend fliegt, wenn der Tag vorüber ist.
Nach dem Motto: "Nachher ist man immer klüger."
Wie Van der Bellen das Geschenk interpretiert hat, ist nicht überliefert.
Fest steht seit Dienstag, 13 Uhr nur: Mit einem Regierungsauftrag hat er es Kickl nicht gedankt.
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